Neville, Katherine - Der magische Zirkel
Katherine Neville
DER MAGISCHE
ZIRKEL
Roman
Aus dem Amerikanischen von
Monika Curths
Scherz
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel «The Magic Circle» bei
Ballantine Publishing Group, New York.
Erste Auflage 1998
Copyright © 1998 by Katherine Neville
Alle deutschsprachigen Rechte beim Scherz Verlag, Bern, München, Wien.
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe,
Tonträger jeder Art und auszugsweisen
Nachdruck, sind vorbehalten.
Jerusalem, im Jahr 32…
Während Jesus auf seine Hinrichtung wartet, ist Kaiser Tiberius in seinem Palast auf Capri damit beschäftigt, ein äonenaltes Rätsel: zu entziffern, wie nach ihm Nero, Caligula, Claudius – und viele andere im Auf und Ab der Jahrhunderte. Denn wer die sagenumwobenen 13 magischen Gegenstände in seinen Besitz bringt, dem wird die Macht zufallen, die Geschicke der Welt nach seinem Willen zu lenken…
Idaho, im Jahre 1989…
Ariel Behn, Expertin für nukleare Abfälle, sieht ihr Leben in den Grundfesten erschüttert, als ihr geliebter Cousin ermordet wird. Sein Tod – oder das, was sie dafür hält – macht sie zur Erbin eines alten Familienlegats: ein Packen dunkler Manuskripte, durch deren Besitz sie über Nacht in das Zentrum einer internationalen Verschwörung katapultiert wird. Von Kontinent zu Kontinent führt sie die Jagd nach den Manuskripten. In Leningrad, Wien und Paris findet sie erste Hinweise, bis sie das Geheimnis entdeckt, das die Jahrhunderte durchzieht.
Tempus redit
M OTTO VON L ORENZO M EDICI
Zeit ist ein Kreis; alles kehrt wieder
F RIEDRICH N IETZSCHE
What goes around comes around
M OTTO DER H ELLS A NGELS
D
Und sie kennen weder das Zukunftsgeheimnis, noch verstehen sie die alten Sagen.
Und sie wissen nicht, was ihnen widerfahren wird; und sie werden ihre Seelen nicht vor dem Zukunftsgeheimnis retten.
P ROPHEZEIUNG DER E SSENER
Die Schriftrollen vom Toten Meer
Schon kam das Ziel der Zeit, von dem die Sibylle einst raunte, wiedergeboren beginnt ein neuer Kreis der Äonen. Schon kehrt die Jungfrau zurück, Saturns Regierung kehrt wieder, schon wird ein neuer Sproß entsandt aus himmlischen Höhen.
V ERGIL , Hirtengedichte
4. Ekloge
CUMAE, ITALIEN
Herbst, A.D. 1870
Es war kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Der Avernus, ein alter Kratersee oberhalb von Cumae, schien hinter einem metallisch schimmernden Dunstschleier zu schweben. Wo sich der Nebel teilte, spiegelten sich in der glatten Wasserfläche opalisierende Wolken und die silberne Sichel des Mondes.
An den Kraterwänden wucherten Krüppeleichen, die sich im schwindenden Licht blutrot bis purpurn färbten; und der schweflige Hauch des Sees mischte sich mit dem Geruch der spätherbstlichen Pflanzenwelt. In dieser unheimlichen, fast beängstigenden Atmosphäre schien es, als würde selbst die Natur an diesem alten, geheiligten Ort auf etwas warten, etwas, das seit Jahrtausenden vorhergesagt war und das heute nacht geschehen würde.
Als es nahezu dunkel war, löste sich aus den Bäumen am Ufer eine Gestalt, der rasch drei weitere folgten. Obwohl alle Lederanzüge und Helme trugen, verrieten Figur und Körperhaltung, daß eine, der Anführer, eine Frau war. Über der Schulter trug sie einen Pickel, eine zusammengerollte Plane, ein Seil und anderes Klettergerät. Schweigend führte sie ihre Gefährten am Ufer entlang zur anderen Seite des Sees, bis sie die Stelle erreicht hatten, die sie anhand einer grob skizzierten Landkarte ausgemacht hatten.
Die Frau wich in den tiefen Schatten zurück, wo dichtes Gehölz einen überhängenden Felsen tarnte. Sie tastete sich an der steilen, von Ranken bewachsenen Felswand entlang, bis sie die verborgene Spalte fand, zog ihre Arbeitshandschuhe an und entfernte das Gestein, das sie zu einem früheren Zeitpunkt sorgfältig an seinen ursprünglichen Platz zurückgelegt hatte. Klopfenden Herzens schob sie sich seitwärts durch die schmale Felsspalte. Ihre drei Gefährten folgten ihr einer nach dem anderen.
Im Inneren des Felsens breitete die Frau rasch die Persenning aus und stopfte sie unter Mithilfe der Männer in den Spalt, damit auch nicht der kleinste Lichtstrahl nach draußen dringen würde. Dann nahm sie ihren Helm ab und zündete die daran befestigte Karbidlampe an. Sie warf das üppige rotblonde Haar in den Nacken und blickte ihre drei kräftigen Weggefährten an, deren Augen im Lampenlicht glitzerten. Dann sah sie sich in der Höhle um.
Die Wände der
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