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301 - Libretto des Todes

301 - Libretto des Todes

Titel: 301 - Libretto des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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umringt.
    Die Blutsauger stanken unerträglich; vor allem der Eisengeruch, der ihnen anhaftete, machte Oliveer zu schaffen. Er musste seinen ganzen Willen aufbieten, um den aufsteigenden Würgereiz zu unterdrücken. Dabei schielte er unablässig auf die Stöcke, die die Typen aufreizend lässig in den Händen hielten. Bis auf die Frau auf der Bühne behielten sie ihre Kapuzen auf.
    Der Direktor versuchte so etwas wie ein Lächeln. Es endete in einer verzerrten Grimasse. »Hallo Roosa. Nett, dich wiederzusehen. Was... was wollt ihr? Wie kommt ihr hier... ich meine, hier herein?«
    Die Frau, die sich vor ihm aufgebaut hatte, grinste höhnisch. Wie ihre Hände wirkte auch ihr Kopf mumienhaft vertrocknet. Sie hielt ihn mit voller Absicht so, dass Oliveer auf ihr fehlendes linkes Ohr schauen musste – beziehungsweise auf das hässliche rote Narbengeflecht, das stattdessen dort prangte.
    »Du fragst tatsächlich, was wir hier wollen?« Die Nosfera mit der angenehm leisen, tiefen Stimme schüttelte ungläubig den Kopf. »Entweder bist du das unverfrorenste Piig, das mir je untergekommen ist, oder du hast bereits die letzte Abfahrt Aalzheem genommen. Letzteres glaube ich aber ganz und gar nicht. Und wie wir hier herein kommen? Nun, wir kommen überall hinein. Das müssen wir auch, wenn wir die Leute bestrafen wollen, die uns über den Tisch ziehen.«
    Der alte Mann schluckte ein paarmal hektisch. »Über den Tisch ziehen? Hört, ich... ich habe euch doch nicht über den Tisch gezogen, das seht ihr völlig falsch...«
    Der Schlag mit dem Stock kam ansatzlos von hinten. Hart traf er Oliveer in die Kniekehle. Der Direktor brüllte auf und ging zu Boden. Wimmernd blieb er liegen. Roosa duldete das einige Sekunden. Dann zogen ihn zwei ihrer Begleiter wieder auf die Beine. Wie ein nasser Sack hing er in ihrem eisernen Griff.
    Roosas Gesicht kam dem Oliveers unerträglich nahe, berührte es fast. Die Nosfera genoss die panische Angst in den Augen ihres Gefangenen und führte ihren Mund ganz nahe an sein Ohr. »Das sehen wir also falsch, ja? Unsere Abmachung lautete doch, dass du ausschließlich ›Die frechen Amouren der Friederike Sophie‹ aufführen wirst. Du hast zugesagt und sogar die Wagner-Taaler genommen, die wir dir dafür angeboten haben. Hast du das?«
    »J-ja. Aber da wusste ich doch noch nicht...«
    »Halt’s Maul. Ich weiß nicht, ob ich mich täusche, denn ich mag keine Operas. Aber das, was du heute Abend hast spielen lassen, hat sich verdächtig nach ›Wahnfrieds Sieg und Siegfrieds Wahn‹ angehört«, flüsterte sie.
    »Bitte. Ihr müsst entschuldigen, ich... äh, habe das doch nicht mit Absicht gemacht. Ich wollte ja die Amouren wie... wie, äh... vereinbart aufführen, aber in letzter Zeit sind kaum noch Besucher gekommen. Ich musste einfach noch ein anderes Stück spielen, das Einnahmen bringt. Denn ich muss ja... von was leben. Die laufenden Kosten für einen Opera-Betrieb sind immens hoch, sie fressen mich auf, wenn ich... keine Einnahmen habe. Versteht ihr das denn nicht?«
    Die Nosfera kicherte. Sie packte Oliveer am Kragen und drehte ihm die Luft ab. »Nein, verstehen wir nicht. Zumal der zweite Teil unserer Abmachung lautete, dass du im letzten Saisondrittel alle von der Agentuur gekauften Operas außer ›Wahnfrieds Sieg‹ aufführen kannst. Du hättest also auch eine andere nehmen können. Aber nein, es musste ja der ›Wahnfried‹ sein.«
    Oliveers Augen waren nun weit aufgerissen. »Ich kann euch die Taaler gerne wieder zurückgeben. Ich wollte sie ja ohnehin nicht. Lasst mich los, dann... hole ich sie euch«, keuchte der Direktor. »Ich verspreche euch auch, dass ich ›Wahnfrieds Sieg‹ wieder absetze. Ich spiele es nicht mehr. Ich... werde nach einer anderen Opera suchen.«
    »Was du nicht sagst. Aber jetzt ist es ohnehin zu spät. Der Stichtag ist vorbei und der Schaden bereits angerichtet. Und das macht mich sehr, sehr böse. Zumal du uns nicht ernst zu nehmen scheinst. Hältst du uns für dumm?«
    »Glaubt mir doch, es war ein Missverständnis, ein dummes Missverständnis!«, quiekte Oliveer nun in den höchsten Tönen.
    Erneut flog ein Grinsen über das Mumiengesicht der Nosfera. Es wirkte wie ein Gruß aus dem Reich Orguudoos, des finsteren Dämons der Tiefe. »Wir werden die Taaler tatsächlich zurücknehmen. Aber nicht nur das. Du wirst uns die gesamten Einnahmen des heutigen Abends überlassen!«
    »Nein!« Oliveer begann sich im Griff der Nosfera zu winden. Ein gemeiner

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