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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hinauf auf das hohe Quarterdeck. Auf den Stufen derselben saß die Wache und – schlief. Sie wurde leicht und in derselben Weise wie die beiden andern bewältigt.
    Dann galt es noch dem Steuermann, welcher jedenfalls wach war. Deshalb konnte man seiner nicht so leicht Herr werden, und doch mußte alles Geräusch vermieden werden, da der Ho-tschang unter ihm schlief.
    „Wie fangen wir es an?“ fragte Turnerstick. „Wenn wir – ah, ich bin ja als Chinese angezogen; er wird mich also für einen der Leute halten. Passen Sie auf! Sobald ich ihn habe, kommen Sie mit den Stricken nach.“
    „Greifen Sie aber ja fest zu, daß er nicht schreien kann!“
    „Keine Sorge! Die Kehle, welche ich in meine Hand bekomme, bringt sicherlich keinen Laut hervor.“
    Während die andern zurückblieben und nur heimlich über die Kante des Quarterdecks lugten, stieg Turnerstick die wenigen Stufen hinan und ging stracks auf den To-kung zu. Dieser fragte ihn in mürrischem Ton, was er wolle. Er hielt ihn wirklich für eine der Wachen.
    „Das kangst du noch frageng?“ antwortete der Kapitän. „Ich will 'mal deinen Hals untersuching, Bursche. Da, warte, du erbärmlicher spitzbübischer Hallunking!“
    Während er diese prachtvolle chinesische Antwort gab, legte er ihm die Seemannshände um den Hals und drückte denselben so fest zusammen, daß der Steuermann lautlos zusammenbrach. Er wurde gefesselt und geknebelt wie die andern.
    „Das geht gut“, meinte Liang-ssi. „So leicht habe ich es mir nicht vorgestellt.“
    „Na, so leicht, wie es den Anschein hat, ist es freilich nicht“, antwortete Gottfried. „Wenn Sie etwa dat Jejenteil behaupten, so versuchen Sie es nur einmal mit dem Ho-tschang, welcher nun wohl an die Reihe kommt. Da können Sie beweisen, daß Sie Mark und Enerjie besitzen.“
    „Ich danke, ich danke! Ich würge keinen ab!“
    „Wir auch nicht. Wir säuseln ihnen nur so ein bisken um die Gurjel, aberst leben lassen tun wir ihnen doch. Ich wenigstens habe keine Lust, mir als Mörder an den Galjen offknobeln zu lassen. So wat ist meine Passion nie nicht jewesen, weshalb ich mir noch jetzt des besten Wohlseins erfreue.“
    Der Methusalem forderte den Chinesen auf, ihm zu zeigen, wo der Ho-tschang mit dem Eigentümer des Schiffes schlafe. Das war unterhalb des Steuers in der Achterkajüte. Auch der Priester befand sich dort.
    Es waren Stellen da, an denen die dünne Wand nicht schloß. Ein Lichtschein drang durch die Fugen. Degenfeld trat hinzu und blickte hinein. Er konnte nicht den ganzen Raum sehen, erkannte aber doch die drei Männer, welche auf dicken Strohdecken schliefen, die auf dem Fußboden lagen. Von der niedrigen Decke hing eine Papierlaterne herab.
    „Die Dummheit und Sorglosigkeit dieser Menschen sind wirklich fast noch größer als ihre Schlechtigkeit“, sagte er. „Sie müssen vollständig überzeugt sein, uns fest im Sack zu haben. Uns so zu behandeln und dennoch wie die Ratzen zu schlafen, das ist stark! Sie verlassen sich allzu sehr darauf, daß sie unsre Tür verrammelt haben. Schläft die Mannschaft unter ihnen?“
    „Nein“, antwortete Liang-ssi. „Die Leute liegen im Mittelraum, also mehr nach vorn.“
    „So können wir immerhin ein wenig Lärm riskieren, welcher sich auch gar nicht vermeiden läßt, da sie sich eingeriegelt haben. Gibt es starke Nägel und einen Hammer?“
    „Ja, da wo die Stricke lagen.“
    „Holen Sie das, während wir hier diesen Herrschaften einen guten Morgen sagen!“
    Der Chinese ging. Degenfeld probierte, an welcher Stelle der Tür sich innen der Riegel befand. Dann stemmte er sich gegen dieselbe und sprengte die Tür auf. Die drei Schläfer erwachten und richteten sich halb auf. Der Blaurote hatte seine beiden Revolver gezogen, Gottfried ebenso, Richard den seinigen auch. Turnerstick folgte diesem Beispiel, und der Dicke, welcher seine beiden Flinten um keinen Preis verlassen hatte, hielt dieselben drohend in beiden Händen.
    „Bleibt sitzen, oder ihr bekommt die Kugeln!“ herrschte der Methusalem die Erschrockenen an, natürlich in ihrer Muttersprache. „Wer einen Laut hören läßt, ohne daß ich es ihm erlaubt habe, der ist verloren!“
    Die Gesichter, welche sie zeigten, hätte kein Maler wiedergeben können. Sie starrten die Eingetretenen so entsetzt an, als ob sie Geister vor sich hätten.
    „Sie – Sie sind es?“ stammelte endlich der Ho-tschang. „Was wollen Sie?“
    „Uns für das Opium bedanken, welches ihr uns beigebracht

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