331 - Verschollen in der Zeit
hätte.
Er ekelte sich vor sich selbst.
***
Nach dem Vorfall bei der Schlucht beordere ich AV-01 zu der Stelle zurück, wo die potenziellen Sklaven zurückgeblieben sind. Doch der Ort ist verlassen. Sie müssen, nachdem das neurokinetische Modul außer Reichweite geriet, aus ihrer geträumten Wirklichkeit erwacht sein und die Flucht angetreten haben.
Eine Weile sucht AV-01 noch die Umgebung ab, will sogar die steile Schluchtwand hinunter steigen, um das Tierimitat mit dem Gehirnmanipulator zu bergen, doch davon halte ich ihn ab.
Zu riskant. Lieber verliere ich das Gerät als meinen bislang besten Roboter.
AV-01 erhält Befehl, die Heimkehr anzutreten. Er antwortet: »AV-01 hört und gehorcht, Großer Herr.«
Ich schließe das Kapitel »Sklaven« gedanklich ab. Es gibt Wichtigeres, dem ich mich jetzt widmen muss.
***
Gegenwart
Bei Campeche
Ich sitze im Cockpit des Fluggeräts, das seine vormaligen Besitzer »Shuttle« nennen. Es ist das ausgereifteste Stück Technik, das ich auf dieser Zeitebene bislang fand.
Es ist nichts gegen einen Großteil der Artefakte aus dem zeitlosen Raum, aber ich habe gelernt, auch weniger als das jeweilige Optimum zu schätzen.
Ich weiß jetzt, dass ich geboren bin, um Macht auszuüben.
Dort, wo ich einst lebte, war mir das nicht bekannt.
Mein Überlebenskampf in dieser fremden Zeit hat Verborgenes in mein Bewusstsein gespült. Er hat mich geprägt und verändert. Mir die Augen geöffnet.
Die Auswertung der Gehirnscans, die mir AV-01 von den Fremden übermittelt hat, förderte Erstaunliches zutage. Darunter eine Information, die mich elektrisierte: Der Mann, der sich Matthew Drax nennt, weiß von einem weiteren Artefakt aus dem zeitlosen Raum – einem Supermagneten, der Superior Magtron genannt wird!
Ich kann es kaum fassen, dass die Vorsehung mir diesen Mann gesandt hat. Mit dem Magtron kann ich die Phalanx um das entartete Tor um eine bedeutende Komponente erweitern. Mit ihm könnte es gelingen, das Magnetfeld so weit zu verzerren, dass das Tarnschild aus Zeit zusammenbricht und den Weg zum Siegel endlich freigibt!
Die Sache hat nur einen Haken: Aus Drax’ Gedankenscan weiß ich, dass er das Superior Magtron einem Freund überlassen hat, einem gewissen Rulfan.
Kein Problem, denn auch der Aufenthaltsort dieses Rulfan – ein Albino, dessen Vater ein Bunkermensch und dessen Mutter eine Barbarin war – liegt klar und deutlich vor mir. Mit dem Shuttle ist es ein Kinderspiel, binnen Tagesfrist dorthin zu gelangen und das Magtron an mich zu bringen. So wie ich mit diesem Gefährt nun endlich unbegrenzt mobil bin. Die ganze Erde steht mir offen!
Ich zögere nicht länger, starte das erbeutete Fahrzeug und lenke es nach Osten, zu einer großen Insel namens Britannien. Bei mir habe ich einige Artefakte, die mir nützlich sein können, sowie einen ausreichenden Vorrat an Schlangengift. Mein Ziel ist der Ort, an dem das Magtron aufbewahrt wird: eine Festung namens Canduly Castle.
Wenn mir erst das Tor zum zeitlosen Raum offensteht, werde ich anfangen zu herrschen. Nicht mehr lange, und ich werde es durchschreiten, alle töten, die sich mir in den Weg stellen, und mir die Artefakte holen, die mich zum mächtigsten Mann des Planeten machen.
Es dauert nur Minuten, bis ich die Stelle überquere, an der AV-01 die Fremden gestellt hat. Sie blicken zu mir herauf, nicht ahnend, wer ihr Shuttle fliegt und wohin er unterwegs ist. Nun, sie werden es erfahren, wenn ich zurück bin. AV-01 wird sie zur Pyramide bringen und sicher wegsperren.
Vielleicht werden sie noch Zeugen meines Triumphs, bevor auch sie sterben...
***
Gegenwart
Canduly Castle, Schottland
Das Grab sah aus wie die Gräber ringsum. Die meisten waren uralt, was schon an den Steinen zu erkennen war, die sie grob behauen zierten. Auch das neue Grab, vor dem Rulfan kniete, hatte einen alten, verwitterten Monolithen als Markierung und Gedenkstein.
Nur die Buchstaben, die darin eingeritzt waren, wirkten neu und hatten noch nicht so viel Moos und Flechten angesetzt.
Rulfans Blick ruhte auf dem für die Gegend ungewöhnlichen Namen des Verblichenen.
Magnus Tron.
» Ruhe in Frieden«, murmelte der Neo-Barbar mit dem schulterlangen weißen Haar. »Möge niemand deine Ruhe stören – es sei denn, es dient einem guten Zweck. Dem Weltfrieden vielleicht.«
Auf dem markanten Gesicht des Albinos erschien ein Lächeln, als er für sich dachte: Ein gutes Versteck. Niemand wird hier nach dem Supermagneten suchen. Und selbst wenn
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