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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einen solchen Hieb gegeben, welcher nicht betäubte und doch der Seele die Macht über den Körper raubte?“
    „Nein.“
    „Es war schrecklich anzusehen! Hätte diese Lähmung dauern können?“
    „Jawohl. Für Wochen, Monate und Jahre.“
    „Dann mag mein weißer Bruder den Hieb ins Genick nie wieder tun, sondern die Feinde lieber gleich erschlagen! Der ‚Starke Büffel‘ wird dich nicht wieder zum Kampf zwingen. Ich errate, was du mit dem ‚Großen Mund‘ gesprochen hast. Er verlangte heute schon die Freiheit?“
    „Ja.“
    „Er hat dir aber nicht gesagt, was du wissen willst?“
    „Nein.“
    „Er wird es auch nicht sagen, sondern dich belügen. Daß er verlangt hat, jetzt schon frei zu sein, ist eine Frechheit, wie kein Aasvogel sie besitzt. Er verdient, dafür am Marterpfahl zu sterben. Welches Schicksal hast du über ihn beschlossen?“
    „Dasjenige, für welches mein Bruder Winnetou sich entschieden hat.“
    „Du weißt dasselbe, denn du kennst meine Gedanken. Old Shatterhand und Winnetou schmachten nicht nach Blut; aber retten können sie den ‚Großen Mund‘ nicht. Wollten wir ihm die Freiheit geben, so würde die Schuld von allen Missetaten, welche er später begeht, auf uns fallen. Er ist der Todfeind der Mimbrenjos. Sie mögen ihn mit sich nehmen, um ihn nach ihren Gesetzen und Gebräuchen zu richten.“
    So hatten wir also wieder dieselbe Meinung gehegt und dies auch beiderseits erraten. Wir waren in Wirklichkeit das, was man mit einem landläufigen Ausdruck ‚ein Herz und eine Seele‘ nennt.
    Der so unerwartet mir aufgezwungene Zweikampf war nicht imstande, mich um meine Ruhe zu bringen; ich schlief darauf so fest, daß ich nicht selbst erwachte, sondern geweckt werden mußte. Zur bereits angegebenen Zeit wurde aufgebrochen. Unser Ritt verlief ohne irgendein erwähnenswertes Ereignis.
    Es war gegen Abend, als wir die enge Schlucht erreichten, welche auf den Lagerplatz der bei den Herden zurückgebliebenen Yumas mündete. Es war doch möglich, daß sie einen Wächter in die Schlucht gestellt hatten; wir mußten also vorsichtig sein und einen Kundschafter vorsenden, welcher aber wegen des weithin hörbaren Hufschlags nicht zu Pferd sein durfte. Der Wichtigkeit dieses Postens wegen und weil ich die Schlucht schon kannte, übernahm ich selbst das Späheramt. Als mein junger Freund, der Yumatöter, dies hörte, kam er zu mir und sagte in ehrfurchtsvollem Ton:
    „Wird Old Shatterhand mir verzeihen, wenn ich es wage, eine Bitte zu haben?“
    „Sprich!“
    „Old Shatterhand will gehen, die Feinde auszukundschaften. Ich habe die Gegend auch kennengelernt. Darf ich mit ihm gehen?“
    „Ich bedarf freilich eines Begleiters, um ihn als Wächter zurückzulassen, aber du hast genug getan und dir einen Namen erworben. Der Weg zu großen Taten steht dir nun frei, da du ein Krieger bist. Du bedarfst dazu meiner nicht mehr, und ich will lieber einem anderen den Weg zur Berühmtheit öffnen. Schick deinen jüngeren Bruder her! Er soll mich begleiten!“
    Der kleine Yumatöter hätte jedenfalls lieber gesehen, daß ich ihm seinen Wunsch erfüllte, daß ich ihm denselben aus Rücksicht für seinen Bruder abschlug, veranlaßte ihn zu der frohen Antwort:
    „Mein berühmter weißer Bruder besitzt ein Herz voller Güte und Gewogenheit. Mein kleinerer Bruder wird sich dieses Vertrauens würdig machen und lieber sterben, als einen Fehler begehen.“
    Der Zug mußte halten bleiben, denn es konnte einer der Yumas, welche wir überrumpeln wollten, nicht nur als Posten in der Schlucht stehen, sondern aus irgendeinem Grund sich in derselben befinden und so weit in dieselbe eingedrungen sein, daß wir, falls wir weiter ritten, auf ihn stoßen würden. Auch war unseren Gefangenen nicht zu trauen. Sie konnten sehr leicht auf den Gedanken kommen, sich den ihrigen, falls wir uns ihnen zu weit näherten, durch lautes Schreien bemerkbar zu machen und sie dadurch zu warnen. Es wurde also haltgemacht und abgestiegen, und ich ging mit dem Indianerknaben zu Fuß weiter.
    Er schritt hinter mir her und sagte kein Wort. Ich sah zuweilen zurück und vergnügte mich an der Miene, welche er zeigte. Er war sich des ihm gewordenen Vorzuges und der Wichtigkeit unserer Aufgabe sehr bewußt; daher der Ausdruck des Glückes und des Selbstgefühles in seinen noch jugendlich weichen Zügen.
    Der Unterschied zwischen mir, dem erwachsenen Krieger, und ihm, dem unbekannten Knaben, ließ ihn gar nicht daran denken, mir zur Seite zu

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