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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dem Weg, an welchem auch alle anderen Tugenden blühen. Pflücke sie beizeiten, denn je länger dieser Weg wird, desto seltener sind sie zu finden und desto mehr sind sie von Dornen umgeben, welche die pflückende Hand verscheuchen!“
    Der kleine Mann holte laut und tief Atem. Meine Worte waren ihm in das Herz gedrungen und dort auf einen fruchtbaren Boden gefallen. Ein solches Atmen, welches ein sicheres Zeichen der Bewegung ist, habe ich immer gern gehört.
    Der Tag neigte sich schnell zur Rüste. In der Schlucht war es schon ziemlich düster geworden. Wir mußten um so schärfer aufpassen. Vorteilhaft war es, daß der Knabe schon gelernt hatte, mit unhörbaren Schritten zu gehen. Indianer werden schon in früher Jugend in dieser Kunst – denn sie ist wirklich eine Kunst – geübt.
    Es stellte sich heraus, daß sich kein feindliches Wesen in der Schlucht befand. Wir erreichten den Ausgang derselben beim letzten Tagesschein, welcher uns erlaubte, uns leidlich zu orientieren.
    Als ich Gefangener der Yumas war, hatten wir nahe der Schlucht gelagert. Unterdessen hatten die vielen geraubten Tiere das Gras abgeweidet, und die Hirten waren dadurch gezwungen gewesen, sich von derselben zu entfernen. Wir sahen sie weit draußen, so weit, daß die Pferde und Kühe die Größe kleiner Hunde hatten. Die Indianer, welche sie beaufsichtigten, schienen dreijährige Kinder zu sein.
    Einer von ihnen nur war bedeutend größer, denn er war uns näher; ja, er kam auf uns, das heißt auf den Ausgang der Schlucht zu. Um den Grad der Intelligenz des Knaben kennenzulernen, fragte ich ihn:
    „Du siehst den Yuma, welcher sich uns nähert. Wird er vollends herkommen oder unterwegs umkehren?“
    „Er wird kommen, um sich hier aufzustellen, und die Krieger zu erwarten, welche dir nachgejagt sind.“
    „Ist das nicht überflüssig?“
    „Nein. Er soll ihnen, falls sie kommen, sagen, wo seine Kameraden sich befinden, da sich dieselben von hier entfernt haben.“
    „Die Leute würden ihre Kameraden doch auch ohne eine solche Anweisung finden, da die letzteren jedenfalls Wachtfeuer brennen werden.“
    „Sie werden so vorsichtig sein, keine zu brennen. Sie wissen nicht, ob es gelungen ist, dich wieder zu ergreifen, und Old Shatterhand ist für seine Feinde ein gefährlicher Krieger.“
    „Hm! Warum kommt dieser Mann erst jetzt? Warum hat man nicht schon am Tag einen Posten hierhergestellt?“
    „Weil diejenigen, die erwartet werden, am Tag die Herden da draußen sehen können und also keines Wegweisers bedürfen.“
    „Das ist sehr richtig. Du hast mir überhaupt gute Antworten gegeben. Aber das Wissen genügt nicht; man muß auch zu handeln verstehen.“
    „Old Shatterhand mag mir sagen, was ich tun soll! Ich werde gehorchen.“
    „Ich möchte den Yuma als Gefangenen haben.“
    Das schon an sich dunkle Gesicht des Knaben wurde infolge des Blutandranges, welchen meine Worte veranlaßten, noch dunkler, doch antwortete er:
    „Wenn Old Shatterhand seine Hand ausstreckt, kann der Yuma ihm nicht entgehen.“
    „Hast du nicht auch eine Hand?“
    Er blickte glänzenden Auges zu mir auf, sagte aber: „Es ist die Hand eines Knaben, welcher in Gegenwart eines großen Kriegers nicht handeln darf.“
    „Der große Krieger erlaubt es dir. Du sollst deinem Vater zeigen, daß du an meiner Seite gewesen bist.“
    „Dann werde ich ihn erschießen!“
    „Nein. Seine Kameraden würden den Schuß hören. Ich sagte dir, daß ich ihn gefangen haben will.“
    „Old Shatterhand mag sagen, was er von mir verlangt; ich werde es tun.“
    „Du sollst selbst wissen, was du zu tun hast. Die Tat wäre nicht ganz die deinige, wenn du meines Rates zu derselben bedürftest. Überlege also schnell, ehe es zu spät ist!“
    Er blickte, um die Entfernung zu messen, hinaus nach der Stelle, wo der Yuma sich jetzt befand, und musterte dann unsere Umgebung. Sein Gesicht hatte dabei einen unternehmenden, ja entschlossenen Ausdruck.
    „Ich weiß, was ich tue“, meinte er dann. „Wir stehen hier am Ausgang der Schlucht, hinter deren Felsecke wir hervorblicken. Der Yuma wird nicht draußen stehenbleiben, sondern in die Schlucht hereinkommen.“
    „Das halte ich auch für sehr wahrscheinlich.“
    „Ich sehe ein Versteck für mich, in welchem ich mich verberge, bis er vorüber ist. Dann schleiche ich mich hinter ihm drein und schlage ihm den Kolben meines Gewehres auf den Kopf, daß er niederstürzt. Mit meinem Lasso werde ich ihn binden.“
    „Wenn das Versteck

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