37 - Satan und Ischariot I
daß er mit den Roten im Bunde steht. Wenn ich mich nicht irre, behaupteten Sie damals sogar, daß er der Anstifter des Überfalles sei.“
„Der Wortlaut dessen, was ich Ihnen sagte, ist mir nicht im Gedächtnis geblieben; aber wenn ich es damals noch nicht mit dieser Bestimmtheit behauptet haben sollte, so behaupte ich es jetzt.“
„Sie irren sich; Sie müssen sich irren! Melton ist mein Freund! Er hat es durch den Kauf bewiesen!“
„Ja, er hat es bewiesen, aber nicht, daß er Ihr Freund, sondern daß er ein Verräter, ein Judas, ein Schurke ist. Welchen Wert besaß Ihre Hazienda vor dem Überfall?“
„Das mag ich gar nicht sagen; ich will nicht von diesem entsetzlichen Verlust sprechen.“
„Hätten Sie die Besitzung überhaupt verkauft?“
„Nein; das wäre mir nicht eingefallen.“
„Nun, so haben Sie alles klar vor Augen liegen. Der Mormone ist beauftragt, sich in dieser Gegend festzusetzen, hier Grund und Boden zu erwerben. Ihre Hazienda paßte ihm; sie war ihm aber zu teuer. Um sie billiger zu machen, ließ er sie verwüsten. Der Vertrag, welchen er mit dem ‚Großen Mund‘ abschloß, lautete: Aller Raub gehört den Indianern; den verwüsteten Grund und Boden kaufe ich für ein Lumpengeld. Der Überfall gelang; die Beute war wertvoll; so mußten und konnten sie ihm sein Geld lassen. Begreifen Sie das nicht?“
„Nein, denn eine solche Schlechtigkeit wäre ungeheuerlich. Und bedenken Sie doch folgendes: Was nützt ihm der Grund und Boden, das Areal, wenn dasselbe verwüstet und dann wertlos ist?“
„Er bebaut es neu!“
„Das kostet ihm weit mehr, als die Hazienda vorher wert war, die Jahre, welche er warten muß, ehe dies Geld Zinsen trägt, gar nicht mitgerechnet.“
„Das sage ich mir natürlich auch; aber es muß hier irgendeinen Punkt geben, den ich noch nicht zu entdecken vermochte, aber ganz gewiß noch entdecken werde. Sie meinen, daß Melton nach der Hazienda zurück ist; dies ist aber nicht der Fall, denn wir kommen von dort her, und er hätte uns begegnen müssen. Er hat aber einen Mann dort zurückgelassen.“
„Sie wollen sagen zwei, nämlich die beiden Señores Weller?“
„Nein. Die sind fort; dafür ist ein anderer da. Haben Sie vielleicht von einem Yankee, einem Mormonen, gehört, den man den Player nennt?“
„Nein.“
„Diesen Mann haben wir dort angetroffen. Er sagte uns, daß Melton mit Ihnen nach Ures sei, um den Kauf gerichtlich abzuschließen. Er wußte das; Melton muß es also gesagt haben; er hat mit ihm gesprochen, und zwar hinter Ihrem Rücken. Sie haben nichts von der Anwesenheit dieses Player wissen sollen.“
„Hm! Das wäre freilich befremdend!“
„Waren, als Sie mit Melton die Hazienda verließen, die beiden Wellers und die Deutschen noch dort?“
„Ja. Er hat die Deutschen natürlich von mir übernommen. Mit ihrer Hilfe will er die Besitzung neu bearbeiten, neue Felder und neue Wiesen und Weiden, einen neuen Wald anlegen. Die Wellers sind dabei als Aufseher engagiert.“
„Aber sie sind nicht mehr dort, sie sind sofort nach Ihrer Abreise hinauf nach der Fuente de la Roca gezogen.“
„Nach der Fuente?“
„Die Wellers mit den Deutschen. Und da oben werden sie von einer Schar von Yumaindianern erwartet!“
„Ist das möglich? Woher wissen Sie das?“ fragte er, aus der Hängematte springend.
„Von dem Player, welcher mich für einen Freund Meltons hielt und es mir darum sagte.“
„Nach der Fuente, nach der Fuente!“ wiederholt er, indem er mit allen Zeichen der Erregung im Zimmer auf und nieder schritt. „Das gibt mir zu denken; das gibt mir wirklich zu denken, wenn es wahr ist, wenn Sie nicht falsch berichten, Señor.“
„Es ist wahr. Der Player hat mir das Geheimnis nur in der Überraschung anvertraut. Später erkannte er Winnetou und entfloh vor ihm. Er hat ein böses Gewissen. Hier ist der Anfang des Fadens, den ich zu verfolgen gedenke. Ihre Hazienda hat auch im verwüsteten Zustand aus irgendeinem Grund großen Wert für Melton. Nach diesem Grund forsche ich, und ich werde ihn sicher finden. Darum bin ich nach Ures gekommen, um Melton und Sie zu suchen. Sie habe ich; er aber ist fort, doch nicht nach der Hazienda, sondern jedenfalls hinauf nach der Fuente de la Roca, um dort die Wellers einzuholen.“
Der Haziendero war während meiner Worte immer noch hin und her gegangen. Jetzt drehte er sich plötzlich auf dem Absatz herum und rief aus, indem er vor mir stehenblieb:
„Señor, ich habe es. Wenn er wirklich
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