37 - Satan und Ischariot I
größte Vorsicht gebeten und mich gewarnt, ja keinen Fehler zu begehen. Es war Ihnen ja darum zu tun, die zweitausend Pesos nicht etwa wieder hergeben zu müssen.“
„Sie behalten das Geld und bekommen doch die Hazienda!“ tröstete ich ihn. „Er wird gezwungen, Ihnen die Besitzung zurückzuerstatten, und Sie behalten die zweitausend Pesos als Ersatz für den Schaden, den Sie durch den Kauf erlitten haben.“
„Wäre das möglich?“
„Es ist noch viel, viel mehr möglich zu machen. Ich behaupte sogar, daß der Kauf rückgängig gemacht werden kann. Nur müssen wir zu beweisen vermögen, daß Melton die Indianer gedungen hat, die Hazienda zu überfallen und zu verwüsten.“
„Werden Sie diesen Beweis erbringen können, Señor?“
„Höchstwahrscheinlich. Wenigstens hoffe ich das.“
„Oh, hätte ich Ihnen doch erst mein Vertrauen geschenkt! Sie sprechen so bestimmt, so sicher. Ihnen scheint alles möglich, was ich für unmöglich halte!“
Da fiel der Apache, welcher bisher geschwiegen hatte, ein:
„Für meinen weißen Bruder Old Shatterhand ist nichts unmöglich, was er tun will. Er war gefangen und für den Marterpfahl bestimmt; nun ist er frei und hat seine Peiniger gefangengenommen.“
„Nicht ich, sondern Winnetou hat sie gefangengenommen“, wehrte ich ab.
„Nein, er ist's gewesen!“ behauptete er.
„Du hast mir die Mimbrenjos gebracht, ohne welche es nicht hätte geschehen können!“
„Und die Mimbrenjos wären nicht gekommen, wenn Old Shatterhand ihnen nicht einen Boten gesandt hätte!“
„Winnetou, Winnetou wird es gewesen sein, muß es gewesen sein, dem diese Tat zuzuschreiben ist!“ rief die Dame aus, welche für ihn begeistert war. Seine schönen, ernsten Züge, seine stolze, eherne Gestalt und Haltung hatten den größten Eindruck auf sie hervorgebracht.
„Mag es geschehen sein, wie es will; ich habe mein Eigentum wieder!“ meinte der Haziendero, welcher mehr ans Haben als ans Danken dachte.
„Nein, gerade wie es geschehen ist, daß die Yumas gefangengenommen wurden, das will ich hören!“ sagte die Señora. „Winnetou wird die Güte haben, es zu erzählen. Ich lade ihn ein, sich neben mir in diese Matte zu setzen.“
Sie deutete auf die neben ihr schwebende Hängematte, in welcher der Haziendero gelegen hatte; sie war frei geworden, weil der letztere jetzt im Zimmer stand.
„Winnetou ist kein Weib“, antwortete der Häuptling. „Er legt sich nicht in die Fäden und redet nicht von seinen Taten.“
Sie forderte also mich auf, zu erzählen, und ich tat ihr den Willen, indem ich in kurzer Weise das Geschehene berichtete und dabei die Mitwirkung des Apachen besonders hervorhob. Als ich fertig war, rief sie ganz begeistert aus:
„Das ist ja ganz so, als ob ich es in einem Roman gelesen hätte! Ja, wo Winnetou, der Häuptling der Apachen auftritt, da sind solche Abenteuer und Taten ganz unausbleiblich. Wäre ich ein Mann, ich würde stets mit ihm reiten.“
„Und Winnetou wäre ein Weib, wenn er sich das gefallen ließe!“ antwortete der Apache, indem er sich umdrehte und das Zimmer verließ. Ein solches Lob aus solchem Munde war ihm widerwärtig.
„Was hat er nur?“ fragte die Señora. „Befindet er sich stets in so bissiger Laune?“
„Nein; aber wenn man ihn anbeißen will, so beißt er wieder“, erklärte ich lachend. „Eine Liebenswürdigkeit wie die Ihrige kann ihn über alle Berge treiben. Wenn man ihn halten will, muß man schweigen und ihn nicht ansehen.“
„Ich werde mir Mühe geben, dies fertigzubringen, wenn Sie sich bereit erklären, mir einen Dienst zu erweisen. Wann reisen Sie wieder ab?“
„Morgen.“
„In welchem Haus werden Sie wohnen?“
„Das ist noch unbestimmt.“
„Sie werden leicht ein für Sie passendes finden; aber Winnetou lade ich ein, unser Gast zu sein, und stelle ihm unsere zwei besten Zimmer zur Verfügung. Was meinen Sie dazu?“
Den Apachen wollte sie bei sich haben; ich aber konnte wohnen und bleiben, wo es mir beliebt. Das machte mir Spaß, und darum antwortete ich frohgelaunt:
„Ich halte Ihren Gedanken für originell, Señora.“
„Nicht wahr? Der arme Wilde muß sich stets im Wald und im Freien herumtreiben; ich will ihm einmal ein feines Quartier bieten, hoffe aber, daß er dafür bereit ist, den Abend in meinem Salon zuzubringen.“
„Versuchen Sie es, indem Sie ihn fragen.“
„Wollen Sie das nicht für mich tun?“
„Wenn es ginge, gern, Señora; aber es geht nicht. Sie sehen doch ein,
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