Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
nicht entdeckt werden, so galt es, nicht zu säumen. Ich bohrte mich schleunigst unter den auf mir liegenden Segelfalten heraus und schnellte mich fort nach der Luke hin. Sobald ich mich tief genug in derselben befand, sah ich, daß die beiden auch herausgekrochen kamen, ohne bemerkt zu haben, daß der Einbruch ihres Gebäudes noch einen dritten betroffen hatte. Von Lauschen war jetzt natürlich keine Rede mehr; ich suchte meine Koje auf. Der Herkules schlief wie ein Bär, und da ich mir Mühe gab, leise zu sein, erwachte er nicht, sondern schlief fort, ohne mich zu hören.
    Das war mir lieb, denn ich wußte in diesem Augenblick nicht, was ich ihm auf seine Fragen hätte antworten sollen. Soviel aber stand fest, daß ich ihm die Wahrheit noch verschweigen mußte, da ich sonst zu erwarten hatte, daß er mir üblen Schaden anrichten werde. Ich legte mich also nieder, nicht um zu schlafen, sondern um über das Gehörte nachzudenken. Das Morgenlicht blickte bereits durch das kleine Lukenfenster, als ich die Augen schloß.
    Also auf mein Leben war es abgesehen! Das klang gefährlich, machte mir aber keine Sorgen. Ich wußte ja nun, woran ich war, und konnte mich auf alle Fälle hüten. Anders stand es mit der Gefahr, in welcher sich die Auswanderer befanden, denn daß es für sie eine Gefahr gab, davon war ich jetzt vollständig überzeugt. Und diese Gefahr war um so größer, je weniger ich eigentlich wußte, welcher Art sie sei und wo und wann sie eintreten werde.
    Unterwegs, also bis zur Hazienda, sollte nichts geschehen; das wußte ich. Der Mormone hatte gesagt, daß bis dahin nichts gegen mich unternommen werden dürfe, weil sonst das Mißtrauen der anderen erregt werde; also konnte ihnen auch nichts drohen. Aber dann auf der Hazienda! Was aber und wie? Man hatte von den Yuma-Indianern gesprochen, welche das Rachewerk an mir ausführen sollten. Jedenfalls waren es auch sie, von denen den Auswanderern die Gefahr drohte. Ein Indianerüberfall? Das schien mir nicht allzu gefährlich. Doch warum sollten die polnischen Arbeiter überfallen werden? Sie waren so arm, daß, den Juden abgerechnet, bei ihnen nichts geholt werden konnte. Es mußte doch noch eine andere Bewandtnis damit haben, eine Bewandtnis, welche zu durchschauen ich jetzt noch nicht genug Beobachtungen gemacht hatte. Ich hoffte aber, unterwegs genug zu sehen und zu hören, um auf die richtige Spur zu kommen.
    Unterwegs? Mußte ich denn mit? War ich verpflichtet dazu? Eigentlich wohl nicht. Ich konnte in Lobos aussteigen und mich aus dem Staub machen. In diesem Fall aber waren die Auswanderer ihrem bösen Schicksal verfallen, und wenn dasselbe über sie hereinbrach, so fiel die ganze Last desselben auf mein Gewissen. Das letztere befahl mir also, mitzugehen, und außerdem war es der mich nie verlassende Tatendrank, welcher es mir gerade als eine Lust erscheinen ließ, die Anschläge des Mormonen kennenzulernen und zunichte zu machen. Er hatte gesagt: „Er will mich überlisten, folglich muß er selbst überlistet werden. Nun gut, List gegen List und Aberlist gegen Aberlist!“
    Als ich erwachte, war der Athlet schon munter und fragte mich:
    „Ich schlief fest und hörte Sie nicht zurückkommen. Sind Sie vielleicht ertappt worden?“
    „Nein.“
    „Aber haben Sie etwas erfahren?“
    „Besonders Wichtiges nicht“, antwortete ich gleichgültig.
    „Dachte es“, lachte er. „Habe es Ihnen übrigens vorhergesagt. Man sollte Sie tüchtig auslachen.“
    „Tun Sie das; aber haben Sie die Güte zu schweigen, damit ich nicht auch von anderen ausgelacht werde.“
    „Halten Sie mich für eine Plaudertasche?“ fragte er in seiner grilligen Weise. „Ich bin niemals ein Plappermaul gewesen, und es fällt mir auch gar nicht ein, Ihretwegen eins zu werden. Ich werde Sie also nicht verraten, am allerwenigsten gegen die beiden Schufte, die ich nicht leiden kann. Ich habe nun einmal das Gefühl, wenigstens mit dem Mormonen einmal tüchtig zusammenzugeraten.“

ZWEITES KAPITEL
    Ein Teufelsstreich
    Lobos lag längst hinter uns; wir hatten bereits San Miquel de Horcasitas passiert und ritten und fuhren nun Ures, der Hauptstadt des gleichgenannten Distriktes, entgegen. Ritten und fuhren? Jawohl. Es war dafür gesorgt, daß keiner der Auswanderer zu gehen brauchte. Señor Timoteo Pruchillo, unser Haziendero, hatte uns Indianer mit Wagen nebst Zug- und Reitpferden zugeschickt, welche wir in Lobos auf uns wartend fanden. Das ganze Geschäft war mit allem, was damit in

Weitere Kostenlose Bücher