43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
her.“
Der Oberförster trat zur Seite und ließ den Zutritt frei. Die Leute gingen in den Schuppen, und sofort erscholl ein vielstimmiger Ruf der höchsten Verwunderung.
„Gottstrampach, es ist wahr dahier!“ rief Ludewig.
„Weiß Gott, der Wolf!“ rief ein zweiter.
„Und der Luchs!“ fügte ein dritter hinzu.
„Ja, sie sind es“, sagte der Oberförster triumphierend. „Jungens, ihr sollt heute einen Grog kriegen, der sich gewaschen hat, da mir die Ehre zuteil wird, daß dieses Zeug in meinem Revier erlegt wurde.“
„Hallo, hurra, der Herr Hauptmann!“ riefen alle.
„Aber“, fragte dieser den Steuermann, „wo ist denn der Wendelin oder der alte Stengler, he?“
Er meinte seine beiden Unterbeamten.
„Habe sie nicht gesehen, Herr Hauptmann“, antwortete der Gefragte.
„Sie waren also heute nicht zu Hause?“
„Ich bin heute nicht vom Hof fortgekommen.“
„So müssen Sie doch die Förster gesehen haben oder einen von ihnen.“
„Nein.“
„Na, wer soll denn sonst das Viehzeug gebracht haben?“
„Der alte Klaus.“
„Der alte Klaus?“ fragte der Hauptmann erstaunt. „Wer hat ihn denn geschickt? Doch nur der Stengler oder der Wendelin. Ein anderer hat die Tiere nicht erlegt.“
„Herr Hauptmann, fragen Sie den da.“
Helmers zeigte auf seinen Sohn.
„Den da, Dummheit! Was hat er damit zu tun?“
„Er ging mit seinem Hinterlader in den Wald und –“
„In den Wald? Wann denn?“
„Gleich als er von Ihnen kam.“
Das Gesicht des Alten verfinsterte sich.
„Ich habe es ihm ja verboten. Der Sackermenter, er soll seine Strafe erhalten. Wollte der dumme Junge mit auf die Wolfshatz gehen! Aber weiter, Steuermann.“
„Also“, sagte dieser, „er ging mit seinem Hinterlader in den Wald und kam erst nach ungefähr anderthalb Stunden wieder –“
„Der Bengel!“ rief der Oberförster zornig. „Anderthalb Stunden! Der Wolf konnte ihn packen oder gar der Luchs ihn zerreißen! Weiter!“
„Er brachte den alten Klaus mit –“
„Ah, jetzt kommt's!“
„Sie hatten auf einem Schlitten eine Last, die mit Reisig zugedeckt war. Ich sollte nicht wissen, was es war, und da versteckten sie es hier im Holzstall. Jetzt nun ist's der Luchs und der Wolf.“
„Und wo ist der Klaus?“
„Gleich wieder fort.“
„Er hat aber doch gesagt, welcher Förster das Zeug schickt?“
„Nein, kein Wort.“
„Dummheit von dem alten Kerl. So etwas vergißt man doch ganz und gar nicht.“
Nun wandte er sich an Kurt und sagte:
„Hat er es dir gesagt, Junge?“
„Nein.“
„Hast auch nicht gefragt?“
„Nein.“
„Donnerwetter, nach so etwas fragt man doch! Warum hast du den Mund nicht aufgetan?“
Der Knabe tat sich eine innerliche Güte, alle diese Leute so auf die Folter zu spannen.
„Weil ich es eher wußte als der Klaus, wer es gewesen ist“, lachte er.
„Du weißt es? Nun, heraus damit!“
Sie alle lauschten in gespannter Erwartung auf den Namen.
„Ich selber!“ sagte er triumphierend.
„Du sei – Junge, mache keine Faxen, sonst fuchtle ich dich!“ schrie der Hauptmann.
„Es ist wahr!“
„Kurt!“ warnte sein Vater.
„Es ist aber doch wahr!“ behauptete er.
Sie standen alle sprachlos um ihn her. Der Hauptmann war ganz außer Fassung.
„Junge, entweder bist du ein verdammter Lügner, oder du hast den Teufel!“ rief er. „Sag, wie ist es!“
„Ich habe sie geschossen, Herr Hauptmann!“
„Alle beide?“
„Alle beide!“
Da machte Ludewig drei Kreuze und meinte:
„Er hat Gottstrampach den Teufel! Sonst ist's nicht die Möglichkeit dahier!“
„Kerl“, sagte der Oberförster, der das unmöglich begreifen konnte, „wenn du uns jetzt belügst, so ist es aus, du mußt mir von Haus und Hof!“
Da endlich ging dem Jungen die Geduld aus. Er machte ein finsteres Gesicht, stampfte mit dem Fuß – und erwiderte:
„Sie brauchen mich gar nicht fortzujagen, ich gehe schon von selbst!“
„Ah!“
„Ja, ich gehe jetzt gleich. Wer da denkt, daß ich wegen eines lumpigen Wolfes und wegen einer alten Katze ein Lügner werde, der hat's bei mir weg. Da muß ja auch einmal ein Kreuzhimmeldonnerwetter dreinschlagen. Verstanden?“
Kurt drehte sich um und ging in das Haus. Die anderen standen da, ganz perplex vor Erstaunen. So etwas ging ihnen doch über alle Begriffe, sogar dem Hauptmann selbst. Der Steuermann zitterte fast in Erwartung dessen, was nun kommen werde. Er wußte, daß sein Sohn kein Lügner sei, aber er konnte auch nicht
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