49 - Der Zorn von Antares
roten Häuserdächer, was auf adäquaten Regenfall hinwies, die Kleidung der Kinder – denn einige waren bekleidet –, ihr Erschrecken vor den Schwertern und vor allem die vielen Blumen.
Ich befand mich in Vaiwadrin, dem Blumenland.
Diese geheimnisumwitterte Land lag genau zwischen Winlan, Enderli und Caneldrin. Die drei Nationen respektierten die Grenzen Vaiwadrins schon seit unvorstellbaren Zeiten; jede Invasion wäre von den anderen beiden Nachbarn verhindert worden. Im Blumenland war alles hell und wunderschön. Doch es gab eine dunkle Seite, die dann zum Vorschein kam, wenn ein Bürger strauchelte und diszipliniert werden mußte. Die Außenwelt wußte nur wenig Genaues, den Gerüchten zufolge war die Bestrafung niemals körperlicher Art, in ihrer seelischen Härte aber dann wesentlich folgenschwerer.
Doch die Sonnen strahlten, Blumenduft erfüllte die Luft, ich fühlte mich großartig – warum also über finstere Dinge nachdenken?
Außerdem brauchte ich etwas zu trinken und zu essen, und zwar in genau dieser Reihenfolge.
»Llahal!« rief ich in der sanftesten Stimme, die ich zustande bringen vermochte und die den Kindern zweifellos wie das Knurren einer wilden Bestie vorkam. »Llahal, Doms!« O ja, es ist immer klug, Kinder mit dem nötigen Respekt und nicht von oben herab zu behandeln – zumindest wenn sie einen hören können. »Ich bin gerade angekommen.« Nun, bei Zair, das war die Wahrheit! »Ich bin ein armer Reisender, der eure Hilfe braucht.«
Dieser erste Versuch diplomatischer Beziehungen löste eine aufgeregte Unterhaltung aus. Eine erstaunliche Anzahl von Armen fuchtelte in der Luft herum. Ein junges Mädchen, das offensichtlich mutiger war als der Rest, trat einen Schritt auf mich zu und blieb dann stehen, wobei es sich mit dem einen Fuß die Wade des anderen Beins rieb. Die Kleine mußte etwa zwölf oder dreizehn Jahre alt sein, verglichen mit einem irdischen Mädchen. Sie trug einen Lap-lap und eine hübsche Perlenkette. Als sie sprach, bebte ihre Stimme, aber die Art, wie sie sich nicht einschüchtern ließ, erregte meine Bewunderung noch mehr als ihre Worte – die nun wirklich sehr mutig waren, bei Krun!
»Du bist kein armer Reisender. Wir wissen, wer du bist. Wir mögen dich nicht. Du bist ein häßlicher, böser Aragorn. Bitte geh und komm nie zurück!«
Als sie fertig war, fuhr sie herum und sprang förmlich kopfüber wieder in die Gruppe ihrer Kameraden. Das zustimmende Gemurmel der Kinder schwoll schnell zu einem wahren Chor an. Sie verabscheuten die Aragorn, soviel stand fest! Aber wer außer anderen Banditen mochte sie schon leiden?
Ich befürchtete nicht, daß die Kinder mit Steinen nach mir werfen würden, denn die Bewohner des Blumenlandes kennen keine Gewalt. Aber ihr Geschrei, das von Mur zu Mur lauter wurde, machte mich ganz schön nervös.
Die Rettung kam in Gestalt einer Gruppe von Erwachsenen, die alle in luftige bunte Kleidung gekleidet waren. Einige von ihnen trugen auch Shamlaks mit breiten Öffnungen. Der Anführer trug einen Hirtenstab, der hier auf einer Blumenfarm wohl sein Amt symbolisierte.
Nun war die Zeit gekommen, auf das berühmte Yrium zurückzugreifen, das ich besaß, dieses Charisma, dem niemand widerstehen kann und das überhaupt erst der Grund dafür war, daß die Herren der Sterne mich für ihren närrischen Plan mit dem Herrscher der Herrscher ausgesucht hatten.
Ich bediente mich dieser Macht, und kurze Zeit später plauderten wir miteinander wie alte Freunde.
Das hier war in der Tat das berühmte Blumenland von Balintol. Wie man mir erzählte, war alles frei und ungezwungen gewesen, bis die Aragorn kamen und in der Nähe eine Festung bauten. Dann schwärmten sie über das Land aus und erhoben ihre Zölle.
Sobald eine Gegend ausgeblutet war, reisten sie zur nächsten weiter. Da die Bewohner Vaiwadrins der Gewalt entsagt hatten, würde niemand den Betreibern der umliegenden Bauernhöfe helfen. Sogar die Kaufleute der Nachbarländer wurden gezwungen, mit den Aragorn zu verhandeln. Da die meisten Kreger gern Blumen um sich haben, gibt es einen regen Handel mit Blüten. Hier wurden auch Flick-Flick-Pflanzen in Töpfen gezüchtet und in alle Länder verkauft. Kreger halten ihre Wohnungen auch gern von Fliegen frei, und die Flick-Flick-Pflanzen ernähren sich von Fliegen.
Hieron, der Anführer, erzählte mir, daß bald die Zeit für die Samenernte gekommen war. Diese Pflanzensamen wurden nach ganz Balintol und darüber hinaus exportiert. Hieron
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