5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)
doch als sie die Schublade schloss und die Kette darin einsperrte, fühlte Corrie sich plötzlich leichter. Mit einem letzten Stirnrunzeln gab sie den Kampf gegen ihre Müdigkeit auf und legte sich schlafen.
***
»Wieso dauert das so lange?« Hades schlug mit der Faust gegen die Felswand, was den Traumdämon erneut zusammenzucken ließ.
»Es ist nicht seine Schuld, Hades. Keiner von uns kann etwas anderes tun, als darauf warten, dass Persephones Geist stark genug ist, noch einmal gegen die Titanenmagie anzukämpfen und uns bei der Suche nach ihr zu helfen.«
Hades wandte sich mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck an Hypnos, der scheinbar gelangweilt an einer Wand lehnte.
»Du sprachst von Hilfe, doch bisher sehe ich davon nichts. Wie genau hattest du dir noch gleich diese Hilfe …? «
»Da! Sie träumt.« Akakios hatte leise gesprochen, doch Hades fuhr bei seinen Worten sofort herum und starrte auf das Traumbild, das sich vor seinen Augen an der Felswand bildete.
Persephone schloss die Augen, während sie ihr Gesicht an seiner Brust verbarg. Sie wollte ihn nicht loslassen. Jetzt nicht, und auch sonst nie wieder. Nicht selten schlich sich der egoistische Gedanke in ihr Unterbewusstsein, dass sie einfach bleiben könnte. Sollte Demeter doch toben und rasen und die Welt verdorren lassen.
Doch diese Gedanken hielten nie lange an. Sosehr Persephone sich auch wünschte, egoistisch sein zu können, sie wusste, dass sie die Menschheit nicht für ihr eigenes Glück leiden lassen würde. Noch einmal drückte sie sich fest an Hades, bis ihre Arme schmerzten.
»Ich will nicht gehen«, flüsterte sie und wusste, dass er lächelte, auch wenn sie es nicht sehen konnte.
»Dann bleib«, erwiderte Hades ebenso leise. Wie gerne hätte sie genau dies getan, wäre bei ihm in der Unterwelt geblieben, mit ihm in ihren Palast zurückgekehrt und hätte die Welt dort oben ignoriert.
»Nur sechs Monde«, versuchte sie, ihn und sich zu trösten, und löste sich langsam und widerwillig von ihrem Ehemann. Ihre rechte Hand fuhr durch sein dunkles Haar und hielt an seiner Wange inne.
»Ich vermisse dich jetzt schon. Ich werde an dich denken. Jede Sekunde an jedem Tag und in jeder Nacht, bis wir uns wiedersehen.«
Hades hielt ihre Hand an seiner Wange fest und neigte seinen Kopf zur Seite, bis er ihr Handgelenk mit seinen Lippen streifen konnte. Seine Augen waren geschlossen, als er den letzten gemeinsamen Augenblick, an den er sich in den kommenden Monden klammern würde, in vollen Zügen genoss.
Als Persephone ihm ihre Hand entziehen wollte, zog Hades diese zurück an seine Lippen und küsste ihre Handfläche, ehe er sie zu seiner Brust führte.
»Sobald du gehst, nimmst du mein Herz mit dir.«
Persephone stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Hades ein letztes Mal, ehe sie sich umdrehte und den Weg zur Oberwelt einschlug. Sie drehte sich nicht um, wagte nicht, auch nur ein einzige s Mal über ihre Schulter zu sehen, ehe sie die Unter welt weit hinter sich gelassen hatte. Nicht etwa weil sie fürchtete, dort gefangen zu bleiben, wie es die wenigen Menschen taten, denen es erlaubt war, die Unterwelt zu verlassen. Nein, sie fürchtete, dass ihr eigenes Herz brechen würde, wenn sie sich noch einmal zu i hrem Zuhause und ihrem Mann umdrehen würde.
Hades spürte, wie ihm das Herz schwer wurde, als er Persephone erneut von ihm Abschied nehmen sah. Es schmerzte ihn umso mehr, als ihm bei ihrem Anblick dieses Mal selbst das Wissen um ihre baldige Rückkehr fehlte. Bevor er merkte, was er tat, streckte er seine Hand aus und fuhr über die raue Felswand in einem Versuch, sie zu berühren.
Als sich ihr Traum in Nebel auflöste, wandte Hades sich schließlich von ihrem Bild ab. Er runzelte die Stirn, während er sich zu Hypnos und Akakios umdrehte, doch keiner von beiden blickte ihn an. Nach einem letzten Blick auf die nun wieder leere Felswand schritt Hades an Hypnos und dessen Sohn vorbei.
»Ich will sofort informiert werden, wenn sie wieder träumt!«, rief er noch über seine Schulter, während er, ohne eine Antwort abzuwarten, schnellen Schrittes den Gang und das Land der Träume hinter sich ließ.
Seine Gefühle spielten verrückt, und das war kein Zustand, der dem Gott der Unterwelt behagte. Wütend auf sich selbst, auf Demeter und auf Zeus machte er sich auf den Weg zu seinem Palast. Zu allem Überfluss schwirrte auch noch ein kleines Insekt um seinen Kopf und verblieb hartnäckig in seiner Nähe. Selbst in den Palast
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