5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)
glaube, er wird dir gefallen.«
Corrie unterdrückte ein Kopfschütteln, als sie Enid ansah, die von einem Bein aufs andere hüpfte, während sie auf Corries Antwort wartete.
Es wäre die erste Party, auf die sie seit ihrem Unfall gehen würde. Die erste Party, an die sie sich danach erinnern könnte. Wieso eigentlich nicht? Schaden konnte es nicht, und vielleicht war der Kerl, den Enid ihr vorstellen wollte, ja sogar ganz nett.
»Okay, okay, ich komme.« Corrie lachte, als Enid jubelnd in die Luft sprang und klatschte.
»Prima. Das hab ich gehofft. Aber lass die Kette aus. Ich will nicht, dass du wegen Kopfschmerzen zu früh nach Hause gehst, okay?«
***
Eine Stunde nachdem Enid gegangen war, hörte Corrie, wie die Haustür geöffnet wurde.
»Corrie, ich bin wieder da«, hallte die Stimme ihrer Mutter durch das Haus, und Corrie kam aus der Küche in den Flur, um sie zu begrüßen. Demi strich ihr wie einem kleinen Kind über den Kopf und lächelte sie an.
»Wie war dein Morgen?«
»Gut. Enid war kurz hier.« Corrie musste gar nicht lange warten, bis ihre Mutter wie erwartet das Gesicht verzog.
»Mir wäre es wirklich lieber, du würdest nicht so viel Zeit mit ihr verbringen.«
Den Satz hörte Corrie jedes Mal, wenn sie Enids Namen erwähnte. Und jedes Mal rollte sie als Reaktion mit den Augen.
»Ich gehe am Samstagabend zu ihr rüber«, erklärte sie und schlenderte in Richtung Wohnzimmer. Das Seufzen ihrer Mutter, als diese ihre Schuhe auszog und Corrie folgte, konnte sie trotzdem noch hören.
»Bist du müde?«, fragte Demi besorgt, als Corrie sich auf den Sessel setzte und den Fernseher anschaltete.
»Nein, mir geht es gut.« Sie spürte den Blick ihrer Mutter auf ihrem Hinterkopf. Doch sie hatte gelernt, dass eine Bestärkung ihrer Aussage Demi nur zu der Überzeugung gelangen ließ, dass es ihr eben nicht gut ging. Also blieb sie ruhig und wartete darauf, dass Demi sich mit ihrer Antwort zufriedengab.
»Nun gut. Ich wollte vor dem Mittagessen noch ein wenig in den Garten. Kommst du mit?«
Corrie hätte liebend gern verneint, doch es war keine wirkliche Frage gewesen. Demi liebte den Garten und die Arbeit darin, und sie erwartete von Corrie die gleiche Hingabe. Ein »keine Lust« hätte sie nie akzeptiert. Also fügte Corrie sich in ihr Schicksal, schaltete den Fernseher aus und folgte ihrer Mutter aus dem Haus.
***
»Riechst du das? Diesen Duft von blühenden Blumen und Bäumen? Herrlich. Gib mir doch bitte den Fliederstrauch.«
Corrie konnte sich nicht daran erinnern, wie oft sie den Garten in den vergangenen Monaten neu gestaltet hatten. Kaum blühte eine Blume ein paar Tage in voller Pracht, schien sie für ihre Mutter langweilig zu werden, und etwas Neues musste her. Corrie konnte nur hoffen, dass die Apfel- und Kirschbäume, die sie gepflanzt hatten, nicht so schnell wachsen würden. Doch es schien, als würde sich ihr Wunsch nicht erfüllen. Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie glauben, ihre Mutter hüte ein bislang unbekanntes Geheimmittel, das die Pflanzen in ihrem Garten schneller wachsen und gedeihen ließ, als es andere Blumen taten.
Missmutig blickte sie auf die Veilchen herab, die sie gerade eingepflanzt hatte. Die kleinen Knospen sahen ihr hoffnungsvoll entgegen, doch Corrie wusste aus Erfahrung, dass sie nicht viel mehr von ihnen zu erwarten hatte. Sie hatte zwar keinen braunen Daumen, aber so richtig wachsen wollten die Pflanzen unter ihrer eigenen Fürsorge leider auch nicht.
»Corrie? Der Fliederstrauch?« Demis Stimme riss sie aus ihren trüben Gedanken, und Corrie griff zur Seite, um den Fliederstrauch an ihre Mutter weiterzureichen. Schweigend sah sie ihr zu, wie sie ihn einpflanzte. Ich geb dir zwei Wochen, ehe sie das Interesse verliert , dachte Corrie, als sie die lila Blüten betrachtete.
***
Der entgangene Schlaf der letzten Nacht und die Gartenarbeit sorgten dafür, dass Corrie sich an diesem Abend bereits vor zehn Uhr in ihr Zimmer zurückzog. Der Versuch, noch etwas zu lesen, scheiterte an ihren Nackenschmerzen. Sie erinnerte sich an das Versprechen, das sie Enid gegeben hatte, und nahm den Anhänger ihrer Kette in die Hand.
»Bereitest du mir wirklich die ganzen Scherereien?«, flüsterte sie, ehe sie die Kette kurz entschlossen abnahm und in die Schublade ihres Nachttisches legte. Sie wollte keinen Streit mit ihrer Mutter riskieren, falls diese den Anhänger auf dem Nachttisch liegen sah.
Sie war sich nicht sicher, ob es nur an Enids Worten lag,
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