52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
»großartig! Solange es nicht zu aufwändig sein muss, immer.«
»Nein, nicht aufwändig. Nur interessant. Einfach gewünscht.«
»Und das bedeutet ja nicht, dass wir nicht zu anderen Zeiten auch miteinander schlafen können.«
»Lass es lieber nicht darauf ankommen.«
So begann das mit den Verführungen.
Am nächsten Morgen wache ich auf und denke: O Gott, ich habe das wirklich laut ausgesprochen. Es war eine hübsche Idee, die in meinem Kopf herumschwirrte, und jetzt habe ich sie ruiniert, indem ich einen bizarren Sexpakt daraus gemacht habe. Jetzt muss ich mir im Laufe des nächsten Jahres 26 Verführungen ausdenken und zu ihnen stehen und außerdem den 26 Verführungen, mit denen Herbert mich konfrontieren wird, aufgeschlossen begegnen. Innerlich winde ich mich bereits vor Peinlichkeit.
Schon gut, denke ich. Ich rechne nicht damit, dass Herbert es überhaupt ansprechen wird, wenn wir die Idee einfach fallen lassen. Wäre ja schließlich nicht das erste Mal. Doch Herbert macht sich in der Küche zu schaffen und pfeift dabei auch noch.
»Nachdem es ja deine Idee war, fände ich es nur fair, wenn du die erste Verführung übernimmst«, sagt er.
»Äh, ja, stimmt. Wahrscheinlich.« Gegen seine Logik kann
ich nicht wirklich argumentieren, und ich vermute mal, er reißt sich auch nicht gerade darum, den ersten Vorschlag zu machen.
»Also dann am Freitag?«
»Am Freitag.«
Innerhalb der Grenzen meiner eigenen Fantasie war mir eine Verführung als ungemein unterhaltsame, aufregende Sache erschienen. Offen ausgesprochen hatte sie mit einem Mal etwas von einer Drohung. Verführung ist Ausdruck der eigenen sexuellen Vorlieben, eine Einladung zum gemeinsamen Vergnügen. Wenn man sich jedoch selbst nicht mehr darüber im Klaren ist, was man mag, dann ist das eine furchterregende Aussicht.
In meiner Verzweiflung tue ich, was jede Frau mit Verstand in meiner Lage tun würde: Ich tippe »Verführung« in eine Internetsuchmaschine ein.
Meine Güte, da findet sich ja jede Menge. Ich habe Angst davor, etwas anzuklicken, das ich eigentlich gar nicht sehen will. Sogar noch größere Angst habe ich allerdings davor, einen Link anzuklicken, der unbegrenzte Fenster öffnet oder meine Festplatte zerstört. Wie bewegt man sich eigentlich in dieser Welt und trennt die guten von den schlechten Sachen? Und wonach suche ich überhaupt?
Ich bin erleichtert, als ich eine überregionale Tageszeitung ziemlich weit oben auf der Liste entdecke. Ermuntert klicke ich auf ein Ranking der »Zehn besten Sex-Spielzeuge«. Handschellen aus Stoff, eine wattierte Gerte zum Auspeitschen, ein »heißkalter Keramik-Dildo«. Und so weiter. Ich muss aufstehen
und mir ein Glas Wein eingießen. Ist das hier normal? Macht das jeder?
Ich folge den Links und hoffe auf Seiten zu kommen, die eher Anfängerniveau haben. Die erste Website scheint eindeutig ein Opfer der Rezession zu sein, denn der Inhalt ist durch etwas viel Reißerischeres ersetzt worden. Unverzüglich schließe ich das Fenster.
Die nächste Site lehne ich schlichtweg wegen ihrer miesen Ästhetik ab. Ich fürchte, zu viele Bilder von aufgepumpten Blondinen lassen mich an Dessous aus Kunstfaser denken. Ich mag hier zwar mein ganzes Selbstwertgefühl in Frage stellen, aber ich kann trotzdem keinen Grund erkennen, von meinem guten Geschmack abzurücken. Oder mir einen Ausschlag zu holen, um es mal ganz unverblümt auszudrücken.
Noch schlimmer ist allerdings, dass die Preise der höherwertigen Sachen mich gleich vollständig aus dem Rennen werfen. Die Zeitung führt mich zu etwas von Coco de Mer, das aussieht wie ein Schlagring (»zu tragen auf dem Mittelfinger der stärkeren Hand«) und schlappe 500 Euro kostet. Ich bitte Sie! Es fällt mir wirklich schwer, mir Umstände auszumalen, unter denen ich so viel für einen Quickie mit wechselseitigem Masturbieren ausgeben möchte, denn ich vermute, dazu ist dieses Teil gedacht. Ehrlich gesagt ist mir der Verwendungszweck solcher Utensilien aber ein absolutes Rätsel.
Coco de Mer hat mich aber sowieso schon abgeschreckt, wegen der Hundemaske aus Leder (zweckmäßiger Bondage-Chic für schlappe 200 Euro) und den Spitzenhöschen für 300 Kröten, die fantastisch aussehen, aber für mich definitiv
unerschwinglich sind. Mit schamrotem Kopf frage ich mich, ob ich nicht eher zu den Frauen gehöre, die ihren Bedarf bei Beate Uhse decken. Zumindest was die Preise angeht, wenn schon nicht die Absichten.
Coco de Mer präsentiert immerhin
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