52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
die erotische Spannung?
Selbst wenn ich plötzlich in einem Anfall von Leidenschaft Lust bekäme, Herbert zu vernaschen, dann wüsste ich nicht einmal, wo ich anfangen sollte. Denn wir besitzen einfach keine Sprache mehr für Sex, weder verbal noch körperlich. Uns ist die Fantasie abhanden gekommen. Es würde mich unendliche Überwindung kosten, Herbert gegenüber zuzugeben, dass ich einen Film, ein Foto oder ein Outfit sexy finde. Es wäre geradezu lächerlich. Ich bin schließlich seine solide, sensible Frau. Nicht, dass er es missbilligen würde. Er wäre nur einfach so überrascht, dass es uns beide in tiefe Verlegenheit stürzen würde. Sex ist wie ein Geheimnis, das ich vor mir selbst hüte.
Mit achtzehn hätte ich es nur absolut widerwillig zugegeben, aber ich war unerfahren. Und weil ich seit damals mit demselben Partner zusammengeblieben bin (und wir beide, da bin ich mir sicher, absolut treu gewesen sind), habe ich mir irgendwie die Sexualität einer Achtzehnjährigen bewahrt. Ich kann Ihnen versichern, das ist weniger aufreizend als es klingen mag, vor allem ohne den Vorteil der schmalen Taille eines Teenagers. Hätte man mich damals gefragt, wie ich den Sex mit Herbert fände, hätte ich wahrheitsgemäß
geantwortet »atemberaubend«. Aber das Problem ist, dass wir den gleichen Sex immer und immer wieder hatten. Das führt zwangsläufig zu einer gewissen Gewöhnung. Was man mit 18 atemberaubend findet, ist mit 31 langweilig, wenn sich nichts weiterentwickelt. Und wir geben uns seltsamerweise damit zufrieden, in schönen Erinnerungen an unsere früheren sexuellen Heldentaten zu schwelgen, anstatt uns neue zu verschaffen. Wie ich meine Freundinnen beneide, die in ihren Zwanzigern Dutzende Partner durchprobiert haben! Sie haben eine ganze Palette an Erfahrungen, von denen sie zehren können.
Trotzdem hat sich etwas verändert. Als Erstes ist es uns gelungen, nach einer selbst für unsere Verhältnisse besonders langen Pause wieder Sex zu haben. Das mag daran liegen, dass wir uns in einem Hotelzimmer mit eigenem Jacuzzi und einem Sortiment von Gleitmitteln in den Schubladen wiederfanden. So kann es gehen, wenn man ein Upgrade in die Honeymoon-Suite bekommt. Es wäre ja geradezu eine Schande gewesen, diese Möglichkeiten nicht voll und ganz auszunutzen. Um es deutlich zu sagen, der Sex war verdammt gut. Genau genommen so gut, dass wir es (nachdem wir uns vor lauter Staunen wieder einigermaßen gefangen hatten) gleich nochmal machten. Insgesamt dreimal an einem Wochenende. Das ist, so viel kann ich Ihnen versichern, für unsere Verhältnisse schon gewaltig.
Dieses Erlebnis war für mich wie eine Offenbarung. Was war ich doch für eine absolute Vollidiotin gewesen! So viele Frauen meines Alters stürzen sich in ein sexuelles Abenteuer
nach dem anderen, während sie sich nach »dem Richtigen« sehnen. Ich dagegen hatte »den Richtigen« schon vor Jahren gefunden und vergeudete ihn. Für meine Sexualität bin ich ganz allein verantwortlich. Fünfzehn gemeinsame Jahre sollten eigentlich ein gewisses Können mit sich bringen; in unserem Fall hatten sie dagegen zu einer Art blinder, sprachloser Ignoranz geführt. Selbst wenn ich gewollt hätte – ich hatte keine Ahnung, wie ich Herbert antörnen sollte. Ich kenne weder seinen Geschmack in Sachen Erotik, noch seine diesbezüglichen Vorlieben, von meinen eigenen ganz zu schweigen. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, dankend abzulehnen, noch bevor die Frage überhaupt gestellt wurde, und es ist an der Zeit, endlich damit aufzuhören.
Nervös pirsche ich mich in der Küche an Herbert heran und unterbreite ihm einen Vorschlag. »Wir werden nie ein Paar sein, das täglich miteinander schläft«, sage ich, »also sollten wir das Ganze vielleicht etwas realistischer angehen. Wie wäre es denn, wenn wir uns einmal pro Woche zum Sex verabreden, allerdings zum Sex mit dem gewissen Etwas. Wir könnten uns ein Jahr lang immer abwechselnd allwöchentlich verführen.«
Es überrascht mich, wie bereitwillig Herbert zustimmt – da breitet sich sogar ein hübsches Lächeln auf seinem Gesicht aus, als er »Okay« sagt.
»Wir müssen aber auch dabeibleiben«, sage ich. »Wir beide. Das wird uns schon eine gewisse Mühe kosten.«
»Ich denke, das kriege ich hin.«
»In unserer Anfangszeit war der Sex wohl auch deshalb so gut, weil wir uns den ganzen Tag darauf gefreut haben. Ein
bisschen mehr von dieser Vorfreude könnten wir gut gebrauchen.«
»Prima«, sagt er,
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