56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Entschluß gefaßt worden ist.“
„Das heißt, daß innerhalb zweier Wochen nichts geschehen wird?“
„Innerhalb eines Monats sogar.“
„Das beruhigt mich. So treten Sie denn Ihre Reise an, und lassen Sie sich möglichst bald in Constantine sehen! Haben Sie mir sonst noch etwas zu sagen?“
„Nein.“
„Nun, so bin ich es, der noch einen Punkt mit Ihnen besprechen möchte.“
„Ich bin bereit dazu.“
„Zu jeder Auskunft?“
„Zu jeder.“
Der General sah ihn scharf und forschend an und fragte im Ton des Nachdrucks:
„Wirklich zu jeder?“
Die Miene des Spions wurde weniger zuversichtlich. Er antwortete:
„Zu jeder, welche sich mit meinen Verhältnissen verträgt, natürlich.“
„So machen Sie also doch eine Bedingung! Welche Verhältnisse meinen Sie?“
„Meine persönlichen.“
„Und auf diese bezog ich mich ebenfalls. Seit wann haben Sie Frankreich hier in Algerien gedient?“
„Seit dem Jahre achtzehnhundertdreißig.“
„Stets in Ihrer gegenwärtigen Eigenschaft?“
„Meist.“
„Hat keiner Ihrer Vorgesetzten oder Auftraggeber gewußt, wer Sie eigentlich sind?“
„Keiner.“
„Warum beobachten Sie eine so strenge Verschwiegenheit?“
„Weil es teils in meinem Charakter, teils auch in meinem Interesse liegt.“
„Würden Sie sich nicht entschließen, Vertrauen zu mir zu haben?“
„Ich vertraue Ihnen, mein General, sonst würde ich Ihnen nicht dienen; aber in diesem Punkt zwingt mich eine Pflicht, welche ich unmöglich verletzen darf, zur Verschwiegenheit.“
„So werde ich diese Pflicht gelten lassen müssen, obgleich es mir natürlich lieb und erwünscht sein muß, nur mit Männern zu tun zu haben, deren Verhältnisse offen vor mir liegen. Doch wenigstens fragen darf ich wohl, ob Sie ein geborener Franzose sind?“
„Das bin ich allerdings.“
„Welches war Ihr früherer Stand?“
„Ich bitte um die Erlaubnis, diese Frage übergehen zu dürfen.“
Die Miene des Generals verfinsterte sich.
„Ich glaube, daß Sie mit Ihrer Schweigsamkeit zu weit gehen“, sagte er. „Es scheint, Sie waren gezwungen, Frankreich zu verlassen?“
„Nein. Ich ging freiwillig von zu Hause fort.“
„Ihr Ton ist der Ton der Wahrheit; ich will Ihnen glauben. Ich möchte gern, daß ich etwas für Sie tun könnte. Haben Sie Verwandte in der Heimat?“
„Nein, wenigstens keine näheren.“
„Und soll es auch fernerhin verborgen bleiben, daß der Fruchthändler Malek Omar derjenige ist, welchen man das ‚Auge der Franzosen‘ nennt?“
„Ja. Es liegt ganz in Ihrem eigenen Interesse. Erführe man die Wahrheit, so könnte ich unmöglich weiter für Sie tätig sein.“
„Nun gut! Sie hüllen sich in ein undurchdringliches Geheimnis und zwingen mich, es zu achten. Darum dürfen Sie aber nicht erwarten, daß ich mich Ihnen unbedingt anvertraue. Sie spielen gegen die Beduinen geradeso den geheimnisvollen Freund wie gegen mich und uns überhaupt. Gegen wen sind Sie nun wahr und ehrlich?“
„Natürlich gegen Sie und meine Landsleute, General!“
Diese Worte waren im Ton der aufrichtigsten Beteuerung gesprochen; aber die Spur von Mißtrauen, welche in den Worten des Generals lag, machte doch, daß sich der graue Schnurrbart in die Höhe zog, so daß die Zähne sich fletschend sehen ließen. Cavaignac bemerkte dies und sagte:
„Ich hoffe das um Ihretwillen. Das Gegenteil würde ja nur zu Ihrem eigenen Verderben führen. Nehmen Sie sich dies zu Herzen.“
Die sonnenverbrannten Wangen des früheren Gardekapitäns röteten sich. Aus seinem Auge schoß ein Blitz auf Cavaignac. Er fragte:
„Wie kommen Sie zu diesem plötzlichen Mißtrauen, mein General? Haben Sie mich vielleicht einmal unzuverlässig gefunden?“
„Oh, dazu sind Sie zu vorsichtig. Aber ich will gegen Sie aufrichtiger sein, als Sie gegen mich, und Ihnen sagen, daß es mir bisweilen geschienen hat, als wenn Sie nur unter einer gewissen Reserve Frankreich Ihre Dienste zur Verfügung stellten. Auch der klügste, der geriebenste Mensch exponiert sich einmal, wenn er es nicht durch und durch ehrlich meint. Es will mir scheinen, als ob Sie dem Herrn dienten, von dem Sie den größten Lohn erwarteten. Frankreich ist reicher als so ein Beduinenscheik. Wäre es umgekehrt der Fall, was würden Sie tun?“
„Ich würde dennoch Frankreich dienen!“ antwortete Richemonte mit Emphase.
„Ah! Wirklich?“
„Ich bin sogar bereit, für Frankreich zu sterben!“
„Nun, warten Sie damit noch einige Zeit. Es ist
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