56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
taten sie.
Baron Reillac stellte sich Napoleon vor und wurde von diesem beauftragt, die Lieferungen für das erste Armeecorps zu übernehmen, welches General Drouet befehligte.
Richemonte hatte beabsichtigt, wieder in die alte Garde einzutreten, erhielt aber durch Reillacs Vermittlung eine Kompanie der jungen Garde. Diese gehörte zu einem Regiment, welches sich beim ersten Armeecorps befand.
Früher nämlich hatte die Garde stets ein eigenes Corps gebildet, welches für den entscheidenden Angriff aufgespart worden war. Jetzt aber seit der Bildung der jungen Garde wurden deren Regimenter und Bataillone auch anderen Armeecorps zugeteilt.
Der Marschbefehl war bereits gegeben worden. Morgen sollte der Kapitän Paris verlassen. Er saß in dem bekannten Kaffeehause beim Frühstück. Reillac hatte ihm versprochen, zu kommen, obgleich die Beaufsichtigung seiner Lieferungen ihn sehr in Anspruch nahm. Er hielt Wort, er kam doch, wenn auch spät.
Die beiden Männer standen sich jetzt weniger schroff gegenüber als früher, da der Baron bei jeder Gelegenheit mit seinen Wechseln gedroht hatte. Jetzt kam dies nicht so oft vor. Sie hatten Ursache, über gewisse Dinge zu schweigen, welche sie beide betrafen; dies machte sie, sozusagen, zu Vertrauten, obgleich es sicherlich keinem von ihnen einfiel, den anderen für einen wirklichen Freund zu halten.
Heute hatte das Gesicht Reillacs einen Ausdruck, welcher dem Kapitän sofort auffiel. Es lag etwas sehr unternehmendes darin.
„Was gibt's? Was bringen Sie?“ fragte Richemonte.
„Etwas für Sie“, antwortete der Gefragte.
„Ah, etwas Gutes?“
„Ja, etwas so Angenehmes, daß ich selbst mich sofort zur Ausführung entschließen würde, wenn ich zum aktiven Militär gehörte.“
„Was ist es?“
„Sie kennen den General Drouet?“
„Natürlich.“
„Ich meine seine Eigenheiten.“
„Diese weniger.“
„Nun, eine dieser Eigenheiten stimmt auffällig mit unseren persönlichen Ansichten. Er ist nämlich ein engagierter Blücherhasser.“
„Donner! Das lobe ich an ihm!“
„Er hat erfahren, daß Blücher von Berlin abgereist und über Köln nach Lüttich gekommen ist, wo er sein Hauptquartier aufgeschlagen hat. Wenn da irgendein Streich auszuführen wäre!“
„So liegt irgendein bestimmter Plan vor?“
„Vielleicht. Der General wird geneigt sein, Sie zu empfangen?“
Da blitzten die Augen des Kapitäns auf.
„Ich werde zu ihm gehen“, sagte er.
„Tun Sie das! Sie wollen doch jedenfalls gern avancieren?“
„Das versteht sich!“
„Nun, hier bietet sich die beste Gelegenheit. Übrigens habe ich Ihnen mitzuteilen, daß ich auch nicht in Paris bleiben werde.“
„Schließen Sie sich unserem Armeecorps an?“
„Ja, der General meint, daß dies für die Lieferungen von sehr großem Vorteil sein werde. Er hat mich in der Hand.“
„So werden Sie diesmal keine großen Reichtümer sammeln“, lachte Richemonte.
„Möglich. Und noch eine dritte Mitteilung habe ich zu machen, welche Sie persönlich betrifft. Erraten Sie sie vielleicht? – Ihre Schwester –!“
„Ah!“ fuhr Richemonte auf. „Ist es Ihnen vielleicht endlich gelungen, eine Spur von ihr zu entdecken?“ Und mit höhnischem Ton fügte er hinzu: „Ich würde mich natürlich unendlich freuen, sie endlich einmal wiederzusehen.“
„Noch immer keine Spur. Einen Brief habe ich aus Berlin erhalten, Lieutenant Königsau ist noch nicht verheiratet.“
„Sollten sie einander verloren haben?“
„Pah!“
„Es ist alles möglich!“
„Sie sind auf falschen Gedanken. Dieser Königsau ist ein schlauer Kerl. Er weiß, daß er uns zu fürchten hat und hält daher den Aufenthalt seines Bräutchens geheim.“
„Ich gäbe viel darum, ihn zu erfahren!“
„Ich jedenfalls noch mehr, und da habe ich heute nacht, als ich schlaflos im Bett lag und über verschiedenes nachgrübelte, eine Idee gehabt.“
„Eine Idee? Ah! Ist, eine Idee zu haben, bei Ihnen eine solche Seltenheit, daß Sie sich veranlaßt sehen, diesen wunderbaren Fall extra zu konstatieren?“
„Machen Sie keine faulen Witze! Vielleicht zeigt sich meine Idee als außerordentlich gut.“
„So teilen Sie mir dieselbe gefälligst mit!“
„Nun, wir haben uns die größte Mühe gegeben, die Adresse Ihrer Schwester zu erfahren, doch umsonst. Jetzt sagen Sie mir einmal: Erhält Ihre Mutter nicht eine Rente ausgezahlt?“
„Allerdings.“
„Durch wen?“
„Durch Bankier Vaubois.“
„Dieser Mann muß also ihre
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