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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Glacehandschuhfärber.“
    „Glace-hand-schuh-färber?“
    „Natürlich! Das ist so sicher wie Pudding!“
    „O weh! Ich meine eine ganz andere Familie Königsau. Das ist eine Offiziersfamilie.“
    „Ah, so! Hm, die kenne ich nicht, so leid es mir tut!“
    „Na, sie wird wohl zu finden sein.“
    „Ganz gewiß. Wünschen Sie, dort eingeführt zu werden?“
    „Ja. Ist man in Berlin leicht zugänglich?“
    „Sehr leicht. Berlin ist nicht London, und der Preuße ist kein Engländer. Wir werden suchen. Vielleicht treffen wir diese Offiziersfamilie einmal auf der Hasenhaide oder in Charlottenburg. Da macht sich die Bekanntschaft am allerleichtesten. Man borgt sich von dem anderen das Taschentuch für einen Augenblick; das ist die ganze Einleitung. Essen wir erst, ehe wir nach den ‚Heiligen Hallen‘ gehen?“
    „Ich habe bereits ein zweites Frühstück genommen.“
    „Ich mein drittes. Mit dem vierten kann ich ja noch warten, bis ich in den Wald komme. Da gibt es Schafgarbe, Sauerampfer und Brunnenkresse, meine Leibkompotts zum Schinkenbrot. Ich habe alle Taschen voll Bemmen stecken. Bei einem Kunstausfluge darf man ja nicht Not leiden wollen.“
    „Sie wollen heute zeichnen?“
    „Ja, natürlich. Deshalb gehe ich ja in die ‚Heiligen Hallen‘.“
    „Ich denke, Sie sind Tiermaler?“
    „Das bin ich allerdings. Es wird sich wohl etwas Lebendiges sehen lassen, eine Blindschleiche, eine Kaulquappe, oder eine Touristenfamilie. Wollen wir aufbrechen?“
    „Einverstanden.“
    Kurze Zeit später wanderten die beiden den Weißeritzgrund hinauf. Haller gab sich gemütlicher, als er es gewöhnt war. Der kleine Dicke war ein äußerst guter Gesellschafter, und während der Unterhaltung sah Haller ein, daß er es keineswegs mit einem Minus-Mann, sondern mit einem ganz tüchtigen Künstler zu tun hatte.
    „Sie haben so etwas Militärisch-Soldatisches an sich“, meinte der Kleine in seiner humoristischen Ausdrucksweise zu ihm. „Man könnte Sie für einen Offizier in Zivil halten. Sind Sie Soldat gewesen?“
    „Ja.“
    „Ich auch.“
    „Sie?“ fragte Haller, indem er die dicke Figur seines Begleiters erstaunt betrachtete.
    „Jawohl. Ich habe es sogar bis zum Unteroffizier gebracht. Die Geschichte ist mir ungeheuer gut bekommen, wie Sie sehen. Meine Taille kann sich sehen lassen. Aber, bitte, schlagen wir uns doch ein bißchen seitwärts in die Wälder. Vielleicht findet sich eine hübsche Baumgruppe, oder so etwas Ähnliches für unsere Stifte. Etwas mitnehmen muß ich!“
    Er war, wie es sich zeigte, trotz seines ungewöhnlichen Leibumfangs ein ganz guter Läufer und Steiger. Haller hatte einen recht ausgiebigen Schritt angenommen, aber der Kleine blieb ihm dennoch stets an der Seite.
    Es war ein wunderschöner Tag. Draußen im Freien brannte die Sonne beinahe heiß hernieder, obgleich die Jahreszeit noch nicht weit vorgeschritten war. Hier im Wald warf sie schimmernde Lichter durch die Zweige. Die Ränder des jungen Grüns färbten sich goldig. Waldesduft erquickte die Lungen; Vogelgesang ertönte von den Zweigen, und von fern her tönten laute fröhliche Menschenstimmen herüber.
    Nur von fern her? O nein! Die beiden hielten unwillkürlich ihre Schritte an. Ganz in unmittelbarer Nähe, gerade vor ihnen, ließ sich soeben eine Frauenstimme von ganz besonderem Wohllaut vernehmen. Die Stimmlage war im Alt, aber dieser Alt hatte eine eigentümliche silberne Klangfarbe.
    „Horchen Sie!“ flüsterte der Kleine. „Das ist entweder vorgelesen oder deklamiert. Das sind Verse. Lassen Sie uns einmal sehen, wer es ist.“
    Sie wandten sich leise durch ein lichtes Buchengebüsch hindurch und standen nun am Rand eine kleinen Kessels. Unten auf der Sohle desselben lagen einige mit Moos bewachsene Steine, und da saßen zwei Frauen, ganz und gar in ihre Beschäftigung vertieft.
    Die eine war nicht mehr jung; aber man sah es ihr an, daß sie sehr schön gewesen sein mußte. Ihr Gesicht war bleich, von vornehmen Schnitt und zeigte jenen stabilen Hauch der Schwermut, welcher stets die Folge eines still getragenen Leides ist. Die Toilette dieser Dame war, obgleich von touristenmäßigem Schnitt, doch reich zu nennen.
    Die andere war jung, eine wirkliche Schönheit, hoch und voll gebaut, mit blondem Haar und schneeigem Teint, ihr Gewand war höchst einfach. Selbst an dem Hut, welchen sie neben sich gelegt hatte, war weder Blume, noch Schleife zu sehen. Sie hatte ein Buch in der Hand, aus welchem sie vorlas.
    „Eine

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