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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Aristokratin vom reinsten Blut; das will ich wetten“, flüsterte der Kleine.
    „Und die jüngere ist Gouvernante, Gesellschafterin, Vorleserin“, fügte der Lange hinzu.
    „Möglich. Eine schöne Gruppe! Wollen wir?“
    Er warf dabei einen bezeichnenden Blick auf seine Mappe.
    „Ich möchte wohl“, antwortete Haller, „aber hier können sie uns zu leicht bemerken.“
    „Kriechen wir da rechts hinüber. Dort hängt der Rand ein gutes Stück über; dahinter können wir uns verstecken.“
    Gesagt, getan. Sie schlichen sich nach der angegebenen Stelle, machten es sich dort so bequem wie möglich, und begannen dann zu zeichnen.
    „Was mag es sein, was sie vorliest?“ fragte Haller.
    „Ich glaube, das Buch sind Geroks Palmblätter“, antwortete der Berliner. „Ja, horchen Sie! Jetzt liest sie den Frühlingsglauben: ‚Und schau ich Gottes Welt im Frühlingslicht, wenn junges Grün erglänzt auf allen Triften, wenn Blütenschnee aus dürren Ästen bricht, und Lustgesang ertönt in blauen Lüften, dann hoff ich wieder, und noch glaub ich nicht an die Erfüllung schon der letzten Schriften, wo krachend unsre sündenmorsche Welt in Flammen des Gerichts zusammenfällt.‘“
    „Herrlich, herrlich!“ flüsterte der Kleine. „Diese Betonung, diese Innigkeit des Ausdrucks! Sehen Sie, wie ihre Wangen sich gerötet haben wie – – Mohrenschockelement! Da geht, weiß Gott, die Ruschel fort.“
    In dieser Begeisterung hatte er sich aufgerichtet und zu weit vorgewagt. Das lockere, überhängende Erdreich, auf welchem die beiden saßen, konnte die ungewöhnliche Last des Dicken nicht mehr halten, es gab nach und rutschte niederwärts.
    „Hui! Ich halte mich doch noch fest.“
    Bei diesen Worten streckte der Kleine den Arm aus und erfaßte, bereits im Abwärtsrutschen begriffen, das Bein seines langen Kollegen.
    „Mille tonnerres!“ rief dieser. „Sie reißen mich ja mit in die Lawine hinein! Halt, Dicker, halt! Brrrr! Eh!“
    Ja, leider gab es keinen Halt mehr, die Lawine fuhr zu Tal. Die beiden Damen hatten gar keine Ahnung davon gehabt, daß sie beobachtet seien. Der kleine Talkessel war ihnen zur Kirche geworden, und das fromme Dichterwort zum Evangelium. Diese ihre Andacht wurde nun so gewaltsam gestört durch die lauten Rufe, welche über ihnen erschallten.
    Sie sprangen, im höchsten Grad erschrocken, von ihren improvisierten Sitzen auf und blickten empor. Was sie da sahen, war keineswegs erbaulich.
    Eine ganze Partie von Erde, Sand und Geröll ergoß sich vom Rand der Schlucht nach unten, und mitten in diesem Chaos wälzte, rutschte, kugelte und kollerte der Dicke schreiend, prustend und stöhnend mit hernieder. An jedem Busch, an jeder Wurzel, an welchen er vorübersauste, wollte er sich festhalten, doch vergebens. Daher die verschiedenen, schnell aufeinanderfolgenden Ausrufungen des Schreckens, der Hoffnung, des Ärgers.
    „Halt! Heh, hih, höh! Jetzt hab ich's! Au waih! Es geht wieder weiter! Hurrjeh! Gott, vergib mir meine Sünden! Hoppsa! Au! Pfeu Teufel! Ah, da ist ein Stamm! Halt fest, Dicker! Ätsch, da dampft er vorbei! Jemineh! Geht weg da unten, ihr Weibsen! Jetzt komme ich! Links, Dicker, weiter links, sonst brichst du Hals und Beine! So! Na, jetzt endlich nimmt's ein Ende.“
    So kam er von oben heruntergefahren. Die Gewalt des Sturzes trieb ihn bis zu den beiden Damen hin, welche kaum wußten, ob sie fliehen oder bleiben sollten. Gerade vor ihnen blieb er beschmutzt und bestaubt, mit zerrissenen Hosen liegen, streckte alle viere von sich und sagte:
    „Ergebenster Diener, verehrte Damen! Wünsche, wohl geruht zu haben. Stelle mich ihnen vor: Ich bin Herr Hieronymus Aurelius Schneff – Herrjesses, wer kommt denn da noch angesaust? Na, so ein Weihnachten! Hat's denn nicht bald ein Ende?“
    Haller hatte sich nämlich etwas länger zu halten vermocht, endlich aber doch dem verhängnisvollen Gesetz der Schwere nachgeben müssen. Jetzt kam er angestürmt und fuhr mit solcher Wucht gegen den Dicken an, daß dieser noch ein großes Stück fortkugelte und sich, bevor er liegenblieb, noch einige Male überkugelte.
    Der Lange raffte sich möglichst rasch auf und machte den Damen eine Verbeugung. Er wollte sich beinahe beleidigt fühlen, als er auf dem Gesicht der jüngeren ein ziemlich spöttisches Lächeln bemerkte, da aber rief ihm der Kleine zu:
    „Reiß aus, Christlieb! Guck nur deine Hosen an! Vorn bei den Knien und hinten.“
    Die engen Beinkleider Hallers waren allerdings noch viel

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