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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ruhte in einem weich gepolsterten Sorgenstuhl. Dieser Greis hatte das ehrwürdigste Gesicht, das Haller in seinem Leben gesehen hatte. Die kräftigen und doch feingeschnittenen Züge, das lebensvolle Auge, die hohe, breitschulterige Gestalt, alles ließ vermuten, daß dieser Mann in seiner Jugend ein Bild männlicher Schönheit gewesen sei!
    Dieser nun hochbetagte Herr war der Rittmeister Hugo von Königsau, der einstige Liebling des alten Blücher.
    „Großpapa, erlaubst du mir, dir diesen Herrn vorzustellen?“ fragte Emma. „Er war so freundlich, mir meinen Fächer zu bringen, den ich liegen gelassen hatte.“
    „Tue es, mein Kind!“
    Sie machte einen eigentümlichen Knicks, nickte dem Greis lächelnd zu und sagte: „Herr Haller, Maler aus Stuttgart.“
    Die Lider des alten Herrn sanken augenblicklich herab. War es, um nicht merken zu lassen, daß dieser Name ihn überraschte?
    Dann aber hoben sie sich wieder, und die Augen des Greises richteten sich mit einem großen, scharfen, forschenden Blick auf den Vorgestellten. Dann nickte er ihm zu und sagte:
    „Willkommen, Herr Haller! Sie haben meinem lieben Enkelkind einen großen Gefallen erwiesen. Nehmen Sie Platz! Willkommen auch, liebe Madelon. Der Herr kennt mich doch, Emma?“
    „Ich glaube schwerlich.“
    „So nenne mich ihm.“
    Haller winkte mit der Hand und sagte:
    „O bitte, es bedarf keiner Vorstellung. Die Dame nannte Sie ja Großpapa.“
    „Der bin ich ihr.“
    „Also wohl Herr König?“
    „König?“ fragte der Rittmeister erstaunt. Und nach einem Blick auf Emma, um deren Lippen ein verhaltenes Lachen zuckte, fuhr er, sich leise den gewaltigen Schnurrbart streichend, fort: „Gewiß wieder einer deiner kleinen Streiche! Nicht? Sie wissen, Herr Haller, junge wilde Damen sind nicht leicht zu zähmen. Mein Name ist nicht König, sondern Königsau. Oder sollten Sie die letzte Silbe vielleicht überhört haben?“
    Haller zuckte zusammen.
    „Königsau?“ fragte er. Er deutete auf Emma und fuhr fort: „Fräulein Köhler hat mir diese Dame als Fräulein König vorgestellt.“
    „So handelt es sich also wirklich um einen jugendlichen Übermut! Emma, Emma! Wie soll ich dich da bestrafen!“
    „Ich bitte um Gnade, bester Großpapa! Es war so wunderbar interessant, für eine Gouvernante gehalten zu werden!“
    „Für eine Gouvernante?“
    „Ja, nämlich für diejenige der Tante Goldberg.“
    „Wer hält dich dafür?“
    „Dieser Herr und sein Freund, der Maler Hieronymus Aurelius Schneffke. Ich habe es dir ja gestern erzählt!“
    Haller wurde rot bis hinter die Ohren. Das war ja eine ganz und gar fatale Lage, in welche er da geraten war, er, ein Offizier der französischen Garde! Wenn sie das gewußt hätten! Er beeilte sich, zu entgegnen:
    „Entschuldigung, meine Herrschaften. Nicht ich war es, der die Dame für eine Gouvernante hielt, und ich habe auch keineswegs Veranlassung, diesen Kollegen für meinen Freund auszugeben. Mein Zusammentreffen mit ihm war ein rein zufälliges und wird auf jeden Fall auch nur ein vorübergehendes bleiben.“
    „Nicht Sie haben um Entschuldigung zu bitten, Herr Haller“, meinte der Greis. „Das ist vielmehr die Pflicht dieser überlustigen Damen. Über die eine habe ich leider keine Macht; aber die andere werde ich bestrafen. Sie soll sechs Tage Hausarrest erhalten, damit sie wenigstens für diese Zeit nicht imstande ist, neue Streiche auszuführen.“
    „Großpapa! Bin ich denn wirklich ein so schlimmer Springinsfeld?“
    „Herr Haller mag entscheiden.“
    „Ich bitte um Gnade für die Dame!“ sagte dieser, indem er sich gegen beide höflich verbeugte.
    „Nun so will ich von meinem Recht, zu verzeihen, noch einmal Gebrauch machen, keineswegs aber aus Nachsicht für dich, du wilder Vogel, sondern aus Rücksicht für unseren Gast, dem ich doch seine Bitte nicht abschlagen darf. König anstatt Königsau! Wer sollte das denken!“
    „Gestatten Sie!“ bat Haller. „Königsau oder von Königsau?“
    „Von, von, mein Herr. Ich bin pensionierter Rittmeister.“
    Ah, da befand er sich ja inmitten der Familie, an die er adressiert war. Welch ein glücklicher Zufall! Er hatte freilich gar keine Ahnung, daß er allen bereits bekannt sei, und daß das neckische Mädchen nur ihr Spiel mit ihm getrieben habe. Mit Emma und dem Alten hoffte er bald fertig zu werden. Ging er nur einigermaßen auf ihr munteres Naturell ein, und schmeichelte er dem Alten dadurch, daß er dessen Kriegserlebnisse mit Begeisterung

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