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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht.“
    „Oh, im Gegenteil! Der Künstler, also auch der Maler, ist, wenn er vielseitig werden will, gezwungen, auch in die Kloaken der Gesellschaft hinabzusteigen. Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Sie haben beides kunstgerecht zu verteilen und müssen es also auch mit den Schatten des Lebens aufzunehmen verstehen.“
    „Ich höre, daß Sie über die Kunst nachgedacht haben, Fräulein, und das freut mich herzlich.“
    „So erlauben Sie mir, noch ein wenig weiter nachzudenken.“
    Sie machte ihm eine Verbeugung und wollte sich mit Emma entfernen. Er aber trat ihr mit einem raschen Schritt in den Weg und sagte:
    „Verzeihung. Vorher noch eine Frage.“
    „Sprechen Sie sie aus.“
    „Ist es Ihnen nicht möglich, mir vor Ihrer Abreise noch fünf Minuten zu schenken?“
    „Wozu?“
    „Ich habe Ihnen eine Mitteilung zu machen, welche für Sie vielleicht von großer Wichtigkeit ist.“
    „Können Sie damit nicht vielleicht bis zu meiner Rückkehr warten, Herr Haller?“
    „Was mich betrifft, so würde dieser Aufschub mich weder schmerzen noch schädigen; aber im Hinblick auf Sie dürfte es besser sein, wenn Sie mich noch vor der Abreise hören wollten.“
    „Und doch wollen Sie mir erlauben, es bei der ersten Bestimmung zu lassen. Meine Zeit ist mir heute so kurz zugemessen, daß ich wohl kaum über fünf Minuten verfügen kann.“
    „Selbst dann nicht, wenn ich Ihnen sage, daß der Gegenstand meiner Bitte in Beziehung zu Ihrer Familie steht?“
    Jetzt stutzte sie doch; sie blickte ihn forschend an und fragte:
    „Zu meiner Familie? Ich habe doch keine!“
    Er zuckte die Achseln und antwortete leichthin:
    „Vielleicht doch.“
    Sie war jetzt auf einmal so anders gegen ihn als vorher. Warum? Hatte diese Freundin Emma König vielleicht von ihrer mehrmaligen Begegnung mit ihm gesprochen? Das aber war doch unmöglich. Sie konnte ja gar nicht wissen, daß er hier wohnte. Aber für die Veränderung ihres Benehmens mußte Madelon bestraft werden; das stand bei ihm fest. Er war nicht der Mann, sich zum Gegenstand einer Laune machen zu lassen.
    „Vielleicht doch?“ fragte sie, indem sie seine Worte wiederholte. „Ich und Nanon, wir sind Waisen: selbst der Pflegevater ist nun tot.“
    „Aber Ihr Vater kann noch leben, Ihr Großvater ebenso.“
    „Wozu diese Bemerkungen?“
    „Vielleicht habe ich einen Grund dazu. Nicht wahr, Ihr Vater trug den Vornamen Gaston?“
    „Ja. Das sagte ich Ihnen bereits.“
    „Und Ihre Mutter hieß Amély?“
    „Auch das wissen Sie von mir.“
    „Ist Ihnen der Name Bas-Montagne bekannt?“
    „Bas-Montagne? Mein Gott, ja! Es ist mir, als ob ich ihn öfters gehört hätte, früh, sehr früh in meiner Jugend. Was ist's mit diesem Namen?“
    „Er steht in sehr enger Beziehung zu dem ‚süßen Kolibri‘. Aber Sie haben ja keine Zeit.“
    „Sie sprechen in Rätseln. Bitte, so erklären Sie sich doch!“
    „Dazu hätte ich eine längere Zeit vonnöten, als Sie mir heute widmen können. Sie hatten die Güte, mir vorhin einiges über Ihre Jugendverhältnisse mitzuteilen. Fragen Sie Fräulein König. Sie ist zwei Personen begegnet, welche mehrere Abbildungen von Kolibris bei sich trugen. Vielleicht steht auch dieser Umstand in Beziehung zu dem Dunkel, welches Sie so gern durchdringen möchten.“
    „Sie sind garstig, höchst garstig!“ rief Madelon ungeduldig. „Sie wissen etwas, Sie haben etwas erfahren und wollen es mir nicht sagen!“
    „Ich bin keineswegs garstig, Fräulein Köhler; seit Sie von Ihren Schicksalen zu mir gesprochen haben, möchte ich das Meinige dazu beitragen, das Rätsel Ihres Lebens zu lösen. Mir scheint, daß der Zufall so freundlich gewesen ist, mir einen kleinen Wink zu geben. Ich kann mich irren, aber ich glaube, eine Person getroffen zu haben, welche zu Ihren Schicksalen in näherer Beziehung steht.“
    „Wer ist das?“
    „Lassen Sie mich darüber noch schweigen. Ich muß sondieren, forschen und überlegen. Die von mir gewünschte Unterredung sollte mir das Material dazu liefern; aber ich sehe selbst ein, daß kein Grund zu großer Eile vorhanden ist. Sie werden bald wieder zurückkehren, und dann können wir diesem Gegenstand mehr Zeit und Aufmerksamkeit widmen.“
    Das klang so zurückhaltend und frostig, daß sie ihm forschend in die Augen blickte. Seine Bemerkungen hatten ihr höchstes Interesse erregt; sie hätte ihm gern eine halbe Stunde geschenkt anstatt der erbetenen fünf Minuten, aber der Ton seiner letzten Worte erkältete

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