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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verging wohl eine halbe Stunde. Da öffnete sich die nur angelehnte Tür, und es trat jemand ein.
    „Pst!“ antwortete Arndt.
    „Wer ist hier?“
    „Der Gestrige.“
    „Gut! Sie hatten nicht für bestimmt zugesagt.“
    „Ich habe auch wirklich großen Schaden, indem ich noch einmal kommen muß. Sind wir hier sicher?“
    „Vollkommen! Der, welcher mich geholt hat, steht Wache.“
    „So gilt zunächst eine Frage: Sie sind der hiesige Waldkönig?“
    „Ja. Und Sie sind der Pascherkönig welcher Gegend?“
    „Lassen wir das! Man muß jetzt vorsichtig sein. Kommen Sie in Geschäften zu mir, habe natürlich ich mich zu legitimieren.“
    „Richtig! Auch der Hauptmann mahnte zur Vorsicht. Er schrieb, daß er jetzt nicht mehr korrespondieren könne; ich solle der Weisung eines jeden folgen, der im Besitz des Zeichens ist.“
    „Nun, das habe ich.“
    „Ich weiß es. Waren Sie auch an der Eiche?“
    „Natürlich. Wie hätte ich sonst wissen können, daß Laube es ist, an den man sich zu wenden hat.“
    „Richtig! Also, Sie haben mir ein Geschäft in Vorschlag zu bringen?“
    „Ein bedeutendes sogar.“
    „Ich hörte es. Wollen Sie liefern oder empfangen?“
    „Liefern.“
    „Was für Gegenstände?“
    „Persische Seide und Smyrnatücher.“
    „Donnerwetter! Das wäre ein Geschäft!“
    „Zwanzigtausend Gulden!“
    „Umsatz natürlich?“
    „Nein, sondern zu verdienen!“
    „Reiner Gewinn? Tausend Teufel! Das wäre! Davon hat mir mein – der, mit welchem Sie gestern gesprochen haben, nichts gesagt.“
    „Immer sprechen Sie sich vollständig und genau aus! Gestern sprach ich mit ihrem Bruder. Sie sehen also, daß ich Sie kenne.“
    Es trat ein Schweigen ein, welches bewies, daß der Waldkönig sich entweder in Verlegenheit befand oder überrascht war. Endlich sagte er:
    „So sind Sie der Hauptmann selbst! Nur dieser allein kennt die persönlichen Verhältnisse seiner Könige.“
    „Wer ich bin, ist jetzt ganz gleichgültig. Ich demaskiere mich Ihnen nicht, und so haben Sie mit mir wie mit Ihresgleichen zu verfahren.“
    „Gut! Es scheint, Sie wollen mich einer Prüfung unterziehen. Ich hoffe, sie zu bestehen. Wann gedenken Sie zu liefern?“
    „Sobald wie möglich.“
    „Hm, so bietet sich für morgen eine passende Gelegenheit. Wissen Sie, Winkler war gestern –“
    Er hielt doch inne. Arndt war ein Genie an Scharfsinn und Kombinationsgabe. Er erriet sofort, daß Winkler ein Schmuggelunternehmer sei. Der Hauptmann wollte nicht mehr direkt korrespondieren; er hatte trotzdem an den Waldkönig geschrieben. Wer konnte diesem den Brief gebracht haben? Kein anderer, als dieser jetzt so zaghaft erwähnte Winkler! Arndt war von der Wahrheit seiner Vermutung so fest überzeugt, daß er gar nicht annahm, ein Wagnis zu begehen, wenn er schnell bemerkte:
    „Winkler! Nun, was ist mit ihm?“
    „Ich weiß nicht – ob – ob ich davon sprechen darf!“
    „Warum nicht? Hat er meine Befehle ausgeführt?“
    „Welche Befehle?“
    „Nun, hat er Ihnen mein Schreiben gegeben?“
    „Ah! Also doch! Sie sind es selbst, wirklich selbst! Ah, nun kann ich freilich offen sprechen! Ich habe Ihren Brief erhalten und mein Bruder den seinen auch, der ihn so schnell abrief.“
    „Und was trug Winkler Ihnen an?“
    „Eine höchst ansehnliche Lieferung.“
    „Für wann!“
    „Zwei Uhr nach Mitternacht.“
    „Wohin?“
    „An das diesseitige Ende des Haingrundes.“
    „Wo wir jetzt solches Pech gehabt haben?“
    „Ja; aber gerade deshalb.“
    „Sie denken, die Grenzer meinen, daß wir uns nicht sogleich wieder dahin wagen werden?“
    „Gewiß haben Sie diese Überzeugung, zumal –“
    „Zumal –? Nun, was?“
    „Zumal sie denken werden, daß wir jetzt überhaupt ganz und gar nichts unternehmen werden.“
    „Ah! Warum sollten sie das denken?“
    „Weil – hahahaha! – weil sie den Pascherkönig gefangen haben! Darum!“
    „Ah! Sie meinen diesen albernen Hauser?“
    „Ja.“
    „Ich bin stets von allem, was mich interessieren kann, gut unterrichtet. Ihr Sohn hat ihm die Spitzen in den Rock geflickt?“
    „Ja.“
    „Das heißt, er hat sich in Hausers Stube geschlichen?“
    „Das war nicht schwer.“
    „Die Spitzen sind aus Ihrer hinteren Stube.“
    „Sie wissen den verborgenen Ort! Alle Teufel! Sind Sie allwissend?“
    „So sehr, als es mir vorteilhaft ist. Sie sehen hieraus, daß es sehr geraten ist, mir treu zu dienen. Übrigens bin ich mit dem zwischen Ihnen und Winkler besprochenen Plan

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