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61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: 61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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ihre Köpfe von einer Seite auf die andere flogen. Er konnte das Gesicht des Busfahrers im Rückspiegel sehen. Der Mann kämpfte. Er machte seine Sache nicht schlecht. Aber er würde verlieren. Ein Luxusreisebus war ein sehr schwerfälliges Fahrzeug. Sei vorsichtig, wenn du dir etwas wünschst. Reacher war aus Marshall, Minnesota, per Anhalter nach Huron, South Dakota, unterwegs gewesen, aber der Kerl, mit dem er fuhr, hatte ihn aus irgendeinem persönlichen Grund nicht die ganze Strecke mitnehmen wollen, sondern in einer Raststätte außerhalb von Cavour abgesetzt. Was Pech zu sein schien, weil es in Cavour nicht allzu viel transkontinentalen Verkehr gab. Aber zwei Tassen Kaffee später war ein weißer Reisebus mit vierzig Sitzen vorgefahren, und nur zwanzig Fahrgäste waren ausgestiegen, was bedeutete, dass es freie Plätze gab. Der Fahrer schien ein unkomplizierter Typ zu sein, deshalb wandte Reacher sich mit einer umkomplizierten Frage an ihn. Zwanzig Dollar für die Mitfahrt nach Rapid City? Der Kerl wollte vierzig. Sie einigten sich auf dreißig. Reacher war eingestiegen und hatte den Tag sehr angenehm verbracht. Doch dieses Gefühl war der weichen Federung und schwammigen Lenkung zu verdanken gewesen, die im Augenblick beide den Dienst verweigerten.
    Nach sieben Sekunden wurde Reacher jedoch optimistisch. Weil niemand mehr Gas gab, wurde der Bus langsamer. Spürbar war das nicht, aber es musste stimmen. Einfache Physik. Newtons Bewegungsgesetze. Kam ihnen kein anderes Fahrzeug in die Quere, würde der Bus noch ein Stück weiterschwanken und dann zum Stehen kommen – vielleicht schräg stehend oder auch um hundertachtzig Grad gedreht, aber noch fahrtüchtig. Dann merkte er, wie die Vorderreifen wieder griffen, und sah, dass sie von der Fahrbahn abkommen würden. Was schlecht war. Aber der Fahrer bremste scharf und hielt das Lenkrad eisern fest, während sein Bus rumpelnd und am Boden schrammend halb im Straßengraben, halb auf der Interstate zum Stehen kam – was okay war, außer dass ihr Hinterteil auf die Fahrbahn hinausragte und es plötzlich überhaupt keine mechanischen Geräusche mehr gab, was ganz und gar nicht okay war.
    Ein Blick nach hinten zeigte Reacher keine näher kommenden Autoscheinwerfer. Nicht in diesem Augenblick. Er stand auf, ging im Bus nach vorn und sah draußen ebenes, weiß verschneites Gelände. Keinen Steilabbruch. Kein Flussufer. Folglich keine Gefahr durch Gewichtsverlagerung. Also marschierte er wieder nach hinten und fing an, die alten Käuze zu ermutigen, im Bus nach vorn zu gehen. Falls ein Vierzigtonner sie rammte, würde er vielleicht nur das Heck wegreißen, ohne jemanden ins Jenseits zu befördern. Aber die alten Leute standen unter Schock und wollten ihre Plätze nicht verlassen. Sie hockten einfach nur da. Also machte Reacher sich wieder auf den Weg nach vorn. Der Fahrer saß starr auf seinem Sitz, blinzelte ein wenig und schluckte seinen eigenen Adrenalinschub hinunter.
    Reacher sagte zu ihm: »Gut gemacht, Kumpel.«
    Der Mann nickte. »Danke.«
    Reacher fragte: »Kommen wir mit eigener Kraft aus diesem Graben raus?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Was vermuten Sie?«
    »Eher nicht.«
    Reacher fragte: »Okay, haben Sie Fackeln?«
    »Was?«
    »Warnfackeln. Der Bus ragt hinten auf die Fahrbahn hinaus.«
    Der Typ reagierte nicht gleich, war benommen. Dann beugte er sich nach rechts, öffnete den Stauraum neben seinem Knie und brachte drei Warnfackeln zum Vorschein: Pappröhren in stumpfem Rot mit Stahlspitzen am unteren Ende. Reacher nahm sie, dann fragte er: »Haben Sie einen Erste-Hilfe-Kasten?«
    Der Mann nickte erneut.
    Reacher sagte: »Nehmen Sie ihn mit, und kontrollieren Sie die Leute auf Prellungen und Schnittverletzungen. Fordern Sie alle auf, möglichst weit nach vorn zu kommen. Am besten auf dem Gang. Rammt uns jemand, fährt er uns den Arsch weg.«
    Der Fahrer nickte zum dritten Mal, dann schüttelte er sich wie ein Hund und kam endlich in die Gänge. Er holte den Erste-Hilfe-Kasten aus einem anderen Fach und stand auf.
    Reacher sagte: »Öffnen Sie erst die Tür.«
    Der Mann drückte auf einen Knopf, und die Tür ging zischend nach innen auf. Eiskalte Luft strömte herein, brachte dichten Flockenwirbel mit. Wie bei einem richtigen Blizzard. Reacher erklärte: »Machen Sie die Tür hinter mir zu. Damit es warm bleibt.«
    Dann sprang er in den Straßengraben, kämpfte sich durch Schnee und Matsch zum Bankett hinauf und lief sofort zum Heck des Busses. Heftiges

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