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61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: 61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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    Fünf Minuten vor fünfzehn Uhr. Genau einundsechzig Stunden bevor es passierte. Der Rechtsanwalt bog nach dem Tor ab und parkte auf dem freien Gelände. Auf dem Asphalt lagen drei Zentimeter Neuschnee, deshalb verbrachte er eine Minute damit, im Fußraum herumzufummeln, bis seine Überschuhe richtig saßen. Dann stieg er aus, schlug den Mantelkragen hoch und ging zum Besuchereingang. Aus Norden wehte ein eisiger Wind, der dicke Schneeflocken mitbrachte. Sechzig Meilen entfernt tobte ein Schneesturm. Darüber wurde im Autoradio ausführlich berichtet.
    Der Anwalt betrat das Gebäude und stampfte den Schnee von seinen Füßen. Es gab keine Warteschlange. Dies war kein regulärer Besuchstag. Vor sich hatte er nur einen leeren Raum mit dem Förderband eines Gepäckscanners und einem Metalldetektor und drei Gefängniswärtern, die untätig herumstanden. Er nickte ihnen zu, obwohl er sie nicht kannte. Aber er betrachtete sich als auf ihrer Seite stehend – und sie auf seiner. Das Gefängnis stellte eine binäre Welt dar. Man war entweder eingesperrt oder nicht. Sie waren es nicht. Er war es nicht.
    Noch nicht.
    Er nahm sich einen grauen Plastikkorb von dem wackeligen Stapel und legte seinen Mantel zusammengefaltet hinein. Er zog das Jackett aus, faltete es ebenfalls zusammen und legte es auf den Mantel. Im Gefängnis war es sehr warm. Es war billiger, etwas mehr Heizöl zu verbrennen, als für die Häftlinge zwei Garnituren Kleidung zu beschaffen, eine für den Sommer und eine für den Winter. Er konnte ihren Lärm vor sich hören, das Scheppern von Metall auf Beton, die willkürlichen verrückten Schreie und das leisere Murren anderer missvergnügter Stimmen, alle durch abzweigende Korridore und viele geschlossene Stahltüren gedämpft.
    Er holte Schlüsselbund, Geldbörse, Handy und Kleingeld aus den Hosentaschen und legte diese sauberen, warmen persönlichen Gegenstände in die Mulde, die sein Jackett bildete. Dann hob er den grauen Plastikkorb hoch, trug ihn aber nicht zum Förderband des Gepäckscanners, sondern ging damit durch den Raum zu einem kleinen in die Wand eingelassenen Fenster. Dort wartete er, bis eine Frau in Uniform ihm den Korb abnahm und ihm dafür eine Karte mit aufgedruckter Nummer gab.
    Er stellte sich vor den Metalldetektor, klopfte seine Taschen leicht ab und sah dann erwartungsvoll nach vorn, als wartete er auf eine Aufforderung. Angelerntes Verhalten eines Vielfliegers. Die Wärter ließen ihn eine Minute lang so stehen: ein kleiner, nervöser Mann in Hemdsärmeln, mit leeren Händen. Keine Aktentasche. Kein Notizbuch. Nicht mal ein Kugelschreiber. Er war nicht hier, um zu beraten. Er war hier, um Anweisungen zu erhalten. Er sollte nicht reden, sondern zuhören, und würde todsicher keine Chance bekommen, das Gehörte irgendwo niederzuschreiben.
    Ein Wärter machte ihm ein Zeichen, durch den Metalldetektor zu kommen. Grünes Licht und kein Piepston, aber der erste Wärter führte trotzdem eine Handsonde über seinen Körper, und der zweite Uniformierte tastete ihn ab. Der dritte Mann begleitete ihn tiefer in den Komplex hinein, durch Türen, die so konstruiert waren, dass sie sich nur öffnen ließen, wenn die Türen vor und hinter ihnen abgesperrt waren, um scharfe Ecken, die rennende Männer ausbremsen sollten, und an grünen Panzerglasscheiben vorbei, hinter denen wachsame Gesichter zu sehen waren.
    Mit Linoleum als Fußbodenbelag, mintgrünen Wänden und Leuchtstoffröhren an der Decke war der Vorraum behördentypisch gewesen. Und er hatte Verbindung zur Außenwelt gehabt – mit kalter Luft, die hereinwehte, wenn die Tür geöffnet wurde, und Salzflecken und Schneewasserpfützen auf dem Fußboden. Das eigentliche Gefängnis war anders. Es hatte keine Verbindung zur Außenwelt. Keinen Himmel, kein Wetter. Nirgends ein Versuch, die Räume irgendwie auszustatten. Überall nur Sichtbeton: schon speckig, wo Ärmel und Schultern ihn gestreift, noch hellgrau und staubig, wo sie’s nicht getan hatten. Wie in der Garage eines Autosammlers war der Fußboden mit rutschfester grauer Farbe gestrichen. Die Überschuhe des Anwalts quietschten darauf.
    Es gab vier Sprechzimmer. Jedes war ein fensterloser Betonwürfel, der durch eine tischhohe Barriere mit Sicherheitsglas darüber genau in der Mitte geteilt wurde. An der Decke über der Glastrennwand brannten vergitterte Glühlampen. Der Raumteiler bestand aus Beton. Die Maserung der dafür verwendeten Schalbretter war noch sichtbar. Die massive,

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