616 - Die Hoelle ist ueberall
Albert: »Wenn ein Mensch den Egoismus und das Böse hinter sich ließe, wenn ein Mensch fähig wäre zu einem aufrichtigen Akt selbstloser Güte, ohne im Gegenzug etwas dafür zu erwarten, nicht einmal die Befriedi-gung, gut zu sein, oder die Erlösung; wenn jemand, der die Wahrheit kennt, dennoch Gutes täte, dann würde Luzifer, das leiderfüllteste aller Geschöpfe, erschüttert vom Anblick des-sen, der die unendliche Verzweiflung besiegt, eine Träne ver-gießen, die dort, wo sie auf den Boden fiele, die allerschönste Blume wachsen ließe: eine rote Rose in der Farbe des Blutes. Und alles würde wieder sein wie am Anbeginn der Zeit. Gott würde an seinen angestammten Platz zurückkehren, und Luzifer, von neuem gütig, würde sich neben ihn setzen. Und nach dem Tod würde es weder eine Hölle geben noch Leid. Weder eine Hölle noch Leid.«
»Warum?«, brachte Albert erstaunt hervor. Das war die grundlegende Frage, diejenige Frage, die von größter Bedeutung war.
»Er, Luzifer, wollte immer schon erlöst werden und wieder gut sein. Doch sein Herz war zu Stein geworden. Hass und Hochmut machten es ihm unmöglich. Du hast den Panzer dieses Herzens durchbrochen, so dass es wieder atmen kann. Nun schlägt es wieder. Endlich fließt wieder Lebensflüssigkeit durch die Adern der Schöpfung. Nun gibt es wieder Hoffnung, denn es gibt wieder Gutes.«
Der laute Schrei einer jungen Ärztin des Roten Halbmonds, die sich geweigert hatte, Albert aufzugeben, als ihre Kollegen ihn für tot erklärt hatten, zog die Aufmerksamkeit aller auf sich. Alberts Herz schlug wieder, er atmete, er hatte Puls. Er war sehr schwer verletzt, doch er wirkte wie ein kräftiger Mann und würde durchkommen.
Voller Freude darüber, dass ihr gelungen war, wofür sie so lange Medizin studiert hatte, lächelte die Ärztin und sagte zu Albert, obwohl sie nicht wusste, ob er sie hören konnte: »Ei-nes Tages wirst du natürlich sterben müssen. Aber das wird nicht heute sein.«
E NDE
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