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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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weiter besprachen. Da trat einer der Zellenwärter ein und überreichte dem Arzt ein Kuvert.
    „Von wem?“
    „Von Herrn Doktor Zander.“
    „Wo ist er?“
    „Zum Tor hinaus.“
    „Warten.“
    Er öffnete das Kuvert. Es enthielt eine Karte, auf welcher folgende Zeilen zu lesen waren:
    „Geehrter Herr!
    Nachdem Sie in eine Beleidigung willigten, die ebenso unverzeihlich wie lächerlich ist, sehe ich ein, daß mir von Ihrer Seite keineswegs das Vertrauen entgegengebracht wird, ohne welches mein Wirken in Ihrer Anstalt nur schädlich anstatt heilsam sein muß. Ich halte es also für das beste, Ihnen schnellstens Gelegenheit zu geben, sich einen anderen Assistenten zu engagieren, welcher würdiger ist, an Ihrer Seite zum Wohle der Ihnen anvertrauten Unglücklichen zu wirken. Da ich in dem vorliegenden Fall eine Kündigung nicht für nötig halte, reise ich sofort ab und werde meine Effekten, welche schnell gepackt sind, abholen lassen
    Alfred Zander, Dr. med.“
    Der Irrenarzt erschrak auf das heftigste.
    „Wie lange ist er fort?“ fragte er den Wärter.
    „Seit fünf Minuten.“
    „Eile ihm nach, daß du ihn noch erwischest! Ich lasse ihn ersuchen, doch freundlichst zu mir zu kommen.“
    Der Mann entfernte sich schnell.
    „Sie sehen ja ganz erschrocken aus!“ meinte der Baron.
    „Ich bin auch wirklich erschrocken!“
    „Was schreibt er denn?“
    „Er ist fort!“
    „Nicht doch!“
    „Ja. Da, lesen Sie!“
    Der Baron überflog die Zeilen und sagte dann:
    „Ein resoluter Kerl! Der hat Rasse!“
    „Und ich habe das Nachsehen!“
    „Es wird nicht so ernstlich gemeint sein. Er wird sich von Ihrem Boten finden lassen und gern bleiben, wenn Sie eine Kleinigkeit zu seinem Gehalt legen. Die Mehrausgabe will ich tragen, da ich einmal die Schuld auf mich nehme.“
    „Täuschen Sie sich nicht! Dieser Zander hat Grundsätze. Zudem ist er so vermögend, daß er sogar sehr fein von seinen Zinsen leben kann. Er braucht also keine Anstellung.“
    „Fatal! Doch warten wir es ab!“
    Der Bote hatte aber Zander nicht getroffen, denn derselbe hatte, ahnend, daß man ihm jemand nachsenden werde, seine Schritte so beschleunigt, daß er gar nicht einzuholen gewesen war, zumal der Zellenwärter gar nicht gewußt hatte, welche Richtung er einschlagen solle.
    Zunächst begab Zander sich in ein Café, wo er gewohnt war, ungefähr um diese Tageszeit seine beiden Freunde, die Leutnants von Hagenau und von Randau, zu treffen. Besonders hatte er sich dem letzteren eng angeschlossen, und darum freute er sich, ihn bereits an seinem Tisch vorzufinden.
    Das Zimmer hatte eine sehr hervorspringende Ecke, an welcher der Ofen stand. An der anderen Ecke, also hinter dem Ofen, befand sich der Tisch, an welchem die drei Bekannten ihren Morgentrunk zu sich zu nehmen pflegten. Saßen sie einmal da, so waren sie von den anderen Tischen aus gar nicht zu sehen.
    „So früh schon da?“ fragte Randau, dem jungen Arzt die Hand entgegenstreckend.
    „Und Sie noch früher!“
    „Ich habe heute nicht Dienst; darum war ich ein wenig überpünktlich, mein Lieber.“
    Die Kellnerin kannte bereits den Geschmack des Doktors. Sie brachte ihm, nachdem er geklingelt hatte, die bereit gehaltene Portion und kehrte dann in die Küche zurück, wo sie beschäftigt war.
    „Sie kommen mir heute ein wenig verändert vor, mein bester Doktor“, bemerkte der Leutnant.
    „Inwiefern?“
    „So feierlich oder vielmehr so entschieden, als ob Sie irgend etwas Wohlüberlegtes im Schilde führten.“
    „Das ist auch in Wirklichkeit der Fall.“
    „Also erraten! Darf man neugierig sein? Oder ist es Berufsgeheimnis?“
    „Oh, Sie können es immerhin wissen. Ich beabsichtige nämlich, mich in der Residenz zu etablieren.“
    „Was Sie sagen! Sie sind ja hier kaum angetreten!“
    „So fällt mir das Abtreten um so leichter.“
    „Haben Sie sich mit Mars überworfen?“
    „So ungefähr. Wir waren in einer wichtigen Angelegenheit so verschiedener Ansicht, daß ich es für das beste hielt, in Zukunft solche Gegensätze zu vermeiden.“
    „Wann reisen Sie ab?“
    „Noch heute.“
    „Sapperlot! Das geht ja ungeheuer schnell!“
    „Ich kündige gar nicht erst.“
    „Nun, ich kann sehr zufrieden mit Ihrem Fortgehen sein. Ich werde Ihnen nachfolgen.“
    „Das wäre mir außerordentlich lieb. Aber der Dienst hält Sie. Sie sind nicht in dem Besitz einer so glücklichen und freien Selbstbestimmung wie ich.“
    „Oh, ich bin um meine Versetzung eingekommen und weiß aus

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