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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zuvorkommender Weise, zeigte aber sofort ein anderes Wesen, als Anton sich ihm als Kriminalgendarm legitimierte. Er bot ihnen Sessel an und fragte:
    „Sie kommen vielleicht in einer amtlichen Angelegenheit?“
    „Ja. Ich möchte mir eine Erkundigung gestatten. Ist gestern ein Fremder hier im Ort angekommen?“
    „Einige Herren, welche sich nach dem Schloß begaben, am Abend aber wieder abreisten.“
    „Weiter niemand?“
    „Nein.“
    „Dann merke ich, daß unsere Reise nach hier zwecklos war. Wir vermuteten nämlich, daß der Holzschnitzer Weber gestern Besuch bekommen habe.“
    „Weber? Ah! Das ist ja auch der Fall.“
    „Wirklich? Sie verneinten doch die Ankunft eines weiteren Fremden, Herr Bürgermeister.“
    „Der Betreffende ist nicht wohl als Fremder zu betrachten.“
    „Warum?“
    „Er ist Verwandter Webers.“
    „Woher?“
    „Aus Amerika.“
    „Ich pflege Amerika zur Fremde zu rechnen. Haben Sie diesen Herrn vielleicht gesehen?“
    „Nein.“
    „Aber von ihm gehört?“
    „Sogar in höchst amüsanter Weise. Gestern am Abend war ein Mann hier, welcher behauptete, daß dieser Amerikaner der entflohene Baron von Helfenstein sei.“
    „Sie untersuchten natürlich die Sache sofort?“
    „Das konnte mir nicht einfallen. Ich war benachrichtigt worden, daß der Flüchtling ergriffen worden sei. Die wahnsinnige Idee dieses Doktor Zander konnte mich nicht irremachen.“
    „Doktor Zander? Gibt es hier einen Herrn dieses Namens?“
    „Nein. Er war aus der Residenz und nur auf Besuch anwesend.“
    „Ah! Ich sage Ihnen, daß ich diesen Herrn gut kenne, und daß er nicht die Gewohnheit hat, wahnsinnige Ideen zu besitzen. Hoffentlich befindet sich der betreffende Amerikaner noch bei seinen Verwandten?“
    „Auf alle Fälle.“
    „Ich werde ein Wort mit ihm zu sprechen haben und ersuche Sie höflichst, mir Ihre Polizeiorgane zur Verfügung zu stellen.“
    „Wie? Was? Sie denken doch nicht etwa –“
    „Daß dieser Doktor Zander recht gehabt habe? Das ist sehr leicht möglich. Wie wäre es wohl anzufangen, um den Holzschnitzer Weber einmal unbemerkt zu sprechen?“
    „Wenn Sie es wünschen, lasse ich ihn zitieren.“
    „Ist dies möglich, ohne daß es seinem Gaste auffällt?“
    „Ich lasse ihm sagen, daß es sich um eine Holzschnitzerei für den Rathaussaal handelt.“
    „Das mag passieren. Versuchen wir es!“
    Der Amerikaner hatte ein kleines Oberstübchen als Aufenthalt bekommen. Dort befand er sich, als Weber geholt wurde. Er erfuhr also gar nicht, daß dieser sich nach dem Rathaus zu verfügen hatte.
    Weber erwartete wirklich, einen Arbeitsauftrag von dem Bürgermeister zu erhalten. Daher war er nicht wenig erstaunt, bei seinem Eintritt seinen Gevatter Hendschel zu sehen.
    Dieser kam sogleich auf ihn zu, begrüßte ihn und sagte:
    „Ich bringe dir diesen Herrn, welcher einmal mit dir sprechen möchte. Er ist ein Kriminalpolizist aus der Residenz.“
    Weber erschrak.
    „Kriminalpolizist?“ sagte er. „Ich wüßte nicht, was mich zur Kriminalpolizei in Beziehung bringen könnte.“
    „Beruhigen Sie sich!“ meinte Anton. „Ich komme keineswegs in feindseliger Absicht zu Ihnen. Ich möchte Sie vielmehr vor großem Schaden bewahren. Sie haben gestern Besuch erhalten, wie ich höre?“
    „Ja.“
    „Wer ist dieser Herr?“
    „Mein Neffe aus Amerika.“
    „Hm! Haben Sie ihn früher gesehen?“
    „Nein.“
    „Ist er in alle Ihre Familiengeheimnisse eingeweiht?“
    „Ja. Es gibt da übrigens nichts Besonderes zu wissen.“
    „Wo befindet er sich jetzt?“
    „In seinem Stübchen, eine Treppe hoch.“
    „Wird er bei Ihnen mit zu Mittag essen?“
    „Ja.“
    „Wann wird das sein?“
    „Halb ein Uhr.“
    „Schön. Können Sie verschwiegen sein?“
    „O gewiß.“
    „Nun, so haben Sie die Güte, Ihrem Neffen nicht zu sagen, daß Sie hier gewesen sind und daß von ihm die Rede gewesen ist. Es handelt sich nämlich um eine Überraschung für ihn, die Sie ihm verderben würden, wenn Sie plauderten. Er soll nämlich mit einem guten Bekannten zusammentreffen, ohne daß er es vermutet.“
    „Ich werde schweigen.“
    „Auch den Ihrigen sagen Sie nichts, überhaupt soll kein Mensch vorher etwas erfahren. Während Sie zu Mittag essen, wird ein Handwerksbursche anklopfen und um ein wenig Essen bitten. Sie laden ihn ein, sich mit an den Tisch zu setzen; das ist alles, was Sie zu tun haben. Jetzt können Sie sich wieder entfernen.“
    Der Holzschnitzer gab dem Köhler die Hand und

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