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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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als sie seine Tränen auf ihr Haupt tropfen fühlte, da zog sie ihr Taschentuch, um sie ihm schmeichelnd abzutrocknen.
    „Nicht wahr, auf sie bist du stolz?“ fragte sie.
    „Du und sie, ihr beide seid die herrlichsten Wesen, welche ich kenne. Weiß sie, wer ich bin?“
    „Das weiß ich nicht.“
    „Und Baron Franz, der Mörder?“
    „Auch von ihm kann ich es nicht sagen. Ich weiß nur, daß der Fürst das Geheimnis kennt und es morgen den Eltern mitteilen will.“
    „Wie aber ist es gekommen, daß du es erraten konntest?“
    Sie teilte ihm mit, was nach seiner Entfernung gesprochen worden war. Jedes Wort erfüllt ihn mit Entzücken. Er merkte ja, daß er ihren Eltern auch als Bertram willkommen gewesen wäre. Endlich sagte sie:
    „Jetzt möchte ich wissen, ob der Fürst dir vorher Mitteilung machen wird.“
    „Natürlich.“
    „Oh, er kann auch dich mit uns überraschen wollen!“
    Da überkam ihn ein fürchterlicher Gedanke:
    „Wie nun, Fanny, wenn du dich irrtest.“
    „Worin?“
    „Daß ich es bin, von dem er sprach.“
    „Da ist ein Irrtum unmöglich. Ich habe dir seine Rede wörtlich erzählt. Zweifelst du etwa?“
    „Nein.“
    „Ich auch nicht, zumal der Name mit deinem Medaillon ganz genau stimmt. Nun aber ist meinem Herzenswunsch Genüge geschehen; ich habe dir mitgeteilt, was ich hörte. Bitte aber, verrate mich nicht.“
    „O gewiß nicht! Bist du zu mir gefahren?“
    „Mit Droschke. Ich werde aber nicht zurückfahren, sondern lieber gehen, denn an deinem – aber ich will dich doch nicht gar zu stolz machen!“
    „Bitte, sprich weiter!“
    „An deinem Arm geht es sich wie im Paradies. Wirst du mich nach Hause begleiten?“
    „Wie kannst du fragen! Ich würde mit dir bis ans Ende der Welt gehen und noch weiter, durch das Fegefeuer und durch die Hölle.“
    „Puh! Das wollen wir nicht. Komm, nicht so führen, als ob du eine alte, häßliche Gouvernante zur Tafel führtest! Lege den Arm um mich, Geliebter! So! Und nun Hand in Hand so weiter und durch das Leben!“ –
    Am andern Vormittage kam der Fürst zum Untersuchungsrichter, welcher ihn erwartete. Das Verhörzimmer lag drei Treppen hoch im Amtsgebäude. Die Fenster standen wegen der Tageswärme offen. Sie waren nicht vergittert. Man hatte wegen der hohen Lage des Lokals diese Vorrichtung nicht für nötig gehalten, da es jedenfalls keinem der Gefangenen einfiel, einen Sprung hinab zu wagen, er hätte denn wahnsinnig sein müssen.
    „Sind die Akten über Robert Bertram geschlossen?“ fragte der Fürst.
    „Noch nicht. Es erübrigt noch eine Konfrontation des Barons Franz mit dem alten Schmied. Der erstere will noch nicht gestehen. Es ist dies der letzte Versuch. Gesteht er auch heute nicht, so tut dies der Sache keinen Eintrag, da das Beweismaterial geradezu erdrückend ist. Ich habe nur die Frage, ob Sie sich vielleicht mit ihrer ursprünglichen Gestalt als Gustav Brandt zeigen möchten.“
    „Dem Schmied?“
    „Nein. Der hat Sie ja bereits gesehen. Ich meine vielmehr dem Baron.“
    „Wie Sie wünschen.“
    „Danke! Dann aber nicht sogleich beim Anfang des Verhörs, sondern im Verlauf desselben, wenn der Inkulpat zu leugnen fortfährt. Ich werde Ihnen das Zeichen durch einen Wink erteilen.“
    „So erlauben Sie mir, erst ins Nebenzimmer zu gehen, um meine Vorbereitungen zu treffen.“
    Er tat dies, und dann, als er Platz genommen hatte, wurde der Schmied vorgeführt.
    Der alte Mann war sehr zusammengefallen, machte aber noch immer den Eindruck eines trotzigen, kräftigen Willens und einer nachhaltigen Entschlossenheit.
    „Ich habe Sie kommen lassen“, sagte der Richter, „um Sie noch einmal über den kleinen Robert von Helfenstein zu vernehmen. Bleiben Sie bei Ihren Geständnissen?“
    „Ja.“
    „So hören Sie! Ich werde Ihnen das Protokoll noch einmal vorlesen.“
    Der Schmied hörte aufmerksam und in Ruhe zu. Dann wurde er gefragt:
    „Wünschen Sie eine Abänderung oder eine Hinzufügung?“
    „Nein. Es ist so richtig und gut.“
    „Sie haben das Feuer allein angelegt?“
    „Ja.“
    „Auch das Kind der Botenfrau allein aus dem Grab geholt?“
    „Ja.“
    „Und den kleinen Robert allein geraubt und auch allein nach der Residenz geschafft?“
    „Ganz allein.“
    „Ihr Sohn hat nichts davon gewußt?“
    „Kein Wort.“
    „Ihre Frau auch nicht?“
    „Der hätte ich noch viel weniger etwas gesagt.“
    Der Richter musterte ihn mit einem teilnehmenden Blick. Dann sagte er nicht unfreundlich:
    „Wolf, wir

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