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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unvergleichliche Mädchen kam zu ihm, nach Mitternacht! Wie lieb mußte sie ihn haben. Er seufzte tief, tief auf. Sie hörte es und fragte:
    „Ist dir dein Herz so schwer?“
    „Nein, meine Fanny. Es ist so voller Glück, daß ich nicht weiß, wohin. Oh, wenn so ein Mädchen wüßte, welche Seligkeiten ihre Liebe über unser Leben ergießt!“
    „Ist das wirklich so, Robert?“
    „Gewiß, gewiß!“
    „Und ich dachte, du seist recht betrübt.“
    „Weshalb sollte ich es sein?“
    „Wegen Papa.“
    „Oh, der macht mir keine Sorge. Ich werde danach streben, deiner wert zu sein. Dein Papa ist vorurteilslos und wird dich nicht unglücklich machen. Aber hat dein Kommen nur diesen einen Grund, nämlich zu erfahren, ob ich betrübt bin oder nicht?“
    „Nein. Es gibt noch einen viel gewichtigeren. Bist du drüben beim Fürsten gut bekannt?“
    „Ja.“
    „Kennst du alle, die sich bei ihm befinden?“
    „Alle, vom Ersten bis zum Letzten.“
    „Aber es könnte doch jemand heimlich bei ihm wohnen!“
    „Nein. Ich wüßte es sicher. Ich habe es auch gewußt, als die Baronin Ella von Helfenstein bei ihm wohnte.“
    „So sage mir, ob nicht vielleicht ein junger Mann sich bei ihm befindet, der seinen Eltern verlorengegangen ist?“
    „Nein.“
    „Der in irgendeiner Erziehungsanstalt gewesen ist?“
    „Nein. So einer wohnt nicht drüben.“
    „Auch nicht hüben?“
    „Nein.“
    „Gewiß nicht? Bitte, denke genau nach!“
    „Ich kenne jeden Winkel des Palastes drüben und auch unseres Hauses hüben. Den Eltern verlorengegangen, in einer Erziehungsanstalt gewesen? Da gibt es wirklich keinen, außer ich müßte gemeint sein. Das Findelhaus ist ja auch Erziehungsanstalt.“
    Er fühlte, daß sie seinen Arm an sich drückte.
    „Du kennst deine Eltern also nicht?“ fragte sie.
    „Nein. Ich weiß nicht, wer sie sind.“
    „Du hast auch keine Ahnung?“
    „Nein. Freilich, wenn ich sanguinisch sein wollte, könnte ich mir einbilden, von Adel zu sein.“
    „Ach! Warum?“
    „Es wurde eine Kette bei mir gefunden mit einem Medaillon. Auf diesem befand sich eine Freiherrnkrone –“
    „Mein Gott! Ist's wahr?“ fragte sie hastig.
    „Ja.“
    „Weiter nichts? Kein Name?“
    „Nur die Anfangsbuchstaben R.v.H.“
    Da blieb sie stehen und drückte ihm ihre Fingerchen vor freudigem Schreck so in den Arm, daß es ihm weh tat.
    „Ist das wirklich wahr? Irrst du dich nicht?“
    „Nein. Es ist kein Irrtum möglich.“
    „Du hast die Kette noch?“
    „Ja. Der Fürst hat sie in Verwahrung.“
    „Also so, also so!“ nickte sie vor sich hin.
    „Weißt du, das ist die Kette, von welcher ich dir erzählte, daß ich sie bei dem Juden Salomon Levi versetzt gehabt habe. Als ich sie einlöste, war aus dem ‚v‘ ein ‚u‘ geworden. Der Fürst wollte untersuchen, was da wohl zugrunde liege, hat mir aber noch nichts mitgeteilt. Er wird es nicht haben entdecken können.“
    „O doch! Er hat alles entdeckt; er weiß alles, alles. Er kennt deine Eltern, deine Geschwister, deine ganzen Verhältnisse.“
    „Ah! Warum sagt er es nicht?“
    „Er wird seine guten Gründe gehabt haben, bis jetzt darüber zu schweigen. Morgen aber will er es dir sagen.“
    „Morgen! Herr mein Gott! Ist das wahr? Ich soll meine Eltern kennenlernen, meine Abstammung?“
    Er blieb stehen und faltete die Hände ineinander.
    „Ja, das wirst du erfahren.“
    „Was werde ich hören müssen. Jetzt habe ich mich an die Vorstellung gewöhnt, ein Findelkind zu sein. Was aber wird nun kommen!“
    „Ich weiß es, lieber Robert.“
    „Du? Du solltest es wissen?“
    „Ja, der Fürst hat sich verraten.“
    „Ah! Ist es schlimm? Ist es bös?“
    „O nein, nein, sondern sehr gut.“
    „Gott sei Dank!“ sagte er, tief aufatmend. „Meinst du, daß ich bis morgen warten soll, oder willst du es mir jetzt schon sagen?“
    „Natürlich jetzt gleich! Ich habe mich ja deshalb von daheim fortgeschlichen. Es war so wichtig, daß alle Bedenken schwanden. Ich konnte dir diese Nachricht nicht zeitig genug bringen. Also höre: Dein Vater –“
    „O bitte, bitte!“ fiel er ihr in die Rede. „Warte noch einen Augenblick.“
    Er lehnte sich an das eiserne Zaungitter, an welchem sie standen, als ob er der Stütze bedürfe. Sie sah nicht, was er tat, aber ihr Herz sagte ihr, daß er bete. So verging eine Weile; dann frage er stockend:
    „Jetzt erst das eine: Sind meine Eltern ehrliche Leute?“
    „Ja, o gewiß, gewiß!“
    „Gott sei Lob und Dank! Nun mag der

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