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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erraten Sie! Aber Sie sind derjenige, welcher offen und ehrlich gesteht, und so will ich das Verhör nicht mit jener Strenge unternehmen, welche mir sonst leicht sein würde.“
    „Ich danke Ihnen! Darf ich fragen, wie mein Sohn sich befindet?“
    „Er ist wohlauf. Bis jetzt haben wir kein Material gegen ihn. Daß er damals mit Ihnen beim Baron gewesen ist, wird man ihm hingehen lassen müssen, da er nicht gesprochen hat und auch nicht gezwungen werden konnte, seinen Vater zu verraten. Sein Schicksal braucht Sie nicht zu beunruhigen. Es steht zu erwarten, daß er fast ganz straflos ausgeht.“
    Der Alte seufzte tief und erleichtert auf, warf einen dankbaren Blick auf den Sprecher und sagte:
    „Ihre Worte sind mir die größte Wohltat in meinem selbstverschuldeten Unglück. Wem ich diese Milde eigentlich verdanke, das weiß ich. Ich habe Herrn Brandt ins Unglück gebracht, darum rettete ich ihn während des Transports. Das will er mir nicht vergessen, mir alten Halunken. Er hat als Fürst des Elends mehrere Male den Versuch gemacht, mich zu retten, ich bin aber immer wieder ins Unglück hineingetölpelt. Ich weiß, daß ich nicht mehr lange leben werde. Ich fühle es deutlich. Sollte ich noch hier bei Ihnen sterben, so grüßen Sie mir meinen Sohn und bringen Sie ihm meine letzte Bitte, daß er fortan als ehrlicher Mensch leben möge! Und nun zuletzt die Frage: Werde ich denn nicht einmal dem Hauptmann gegenübergestellt?“
    „Das soll eben jetzt geschehen. Fürchten Sie sich vielleicht vor ihm?“
    „Ich? Vor ihm? Ah! Fürchtet sich der Teufel vor dem Beelzebub? Er mag kommen!“
    Der Untersuchungsrichter klingelte und befahl, den Baron Franz von Helfenstein vorzuführen.
    Während der jetzt entstehenden Pause schweifte das Auge des Schmiedes nach den offenen Fenstern hin; seine Lippen preßten sich zusammen und über seine wetterharten Züge ging ein wildes, trotziges Leuchten.
    Da trat der Baron ein.
    Er sah geschwächt aus, aber auf seinem Gesicht lag ein höhnisches, schadenfrohes Lächeln. Er war gefesselt, und zwar in der Art, daß ihm die Hände auf dem Rücken zusammengebunden waren. Man hatte ihn gewöhnlich vorn gefesselt, aber da hatte er die Möglichkeit, die Arme erheben zu können, zu allerlei Widersetzlichkeiten gebraucht. Seitdem legte man ihm die Hände auf den Rücken.
    Er sah den Schmied mit keinem Blicke an, dem Fürsten aber stierte er mit teuflischem Grinsen ins Gesicht.
    „Treten Sie näher!“ befahl der Untersuchungsrichter.
    Er gehorchte nicht.
    „Ich sagte, daß Sie nähertreten sollen.“
    Er blieb stehen. Da faßte der Beamte nach der Glocke und sagte in drohendem Ton:
    „Ich habe Sie ohne Wächter eintreten lassen, um doch auf dem Stand, welchem Sie angehörten, möglichst Rücksicht zu nehmen. Gehorchen Sie mir aber nicht, so werde ich von der mir zustehenden Disziplinargewalt Gebrauch machen. Ich rufe den Wächter und lassen Ihnen bei jeder Weigerung, mir Gehorsam zu leisten, einige Hiebe aufzählen.“
    „Wagen Sie es!“ knirschte er.
    „Pah! Ich wage nichts. Ich habe das Recht dazu.“
    „Denken Sie, ich wisse nicht, daß das verboten ist.“
    „Im allgemeinen, ja. Ihr Verhalten aber hat mich veranlaßt, höheren Ortes um Instruktion und Vollmacht zu bitten. Ich darf Sie prügeln lassen, so oft es mir gefällt. Treten Sie näher!“
    Jetzt trat er hart an den Tisch heran.
    „Ich habe Sie heute nur über den verschwundenen kleinen Robert von Helfenstein zu vernehmen. Sie haben bisher geleugnet. Sind Sie vielleicht bereit, der Wahrheit die Ehre zu geben?“
    „Ja; das habe ich bereits getan. Ich habe die Wahrheit gesagt. Erfindungen und Lügen können Sie nicht verlangen.“
    „Nun gut. Hier steht der Schmied Wolf als Zeuge und Mitschuldiger. Ich werde Ihnen vorlesen, was er als offenes Geständnis hier niedergelegt hat.“
    „Ich brauche nichts zu hören. Er erfindet, um mich zu verderben. Warum weiß nur er von dem Raub des Kindes und von der Leiche des Knaben der Botenfrau?“
    „Oh, es gibt noch andere Zeugen!“
    „Haha! Wen denn?“
    „Zum Beispiel hier, Durchlaucht haben das Grab untersucht und leer gefunden.“
    „Pah, dieser Mensch ist mein Spezialfeind und lügt nur, um mich auf das Schafott zu bringen. Er hat einen förmlichen Roman gesponnen. Er mag mir Zeugen bringen. Was soll ich da früher alles getan haben! Bringt mir den einzigen, der mir gewachsen wäre, nämlich jenen Gustav Brandt, den Mörder! Aber Ihr wißt und findet ihn nicht. Er fürchtet

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