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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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es besonders? Darf ich vielleicht erraten, daß dieser Wunsch aus dem Herzen kommt?“
    Fanny warf sich der Freundin in die Arme und sagte, in dem schnelle Tränen ihre Augen füllten:
    „Was auch kommen möge, nicht wahr, Sie werden mir Ihre Freundschaft stets bewahren?“
    „Oh, liebes Kind, nicht nur die Freundschaft, sondern meine Liebe. Lassen Sie uns Schwestern sein!“
    Als nun jetzt der Fürst mit Robert eintrat, standen die beiden Damen nebeneinander, die dunkel glühende Nacht des Südens und der helle, goldene Sonnenstrahl. Es gab eine eher herzliche als freundliche Begrüßung, und dann trat der Oberst ein.
    „Aber, Durchlaucht“, scherzte er. „Jetzt ist doch von einem Mittagessen, zu welchem Sie geladen sind, noch keine Rede. Es sind noch zwei Stunden bis dahin.“
    „So warten wir. Die Damen werden dafür sorgen, daß wir nicht die Minuten zählen.“
    „So werde ich sogleich auch meine Frau rufen. Die paßt dazu ganz vortrefflich, da sie gar nicht zählen kann.“
    Bald saß man in traulichem Gespräch beisammen. Aber dem Oberst dauerte es zu lange, ehe die Entwicklung begann. Er rückte auf seinem Sitz hin und her und wagte es endlich sogar, den Fürsten zu erinnern:
    „Durchlaucht, bitte, bitte!“
    „Was, bester Oberst?“
    „Na, tun Sie nur nicht, als ob Sie es nicht wüßten. Ich meine Ihr Versprechen.“
    „Von wegen dem jungen Baron Robert von –?“
    „Ja. Aber, bitte, ist Fräulein von Helfenstein in das Geheimnis eingeweiht?“
    „Ja. Ich habe heute morgen die Ehre gehabt, mit ihr zu sprechen. Es handelt sich vorerst aber darum, unsern Herrn Bertram vorzubereiten.“
    Bertram blickte lächelnd zu ihm auf. Der Fürst fuhr fort:
    „Es hat sich nämlich herausgestellt, daß Fräulein Fanny zwei Anbeter hat.“
    Robert nickte sehr vergnügt. Darum fragte der Fürst:
    „Das scheint Ihnen gar nicht sonderbar vorzukommen?“
    „Ganz und gar nicht! Es sollte mich überhaupt wundern, wenn sie nur von Zweien angebetet würde!“
    „Ach so! Ich spreche aber nämlich von zwei bevorzugten Anbetern. Der eine sind nämlich Sie, und der andere ist ein gewisser Baron Robert von Helfenstein.“
    „Oh weh!“ lachte Robert.
    „Eine Klage? Und dazu lachen Sie?“
    „Ich kenne auch keinen Grund zum Weinen. Er müßte erst später kommen.“
    „Das dürfte sehr leicht möglich sein. Der Herr Oberst wünscht nämlich, daß Fräulein Fanny heute, jetzt zwischen diesen Zweien entscheide.“
    „Ah! Hat das solche Eile?“
    „Aus gewissen Gründen, ja. Sie sind jetzt hier, um Ihr Urteil zu empfangen. Wollen Sie sich vielleicht an die Dame wenden?“
    Jetzt zwang Robert sich zu einem ernsthaften Gesicht und antwortete dem Fürsten:
    „Ich darf natürlich Herrn von Hellenbach nicht fragen, was ihn zu einem solchen Verhalten drängt, und ebensowenig möchte ich mir mein Schicksal selbst erfragen. Da überhaupt gesagt worden ist, daß eine Entscheidung stattfinden soll, so ist diese Entscheidung also möglich. Wo aber eine Entscheidung möglich ist, da ist das Herz zwischen zweien geteilt. Ich aber verlange ein ganzes, volles, ungeteiltes Herz, und darum verzichte ich überhaupt – Fräulein Fanny, heiraten Sie den genannten Baron Robert von Helfenstein!“
    Jetzt blickten die anderen gespannt auf das reizende Mädchen. Diese zuckte wie bedauernd oder gar verächtlich die Achseln und antwortete:
    „Ich glaube, Herr Bertram, daß Sie sich in mir geirrt haben. Sie sind mir einige Male sehr nützlich gewesen; das gibt Ihnen aber noch lange kein Recht, auf Etwas meinerseits zu rechnen, was mehr als Dankbarkeit sein würde. Sie sind zwar Dichter, aber doch von bürgerlichem Herkommen, während ich mich Baronesse nennen darf und mein Vater überdies Oberst, also Stabsoffizier, ist. Die Erwartungen, welche Sie, wie es scheint, bisher gehegt haben, sind mehr als kühn zu nennen und konnten unmöglich in Erfüllung gehen. Wenn also vorhin von einer Wahl die Rede war, so ist dies ein ganz unpassender Ausdruck gewesen. Ich habe nicht zu wählen, wenigstens nicht zwischen Ihnen und einem anderen. Der andere steht mit mir auf derselben gesellschaftlichen Stufe, und so versteht es sich ja ganz von selbst, da es seitens meiner Eltern wirklich so dringend gewünscht wird, daß ich die Frau eines Mannes sein soll.“
    Diese Worte erregten allseitige Bestürzung.
    „Fanny!“ sagte die Oberstin. „Ich begreife dich nicht! Das ist ja hart; das ist sogar gefühllos!“
    Und ihr Vater meinte

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