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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mir?“
    Das war keine Koketterie, um irgendeine Schmeichelei zu hören. Sie blickte ihn dabei so ernst, fast traurig an, daß eine Frivolität ganz undenkbar war.
    „Weil es hier keine andere gibt, welche ich engagieren möchte“, antwortete er. „Sie haben da eine Nelke an der Brust, Fräulein Werner. Ich bin ein so großer Nelkenfreund, und doch kommt unsereiner so selten dazu, an Blumen zu denken; ich – ich –“
    Er brachte die Bitte aber doch nicht ganz hervor; sie aber nahm die Blume von der Brust und sagte:
    „Sie wollen sie gern haben? Hier ist sie, Herr Hauck!“
    „Aber Sie trennen sich nur ungern von ihr?“
    „Nein. Ihnen gebe ich sie gern.“
    „Warum mir? Ich will einmal geradeso fragen, wie Sie vorhin.“
    „Nun, weil hier kein zweiter ist, dem ich sie geben möchte. Sie sehen, daß ich genauso antworte wie Sie.“
    Ein leises Lächeln spielte dabei um ihre Lippen. Er bemerkte das und sagte:
    „So sollten Sie öfters lächeln, immer, immer. Sie aber scheinen stets ernst zu sein.“
    „Ich habe alle Ursache dazu, für mein Leben lang dem Lachen zu entsagen. Bitte, wir sind an der Reihe.“
    Sie gab ihm den Arm, und sie tanzten weiter. Dann führte er sie dem Vater zu und kehrte zum Orchester zurück. Dort saß er still und in sich gekehrt. Er kannte Werner, aber er kannte nicht das Schicksal Lauras. Er hatte ganz zufälligerweise nichts davon gehört. Was hatten die traurigen Worte zu bedeuten:
    „Ich habe alle Ursache dazu, für mein Leben lang dem Lachen zu entsagen?“
    Da fiel sein Blick auf die Zofe und auf Jette, welche so eifrig miteinander sprachen. Er dachte jetzt plötzlich an die Worte:
    „Ja, denken Sie sich diese Werner-Tochter im Gefängnis!“
    Es durchzuckte ihn ein plötzlicher Gedanke. Wer war da gemeint? Eine von Werners Töchtern? Etwa gar diese ernste, gute Laura? Waren diese Worte nur zufällig; hatten sie mit Werners Anwesenheit nichts zu schaffen?
    Aber da bemerkte Hauck die öfteren zornigen, haßerfüllten Blicke, welche die beiden Mädchen nach der offenen Tür warfen. Da gab es keinen Zufall. Wovon sprachen sie? Was meinten sie?
    Er hielt selbst während der Musik die Augen mehr auf die Sprecherinnen, als auf die Noten geheftet. Er sah Hulda aufstehen und zu Mehnert treten, den er aber auch nicht kannte. Es wurden Worte gewechselt. Mehnert ging, Hulda auch; vorher aber warf sie jenen Blick auf die dicke Jette, und der fiel dem Paukenschläger besonders auf.
    Er fühlte sich außerordentlich besorgt. Es war ihm, als ob etwas geschehen sollte, was er zu verhüten suchen müsse. Aber er wußte nicht, wie er dieses letztere anzufangen habe. Später trat Mehnert wieder ein. Auch die Zofe kehrte zurück. Beide sprachen miteinander. Er gab ihr etwas, was sie betrachtete. Dann winkte sie der dicken Apothekerstochter und verließ mit ihr den Saal. Sie hatte etwas bei sich getragen, irgendeinen nicht sehr großen Gegenstand, leicht in das Konzerttuch eingeschlagen. Zu welchem Zwecke? Warum hielt sie es umwickelt, also verborgen? Und bevor die beiden den Saal verließen, schweiften ihre Blicke noch drohend nach dem offenen Nebenzimmer. Hauck sah dies ganz deutlich. Es litt ihn nicht länger auf seinem Platz.
    „Du, nimm die Pauken doch noch einmal“, sagte er zu dem dritten Violinisten.
    Er verließ eiligst den Saal, um die beiden Mädchen zu beobachten. Er kam noch zeitig genug, sie im Schein der Gaslaterne hinter der nächsten Ecke verschwinden zu sehen und eilte ihnen nach mit dem Vorsatz, ihnen zu folgen, wohin sie auch gehen würden. –
    Mehnert hatte natürlich der Zofe die beiden bestellten Ringe gebracht. Als sie sich dann mit Jette entfernte, ahnte sie nicht, daß sie einen Beobachter hinter sich habe, der sich vorsichtig im Schatten der Häuser hielt und so leise wie möglich auftrat.
    Beide erreichten diejenige Seite des Altmarkts, an welcher das Palais Helfenstein lag; unweit davon der schon bekannte Brunnen mit der Steineinfassung.
    „Es gibt kein einziges Licht da oben“, sagte Hulda.
    „Also ist niemand da.“
    „Vielleicht aber befindet sich jemand in einem nach hinten hinaus liegenden Zimmer.“
    „Nein. Ich kenne die Verhältnisse zu genau. Kommen Sie dort um die Ecke. Da ist das Pförtchen.“
    „Wollen Sie nicht lieber allein –?“
    „Fällt mir nicht ein! Was wir zusammen besprochen haben, wollen wir auch miteinander ausführen!“
    Sie zog die Zaudernde mit sich fort um die Ecke. Hauck folgte langsam und vorsichtig nach. Als er um

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