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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Vogelschießreimen und paß lieber auf die Noten auf, wenn du die Pauken nimmst. Ich will sie dir anvertrauen.“
    „Und ich will dir den Walzer bestellen. Falle nur nicht hin mit der – lautlosen Verzichtsleiste!“
    Hauck verließ das Orchester. Gerade als er an dem Tisch vorüberkam, an welchem die Zofe mit der Jette saß, hörte er die erstere sagen:
    „Ja; denken Sie sich diese Werner-Tochter im Gefängnis!“
    Das war nur Zufall, und er dachte sich auch gar nichts dabei. Als er an die offene Tür kam, erblickte er die im Zimmer sitzende Gesellschaft. Werner saß ihm mit dem Gesicht entgegen und erkannte ihn sofort.
    „Herr Hauck! Guten Abend!“ grüßte er, ihm die Hand entgegenstreckend. „Wollen wir nicht wieder einmal so einen Streich ausführen?“
    „Wie, welchen?“
    „Nun, wie damals auf dem Bellevue, wo Sie die Dame machten?“
    Die Anwesenden lachten. Sie kannten ja alle den Streich, so wie die ganze Stadt ihn kannte. Auch die drei Mädchen hatten von ihm gehört und betrachteten sich neugierig den jungen Mann, welcher der Held jenes Scherzes gewesen war.
    Hauck sah die dunklen, großen Augen Lauras auf sich gerichtet und errötete wie ein Kind.
    „Hier sind meine Töchter, und hier ist Herr und Fräulein Landrock“, stellte Werner die Genannten vor.
    Daß das hübsche Mädchen Werners Tochter sei, das überbrachte ihn so, daß er unvorsichtig äußerte:
    „Was! Ihre Tochter ist sie?“
    „Ja, meine Tochter ist sie!“
    Jetzt bekam das gute, aufrichtige Gesicht des Paukenschlägers einen ganz unbeschreiblichen Ausdruck, welcher unwillkürlich zum Lachen reizte. Doch er erlangte sehr schnell seine Fassung wieder und antwortete, indem er auf Laura zeigte:
    „Diese Dame meinte ich.“
    „Laura? Was ist mit ihr?“
    „Ich sah sie vom Orchester aus sitzen. Ich kenne alle Damen, welche hier verkehren, sie aber kannte ich noch nicht. Darum fiel sie mir auf, und darum – darum –“
    „Darum kamen Sie, um zu erfahren, wer sie ist?“ fiel ihr Vater ein.
    „Ja“, antwortete er aufrichtig.
    „Da ist's ein wahres Glück, daß ich es wußte und es Ihnen gleich sagen konnte?“
    „Gewiß! Aber es ist auch noch ein anderes Glück dabei.“
    „Welches?“
    „Nun, der Musikdirektor will jetzt einen Walzer anfangen, von dem er wissen möchte, ob er sich gut tanzt oder nicht. Ich soll das probieren. Allein tanzen, das geht doch nicht, und da könnten Sie mir mit Ihren väterlichen Ratschlägen beistehen.“
    „Ich? Ich bin doch ihr Vater nicht!“
    „Aber der Vater derjenigen, welche diejenige ist, die mit demjenigen – verstanden?“
    „Jetzt, ja. Welche verlangen Sie denn?“
    „Fräulein Laura, wenn Sie erlauben.“
    „Gern. Greifen Sie zu!“
    Das Mädchen sah den jungen Mann mit einem eigentümlichen Blick an. War das Angst oder Dank, der aus diesen dunklen Augen leuchtete?
    Der Violinist hatte den Walzer erwähnt, und als Hauck nun winkte, begann der Reigen.
    Er war Musikus, hatte aber selbst erst außerordentlich wenig getanzt. Bei seinem freisinnigen Wesen war es ihm noch nicht passiert, daß sein Herz ernstlich gefangen gewesen wäre. Jetzt aber war es ihm ganz unbeschreiblich zumute. Es war ihm, als ob er etwas unendlich Kostbares in seinen Armen halte. Und dann, als er mit ihr Solo stand, dachte er wohl daran, daß er sich jetzt mit ihr unterhalten müsse, aber ihm, der sonst so voll bunter Raupen steckte, wollte grad jetzt nichts einfallen. Endlich aber fragte er doch:
    „Sie sind wohl wenig hier?“
    „Ich war noch gar nicht da“, antwortete sie.
    „So gehen Sie anderwärts zum Tanz?“
    „Nein. Ich tanze nie!“
    „Ach! Wie schade!“
    Das klang so aufrichtig, daß sie fragend emporblickte.
    „Ich meine, es wäre so schön, wenn man Sie öfter hier sehen könnte“, erklärte er.
    „Wem könnte daran liegen!“ sagte sie trübe.
    „Mir!“
    Er erschrak, als er dieses sein eigenes Wort hörte. Er hatte es zurückhalten wollen, aber es war ihm zu schnell entschlüpft. Es kam ihm aus dem Herzen.
    „Ihnen?“ fragte sie, ihm ernst ins Gesicht blickend. „Das sagen Sie natürlich aus Höflichkeit.“
    „Nein, nein!“ antwortete er rasch.
    „Oh, Sie kennen den Vater und haben es für eine Aufmerksamkeit gehalten, mit einer seiner Töchter zu tanzen.“
    „Das denken Sie ja nicht. Mit solchen Aufmerksamkeiten gebe ich mich nicht ab. Ich tue nur das, was ich überhaupt gern tue, und diesen Walzer wollte ich eben so sehr gerne mit Ihnen tanzen.“
    „Warum mit

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