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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Ecke trat, sah er niemand. Er horchte. Auch zu hören war kein Mensch. Sollten die beiden Mädchen hier so schnell gelaufen sein, fragte er sich. Er eilte indessen rasch weiter, bis zur nächsten Ecke, um zu lauschen. Es war niemand zu hören und zu sehen.
    „Sie sind nicht hierher“, sagte er sich. „Also zurück!“
    Er kam bis wieder fast an die Ecke. Da bemerkte er das Pförtchen, welches ihm vorhin entgangen war.
    „Sollten sie da hinein gegangen sein?“ fragte er sich. „Das wäre romantisch! Ins Palais des Hauptmanns! Zwei Mädchen ganz allein in dieses große, finstere, berüchtigte Gebäude! Nein, das glaube ich doch nicht!“
    Er begab sich langsam und sinnend nach der Vorderfront und musterte die Fenster.
    „Teufel!“ brummte er. „War das nicht ein blitzschneller Lichtschein? Oder hätte ich mich geirrt?“
    Er hielt das Auge scharf auf die Fensterreihen gerichtet, und die Beobachtung wiederholte sich.
    „Es ist richtig! Es ist, als ob jemand da oben mit einer Blendlaterne sei, die nur von Zeit zu Zeit ein Haarbreit geöffnet werde. Aber ich kann mich auch täuschen. Wenn man so starr nach einem Punkt sieht, dann gehen einem die Augen über. Es wird am klügsten sein, ich bewache das Pförtchen. Gegenüber ist ein Torweg, welcher Raum und Dunkel genug bietet. Die Pauken mögen auf mich warten.“
    Er hatte ziemlich lange da gesteckt, da hörte er einen Schlüssel klirren; die Pforte öffnete sich, und die beiden Mädchen traten heraus.
    „Gräßlich!“ sagte die Dicke. „Ich habe vor Angst fast Blut geschwitzt. So etwas tue ich gewiß nicht wieder.“
    Diese Worte hörte Hauck, die weiteren aber nicht, da er sich nicht so weit nähern konnte, ohne bemerkt zu werden. Doch folgte er ihnen nach.
    „Und doch werden Sie es noch einmal tun müssen“, antwortete ihr die Zofe.
    „Um Gottes willen, nicht.“
    „Na, beruhigen Sie sich! Ich wollte Ihnen nur ein bißchen Angst machen. Ich führe Sie nicht wieder in Versuchung.“
    „Was tun wir jetzt? Teilen wir.“
    „Jetzt nicht, und heute nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Dazu ist nicht Zeit. Ich habe zunächst mit dem Goldarbeiter zu sprechen. Das ist das wichtigste. Er muß seine Instruktion erhalten.“
    „Und ich meine Hälfte des Geschmeides.“
    „Ja doch; aber erst morgen früh. Ich habe Ihnen meine Wohnung genannt. Kommen Sie hin!“
    „Aber wir wollen doch wenigstens zählen, wie viele Stücke es sind!“
    „Wozu aber? Mißtrauen Sie mir?“
    Sie fragte das in so zornigem Ton, daß Jette nun keine Entgegnung mehr wagte. Sie schritten schweigend weiter bis in die Nähe des Tivoli. Dort blieb Hulda stehen und sagte:
    „Jetzt gehen Sie in den Saal und senden mir den Goldarbeiter heraus, sagen ihm aber nicht, was geschehen ist.“
    Jette gehorchte, und nach wenigen Augenblicken kam Mehnert, welcher die Zofe stehen sah.
    „Jetzt bitte, wo sind Sie solange gewesen?“ fragte er.
    „Davon später. Kommen Sie!“
    „Wohin?“
    „In meine Wohnung. Ich denke, Sie wünschen mich nach Hause zu begleiten?“
    „Gern, sehr gern! Was haben Sie da? Erlauben Sie mir, es zu tragen!“
    „Das geht Sie nichts an. Kommen Sie nur!“
    Bis hierher hörte Hauck das Gespräch, dann hatten sie sich zu weit entfernt.
    „Sie gehen in ihre Wohnung“, dachte er. „Die muß ich kennenlernen. Was sie da im Tuch trägt, das muß sie aus dem Palais geholt haben. Sie hat den Schlüssel zur Pforte. Ein Geheimnis ist das auf alle Fälle. Ich muß es ergründen. Meine Pauken mögen vor Sehnsucht nach mir zerplatzen; mir ganz egal!“
    Der Weg war nicht weit. Hulda hielt bald mit Mehnert vor ihrer Haustür, zu welcher sie den Schlüssel bei sich hatte.
    „Ich wohne jetzt möbliert“, sagte sie. „Man darf Ihre Anwesenheit nicht bemerken. Ziehen Sie Ihre Stiefel aus!“
    „Ah!“ fragte er voller Freude. „Ich darf mit hinauf?“
    „Ja.“
    „So haben Sie mich lieb?“
    Er wollte den Arm um sie legen; sie aber wehrte ihn ab und antwortete:
    „Soweit sind wir wohl noch nicht. Ich habe mit Ihnen zu sprechen, und zwar unbemerkt und ungestört; das ist der Grund, daß ich Ihnen die Erlaubnis gebe, mit bis in mein Zimmer zu gehen.“
    Sie traten ein und Hulda verschloß die Tür von innen. Hauck nahm an der anderen Straßenseite Posto und sagte zu sich:
    „Hier bleibe ich, selbst wenn es Pflaumenkuchen regnen sollte. Weiß ich, wo sie wohnt, so muß ich auch seine Wohnung erfahren. Ich warte also, bis er wieder aus dem Haus kommt.“
    Die beiden

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