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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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viel von dir gesprochen. Ich habe deine heimtückischen Briefe alle noch. Der Vater ist an der Auszehrung gestorben und die Mutter am Hungertyphus!“
    „O mein Gott! Werde ich Vergebung finden?“
    „Bitte sie darum, wenn du sie da oben triffst!“
    „Aber du, du! Wirst du mir verzeihen?“
    Hauck hatte ihn mit finsteren Blicken betrachtet. Jetzt ging es weich und mild über sein Gesicht. Er antwortete:
    „Du stehst vor der Pforte des Todes. Ich vergebe dir, was ich dir zu vergeben habe. Stirb in Frieden!“
    „Ich danke dir! Gib mir deine Hand!“
    Hauck gab sie ihm. Der Sterbende zog ihn zu sich hernieder und stieß mit hastiger, widerlicher Stimme hervor:
    „Du kannst mir verzeihen, du kannst es, denn du bist der Erbe. Ich habe gescharrt, gescharrt, mehr und immer mehr! Oh, ich muß es hierlassen. Da liegt es, es ist dein. Unten in der Truhe liegen meine Papiere. Sie werden beweisen, wer ich bin, und daß also dieses Geld dir gehört. Ich wollte es genießen, mit einem schönen, jungen Weib. Sie haben mich gemordet. Dort sitzt sie. Ich habe ihr fünfundzwanzigtausend Gulden geborgt; laß es dir wiedergeben!“
    „Es ist da“, sagte Holm laut. „Ich habe es hier in meiner Tasche.“
    Der Einsiedler hatte dies gehört.
    „Ah“, sagte er, „sie hat es nicht! Das ist gut! Schafft sie in das Zuchthaus, die Mörderin! Komm her, mein Neffe! Ich will dir sagen, wie viel ich dir hinterlasse. Es ist – ist – ist –“
    Seine Rede erstarb in einem unverständlichen Lallen. Sein Blick wurde starr, seine Augen schlossen sich. Er schwieg. Der Paukenschläger entzog ihm seine Hand und trat zurück. Es flimmerte ihm um die Augen, es summte ihm um die Ohren. Reich, reich, reich! Er mußte fort, hinaus, mußte frische Luft atmen. Er ging und strich wohl einige Stunden lang im Wald umher.
    Als er zurückkehrte, stand Holm vor der Tür.
    „Wo stecken Sie denn?“ fragte dieser. „Die Herren haben auf Sie gewartet.“
    „Warum? Ich denke, man hat anders zu tun!“
    „Das ist längst vorbei. Fräulein Theodolinde hat alles gestanden. Kette und Kinderzeug sind in dem Schloß gefunden worden. Kommen Sie herauf!“
    „Endlich!“ sagte der Fürst, als die beiden eintraten.
    „Wir haben uns Ihrer Angelegenheit bemächtigt. Er ist richtig. Der Tote ist Ihr Oheim.“
    „Der Tote? Ist er tot?“
    „Ja. Sie sind der Erbe. Sie sind ein reicher Mann.“
    „Dem Himmel sei getrommelt und gepfiffen! Wie hoch beläuft sich der Krimskrams?“
    „Weit über neunzigtausend Gulden.“
    „Nein – zig – tau –“
    „Ja. Natürlich aber geht davon die landesübliche Erbschaftssteuer ab.“
    „Sapperment! Die wird doch nicht etwa hunderttausend Gulden betragen?“
    „Schwerlich“, lachte der Fürst.
    „Und wann erhalte ich das Geld? Heute?“
    „Nein. Das wird einstweilen alles versiegelt.“
    „O weh! Ich dachte, ich könnte mir die Taschen gleich so recht vollsacken!“
    „Da müssen Sie freilich Geduld haben! Übrigens sind Sie verpflichtet, Ihren Onkel zu begraben.“
    „Gern, sehr gern! Ich will ihn so tief begraben lassen, daß er seine Freude daran haben soll! Aber dazu gehört Geld, und ich habe keins. Ich bin blutarm. Wenn ich nur wenigstens heute etwas bekommen könnte. Ich habe Schulden und so weiter!“
    „Und eine Laura! Nicht?“
    „Freilich, freilich!“
    „Na, wir wollen es wagen, Ihnen etwas auf Abschlag zu geben. Ich werde es verantworten. Wieviel wollen Sie? Fünf Gulden oder zehn?“
    „Fünf? Zehn? Ich falle in alle Ohnmächte!“
    „Nun wieviel denn?“
    „So viele Tausend!“
    „Gemach, gemach! Ich kann mich in Ihre Lage denken und will Ihnen die Freude nicht verderben. Sie sollen zweitausend Gulden erhalten. Hier ist Papier. Quittieren Sie!“
    Hauck tat einen Sprung, daß er mit dem Kopf an die Decke stieß. Er quittierte und erhielt das Geld.
    „Jetzt sind Sie hier fertig“, sagte der Fürst. „Der Ortsvorsteher bekommt den Turm in Verwahrung. Wenden Sie sich an ihn wegen des Begräbnisses.“
    Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Er verhandelte in aller Eile mit dem Vorsteher das Nötige und machte sich dann schleunigst davon, nach dem Dorf zu.
    Dort ging er zum reichsten Bauer und fragte:
    „Haben Sie eine Kutsche?“
    „Ja.“
    „Für wieviel fahren Sie mich im Galopp nach Wildau?“
    „Zwanzig Gulden.“
    „Hier sind sie! Sofort angespannt!“
    In Wildau angekommen, bestellte er sich eine Extramaschine mit Wagen erster Klasse und telegraphierte folgendes nach der

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