Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
meine, in welchem Gasthof Sie eingekehrt sind.“
    „In gar keinem.“
    „So wollen Sie heute wieder zurück?“
    „Nein. Wir bleiben hier, aber nicht im Gasthof, sondern beim Vetter Landrock auf der Wasserstraße.“
    „Landrock auf der Wasserstraße. Meinen Sie etwa den früheren Amtswachtmeister?“
    „Ja.“
    „Und den nennen Sie Vetter?“
    „Natürlich. Vom alten, seligen Landrock her. Ich bin nämlich eine geborene Landrock.“
    „Das ist schön, das freut mich. Da sehen wir uns wieder.“
    „Heute etwa?“
    „Ja. Ich besuche nämlich zuweilen den Herrn Wachtmeister.“
    „Das ist recht. Kommen Sie heute abend ein bißchen hin.“
    „Gut, ich komme. Aber horch, es klingelt. Durchlaucht sind bereits auf der Treppe. Kommen Sie!“
    Der Fürst erwartete sie. Drunten stand eine prächtige Equipage mit zwei Vollblutpferden.
    Sie stieß ihn in die Rippen und flüsterte:
    „Setzen wir uns vorn oder hinten hin?“
    „Wie denn?“
    „Na, auf den Bock oder ganz hinten drauf?“
    „Der Anton wird uns schon hinstecken, wo wir hingehören.“
    Der Diener stand hinten, vorn saß der Kutscher. Anton öffnete den Schlag, und der Fürst stieg ein. Der letztere winkte nach dem gegenüberliegenden Sitz, und die beiden Alten nahmen da Platz.
    Es fiel den dienstbaren Geistern gewiß sehr schwer, das Lachen zu verbeißen, aber es lief doch alles glücklich ernsthaft ab, bis auf den Augenblick, an welchem die Pferde rasch anzogen. Da verlor nämlich der hohe Zylinderhut des Köhlers das Gleichgewicht. Der Alte griff schnell zu, um ihn festzuhalten, warf ihn aber erst recht zum Wagen hinaus.
    Es wurde gehalten, und der Diener brachte den Hut.
    „Er ist das Fahren nicht gewöhnt“, entschuldigte sich der Köhler. „Er ist noch gar nicht in der Hauptstadt gewesen, er ist mir überhaupt ein bißchen eng geworden.“
    „Drücke ihn fest!“
    Bei diesen Worten erhob sich seine Alte vom Sitz und pochte ihm dreimal so kräftig auf die Feueresse, daß diese ihm bis auf die Ohren herunterfuhr.
    „Donnerwetter!“ meinte er.
    „Na, was denn?“
    „Der zerquetscht mir ja den Schädel!“
    „Aber nun sitzt er auch fest!“
    „Ich bringe ihn gar nicht wieder herunter.“
    „Dazu haben wir ja den Diener und den Kutscher. Wenn die sich richtig einstemmen, bringen sie ihn schon los. Nicht wahr, Herr Durchlaucht?“
    Der Fürst stimmte lachend bei. Er hatte seinen Spaß über die Gesichter der Leute, welche das seltene Paar in seiner wohlbekannten Equipage sitzen sahen. Er konnte sich sagen, daß er noch nie ein solches Aufsehen erregt habe wie heute. Die Alten spielten gar zu kuriose Figuren.
    Die Equipage hielt vor einem prächtigen Haus an.
    „Verschütten Sie nichts!“ sagte die Alte zu dem Diener, als sie ihm zunächst den Korb aus dem Wagen gab.
    Sie gelangten glücklich zur Erde und in den Flur hinein. Während sie die Treppe emporstiegen, gelang es der Anstrengung des Alten, seinen Kopf von der Umschlingung des Zylinders zu befreien.
    „Aber hier ist doch kein Amtsgebäude“, meinte er.
    „Warum erwarten Sie ein solches?“
    „Weil ein Oberlandesgerichtsrat doch im Gerichtsgebäude gesprochen werden muß.“
    „Mit mir macht dieser Herr eine Ausnahme. Ich darf ihn in seiner Privatwohnung besuchen.“
    „Und wir dürfen mit?“
    „Hoffentlich wird er uns nicht bös darüber sein. Es ist jetzt die Stunde, in welcher er zu dinieren pflegt.“
    „Dinieren?“
    „Ach so! Das heißt zu Mittag essen.“
    „Um fünf?“
    „Vornehme Herren machen es so.“
    „Du lieber Gott, müssen die Hunger haben. Seit dem frühen Morgen nichts in den Leib bis Nachmittags um fünf! Da haben wir es doch anders.“
    Der Fürst konnte nicht antworten, denn sie hatten das Vorzimmer erreicht. Dort hingen mehrere Hüte, Überröcke und Damengarderobestücke. Ein galonierter Bedienter stand dabei und verbeugte sich tief vor dem Fürsten.
    „Herr von Eichendörffer?“ fragte dieser.
    „Bei Tafel. Das Diner hat soeben erst begonnen.“
    Der Fürst gab Hut und Überrock ab und winkte den beiden Alten, ihm zu folgen. Der Diener wollte ihr den Handkorb abnehmen, sie aber sagte rasch:
    „Halt! Der bleibt mein!“
    Er griff nach Hut und Regenschirm ihres Mannes; dieser aber meinte kopfschüttelnd:
    „Nicht nötig, lieber Mann!“
    Der Fürst sah und hörte es, ließ es aber ruhig geschehen. Er freute sich des Eindrucks, den seine Begleiter hervorbringen würden. Als er mit den beiden eintrat, erhoben sich die Herrschaften von den

Weitere Kostenlose Bücher