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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erschrocken. „Ist's wahr?“
    „Natürlich!“
    „Na, Herr Oberlandesgerichtsrat, Sie leben aber nicht ganz schlecht! Sogar wochentags Wein! Bei unserem Herrn Oberförster kommt er nur zu den großen Festtagen auf den Tisch. Ich habe noch nie welchen getrunken, außer wenn ich kommunizieren gehe.“
    „So lassen Sie ihn sich heute wohl bekommen!“
    Sie nickte ihm dankbar zu, nippte noch einmal und fragte:
    „Ist er etwa bösartig?“
    „O nein, gar nicht.“
    „Schön! Ich möchte auch nicht etwa mit so einem Zipfelchen zu Wachtmeisters kommen. Was müßten die von ihrer Muhme denken! Das wäre eine Blamage!“
    Jetzt kam Braten und verschiedenes Kompott. Sie war klug und aß, ohne viel zu sprechen. Es schien ihr ausgezeichnet zu schmecken. Später gab es Pudding in Sauce.
    „Was ist denn das?“ fragte sie ihre Nachbarin.
    „Man nennt es Pudding, ein englisches Wort.“
    „Bei uns heißt man solches Zeug Hefekloß. Es läßt sich aber essen.“
    Zuletzt kamen überwintertes Obst und allerhand Konfitüren. Die Alte sah, daß Fanny von Hellenbach ihrem Vater einen Apfel schälte.
    Sie erkundigte sich frischweg:
    „Ist das hier Mode, daß man den Männern schält?“
    „Ja. Es ist eine Aufmerksamkeit, welche den Herren angenehm zu sein scheint.“
    „Ja, mein Alter schält auch nicht gern. Er beißt gleich so hinein. Es schmeckt geradesogut.“
    Sie nahm einen Apfel, schälte ihn und sagte dann zum Ergötzen aller Anwesenden:
    „Da, Durchlaucht, essen Sie ihn! Für mich kann ich ja noch einen andern schälen!“
    „Danke, danke! Geben Sie ihn Ihrem Herrn Gemahl. Es wäre eine Beleidigung für ihn, wenn Sie einem anderen eine solche Aufmerksamkeit erwiesen.“
    „Ach, halten Sie ihn etwa für eifersüchtig?“
    „O nein.“
    „Das ist er in seinem ganzen Leben nicht gewesen; er hat es auch nicht nötig gehabt, trotzdem ich früher vor der Hochzeit ziemlich viel Ankratz hatte.“
    „Na, Alte, lobe dich nur nicht so!“
    „Ist's etwa nicht wahr? Ich hätte noch im letzten Augenblick abspringen können. Da gab mir Korbmacher Andres noch himmlische gute Worte.“
    Der Rat war ein Lebemann und liebte eine heitere Unterhaltung. Er trank den beiden Alten wacker zu und brachte sie so in Laune, daß sie endlich ihre Heiratsgeschichte erzählten. Das geschah in so drastischen Ausdrücken, daß die Zuhörer aus dem Lachen gar nicht herauskamen. Aber dennoch hütete sie sich vor Ausdrücken, welche Anstoß hätten erregen können.
    Man hatte sich wohl selten so amüsiert wie heute. Und als die Rätin sich erhob und damit das Zeichen gab, daß die Tafel beendet sei, fühlte sich die brave Köhlersfrau so sehr befriedigt, daß sie dem Fürsten mit der Hand auf die Achsel klopfte und zu ihm sagte:
    „Das war hübsch, daß Sie uns hierher geführt haben!“
    „So hat es Ihnen gefallen?“
    „Und wie! Ich kann's sagen, daß ich erst Angst hatte.“
    „Doch nicht!“
    „Ja. Unsereins weiß doch nicht so ganz genau, wie man sich zu benehmen hat. Aber hier wird einem alles so leicht gemacht, und man kann reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Ich habe mir die vornehmen Leute ganz anders vorgestellt.“
    „Wohl recht stolz und finster?“
    „Ja, so recht bärbeißig. Wenigstens droben bei uns sind sie so. Da ist zum Beispiel die Frau Kantorin, die hat die Nasenspitze höher als die Haubenschleife, und gar dem Dorfrichter seine, die weiß es gar nicht mehr, wie es unten auf dem Erdboden aussieht. Hier aber habe ich es mit Fürsten, Grafen, Barons, Räten, Obersten und gnädigen Fräuleins zu tun und bin ganz genau und gradso vornehm gewesen wie diese alle. Na, wenn ich nur heimkomme! Denen will ich schon den Rockbund bürsten. Die sollen merken, daß ich Gänseleberpastete gegessen habe!“
    „Sie werden doch nicht!“ lachte der Rat.
    „O gewiß! Ich bin sonst eine alte gute Haut. Man kann mich um den kleinen Finger wickeln; aber den Stolz und den Hochmut und den Eigendünkel, den kann ich vor dem Tod nicht leiden! Ich weiß auch, wer ich bin! Eine Frau, die dem Fürsten von Befour einen solchen Käse geschenkt hat, die braucht sich vor keinen anderen zu verstecken. Soviel steht fest. Nicht wahr, Durchlaucht?“
    „Ja, gewiß!“
    „Wie, Durchlaucht sind beschenkt worden?“ fragte der Rat, indem er sich Mühe gab, ein ernstes Gesicht zu machen.
    „Ja, ich bin sehr überrascht worden.“
    „Mit einem Käse?“
    „Mit einem Wunderwerk von Käse! Wie alt ist er, Mama Hendschel?“
    „Fünf bis sechs

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