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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Barmherzigkeit!“
    „Barmherzigkeit? Warum diese? Darf ich nicht mehr für Sie haben, viel, viel mehr?“
    Er faltete die Hände. Er mußte sich fast anstrengen, um die Worte hervorzubringen:
    „Gnädiges Fräulein, soll ich mich selbst verlieren? Ich bin bisher Meister meines Herzens gewesen!“
    „Das sollen Sie nicht länger sein, denn ich will dieses Herz beherrschen, ich allein, ganz allein!“
    Da zog es ihn ganz unwiderstehlich auf die Knie nieder. Es ging heiß und kalt, bleich und rot über seine Wangen, als ob er sich im Fieber befinde. Er streckte ihr bittend die Hände entgegen und flehte:
    „Ich knie hier zwischen Tod und Leben; glauben Sie mir das um Gottes willen. Geben Sie mir eins von beiden, den Tod oder das Leben! Sprechen Sie das Wort aus, welches ich nicht sagen kann und nicht sagen darf!“
    Da bog sie sich zu ihm nieder, legte abermals die Hände auf seine Schultern und flüsterte:
    „Robert, ich liebe dich.“
    „O mein Himmel! Ist das wahr, ist das möglich?“
    „Ja, ich bin dir gut, so recht aus tiefstem Herzen gut. Komm, steh auf! Du sollst mich nicht anbeten, ich bin kein Engel, keine Göttin, sondern ein recht schwaches Geschöpf, dem du das Herz schon längst entrissen hast.“
    Er stand auf, langsam und wie im Traum. Er wagte es nicht, sie zu berühren. Er schloß die Augen, legte die Hände an die Schläfen und sagte halblaut:
    „Es ist mir, als ob ich deine Worte nur aus weitester Ferne hörte. Mein Gott, ich glaube, das Herz wird mir die Brust zersprengen. Ich habe Schwindel!“
    Da nahm sie seine Hände, führte ihn zum Sofa und nahm neben ihm Platz. Ohne seine Hände loszulassen, sagte sie:
    „Ich verstehe dich und begreife dich. Es ist ein großes Glück für dich, daß der liebe Gott dir mein Herz entgegenbringt. Dieses Glück ist eigentlich eine Unmöglichkeit und darum ergreift es dich mit solcher Gewalt. Aber denke nicht an meinen Adel, denke nicht an mein Vermögen. Du wirst zum Adel des Geistes zählen, und deine Werke werden dir Reichtum bringen. Du bist mir vollständig ebenbürtig. Laß dich nicht von diesem Schein blenden, sondern öffne deine lieben Augen nur, damit dein Blick mir sage, daß du mich lieb hast!“
    „Oh, an den Adel und das Vermögen habe ich auch gar nicht gedacht. Du selbst bist so herrlich, so herrlich, daß mir die Sinne schwinden möchten bei dem Gedanken, daß ich deine Liebe besitze. Herrgott, ich habe frierend und hungernd da drüben in dem Kämmerchen gestanden in trostloser Finsternis. Wenn dann dein Fenster sich erhellte und ich deinen Schatten auf den Gardinen sah, dann war es mir, als habe ich einen Blick in Gottes Himmel tun dürfen, und alles, Hunger und Durst, Kälte und Elend war verschwunden. Dein Schatten machte mich selig. Und heute – o Fanny, Fanny!“
    Er blickte sie unter Tränen an und zog ihre kleinen Händchen an seine Lippen. Sie fragte lächelnd:
    „Jetzt nun bist du wohl mit dem Schatten nicht mehr zufrieden? Jetzt mußt du die Person selbst haben.“
    Er schüttelte langsam den Kopf.
    „Ich weiß genau, was mir beschieden ist, und ich will nicht mehr verlangen. Deine Liebe besitze ich und dieses Bewußtsein ist ein Schatz, den ich niemals zu erreichen hoffen konnte. Du selbst aber bleibst mir unerreichbar.“
    „Warum denn?“
    „Du sprachst von deinem Reichtum und deinem Adel, als gäbest du diesen beiden wenig Wert. Ich aber weiß, wie hoch, stark und fest diese Schranken stehen.“
    „Fürchtest du dich vor ihnen?“
    Es lag etwas in ihrem Ton, was ihn frappierte. Er sah ihr ernst, fast traurig entgegen und antwortete:
    „Nein, ich fürchte ihn nicht. Ich würde ringen mit allen feindlichen Gewalten, um dich einst mein Eigentum nennen zu können; aber selbst wenn ich dieses höchste Ziel meines Lebens erreicht hätte, bliebe ich doch der Emporkömmling, welcher deiner nicht würdig wäre.“
    „Oh, du Zweifler!“
    „Was würden deine Eltern sagen, wenn ich es wagen wollte, vor sie hinzutreten und deine Hand zu verlangen?“
    Sie wiegte bedächtig das Köpfchen hin und her; sie machte doch ein ernstes Gesicht, antwortete aber:
    „Sie würden sich ein wenig wundern, aber endlich doch sich nur durch den Gedanken an mein Glück leiten und bestimmen lassen. Freilich jetzt dürftest du ein solches Verlangen nicht aussprechen. Wir sind noch so jung und du hast dir erst eine Existenz zu gründen und einen Platz im Leben und der Gesellschaft zu suchen. Dieses Plätzchen aber darf nicht so gar sehr klein

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