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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fühlte sich keineswegs ohne Mut. Darum antwortete er:
    „Bitte, gnädiger Herr, was ich tat, war eine einfache Folge der Situation, des Augenblicks, und verdient gar keiner lobenden Erwähnung.“
    Da reichte ihm auch die Oberstin die Hand und sagte:
    „Nehmen Sie auch meinen Dank. Sie haben unser Kind vor einem schauderhaften Unglück bewahrt; das werden wir Ihnen unter allen Umständen nie vergessen. Aber, Fanny, fühlst du dich denn nicht angegriffen und ermüdet?“
    „Nein. Ich war so aufgeregt, so erschrocken; darum bat ich Herrn Bertram, mir Gesellschaft zu leisten bis zu eurer Rückkehr.“
    „Das war zuviel von ihm verlangt. Herr Bertram hat auf seine Zeit mehr Wert zu legen, als du auf die deinige. Wer erst am Anfang seines Lebensweges steht und sich sein Leben überhaupt erst zu gestalten hat, dem soll man um keine Stunde verkürzen, denn eine Stunde jetzt ist gleich Monaten der Zukunft. Der Wagen steht noch unten. Wenn sich Herr Bertram seiner bedienen will, so steht er gern zur Verfügung.“
    Das war deutlich gesprochen. Der Fürst nahm dieser Verabschiedung einen Teil ihrer Bitterkeit, indem er in freundlichem Ton zu dem jungen Mann sagte:
    „Ja, fahren Sie nach Hause, Robert. Der Herr Oberst wird Ihnen gestatten, sich morgen Vormittag nach dem Befinden des gnädigen Fräuleins zu erkundigen.“
    Kaum hatte Bertram sich verabschiedet, so wendete sich der Oberst an seine Tochter:
    „Fanny, ich begreife dich nicht. Wir kommen –“
    Da legte seine Frau ihm die Hand auf den Arm und fiel ihm schnell in die Rede:
    „Bitte, bitte, lieber Mann! Bedenke, daß wir nicht allein sind. Familienangelegenheiten sind –“
    „Oh, still!“ unterbrach nun er sie ebenso schnell. „Durchlaucht sind ein Freund unseres Hauses. Er ist Zeuge dieses so ganz eigentümlichen lebenden Bildes gewesen und soll nun auch hören, was wir darüber verhandeln.“
    „Aber, lieber Mann!“
    „O laß doch, Mama!“ sagte auch Fanny. „Ich fürchte mich vor Durchlaucht ganz und gar nicht; ich hoffe vielmehr, in ihm einen Anwalt meiner Liebe zu finden.“
    „Deiner Liebe!“ sagte der Oberst verweisend.
    „Ja, Papa.“
    „Du sprichst doch nicht im Ernst!“
    „Denkst du, daß ich einem Herrn meinen Mund nur aus Scherz zum Kuß geben würde?“
    „Also wirklich Ernst! Mädchen, wo denkst du hin! Du weißt allerdings, daß wir dich innig lieb haben, aber diese Liebe kann doch nicht zu einer Nachsicht führen, welche duldet, daß die einzige Trägerin des Namens Hellenbach sich als die Geliebte eines – nun ja, eines ganz braven jungen Mannes betrachtet, der aber leider gar nichts weiter ist, als eben nur ein braver junger Mann.“
    „Papa, er ist zweimal mein Retter gewesen.“
    „Das gibt ihm noch kein Recht, dich selbst für sich zu verlangen.“
    „Das hat er auch noch gar nicht getan.“
    „Aber es hat allen Anschein, daß er es noch tun wird!“
    „Lieber Vater, wenn er es ja einst tun sollte, so habe ich ihn selbst dazu aufgefordert.“
    „Du? Ihn aufgefordert?“
    „Ja. Ich habe ihn heute erst selbst dahin gebracht, mir zu sagen, daß er mich lieb hat.“
    „Aber, Kind! Das zu tun, und das nun auch zu sagen! Ich erkenne dich wirklich gar nicht.“
    Da sagte sie, indem sie ihn mit der Hand zum Stuhl zog und ihn siegreich anlächelte:
    „Geh Papa! Du bist ja gar nicht so bärbeißig, wie du jetzt tust.“
    Sie hatte sehr recht; er aber wollte sich das nicht merken lassen. Darum zog er ein möglichst grimmiges Gesicht und sagte in seinem drohendsten Ton:
    „Oho! Mädchen, mache mir den Kopf nicht warm!“
    „Und die Füße nicht kalt! Ja, du gehst ganz nach der Lehre von Samuel Hahnemann: Die Füße warm und den Kopf kalt; da wird man wie Methusalem alt!“
    „Ich glaube gar, diese Prinzessin will meiner spotten! Da aber kommst du an den Rechten! Verstanden?“
    „Bitte, laß doch mit dir reden! Ich habe Herrn Bertram wirklich geradezu veranlaßt, mir zu sagen, daß er mich lieb hat. Ihn trifft nicht die mindeste Schuld, sondern ich habe sie ganz allein.“
    „Aber, Kind, aus welchem Grund veranlaßtest du ihn denn zu so einer Dummheit?“
    Da lachte sie hell und lustig auf und fragte:
    „Wie? Du hältst es für eine Dummheit, mich lieb zu haben?“
    „Das nicht, aber dir die Liebe zu erklären!“
    „Aber ich liebe ihn ja auch!“
    „Mein Gott, ja“, seufzte der Oberst. „Das habe ich leider vorhin gesehen. Es ist ein wahres Glück, daß nur Durchlaucht zugegen gewesen ist. Diese unangenehme

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