67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
Bett gelegen hat. Aber das Geld ist ihr eingefallen. Da sind ein paar brave Burschen hinauf in die guten Stuben, wo es aufbewahrt gewest ist, und da hat der Balzer besinnungslos gelegen.“
„Vielleicht gar verwundert?“
„Nein. Den Schlag hat er erst später erhalten, als der Balken auf ihn gestürzt ist. Ihn habens gerettet; das Geld aber ist zum Teuxel gewest.“
„Was war es für Geld?“
„Lautern Goldstückerln außer ein Kassenbilletterl von fünfhundert Talern.“
„Und man denkt, daß alles das verbrannt ist?“
„Natürlich.“
„Das Geld kann ja nicht verbrennen!“
„Grad das habens sich auch denkt, und darum hat die Balzerbäuerin dann streng nachsuchen lassen. Aber es ist nix gefunden worden.“
„Das Gold ist geschmolzen. Da aber muß es auf alle Fälle gewesen sein.“
„Das denk ich halt auch; aber was hilft's wann man's denkt, und es ist doch nicht da! Die Arbeitern, welche gesucht haben, sind vielleicht nicht ehrlich gewest.“
„Das wäre die eine Erklärung. Aber es gibt auch noch eine andere, und zwar, daß das Geld vor dem Brand gestohlen worden wäre.“
„Himmelsakra!“
„Nun, ist das nicht möglich?“
Der Sepp machte ein ganz eigentümliches Gesicht, ein Gesicht wie einer, dessen Gedanken man erraten hat.
„Wie kommens auf dieselbige Idee?“ fragte er.
„Es muß ein jeder darauf kommen, der einigermaßen nachdenkt.“
„Ja freilich!“ nickte er.
„So haben Sie diesen Gedanken auch bereits gehabt?“
„Ich bin ihn noch gar nicht losworden.“
„Aber wer könnte der Dieb sein?“
„Hm! Ja, wer?“
„Vielleicht ist die Bezeichnung ‚Dieb‘ noch zu gelinde.“
„Warum?“
„Man könnte wohl auch ‚Mörder‘ sagen.“
„Alle tausend Donnerwetter!“
Sie standen längst nicht mehr am Bach, sondern sie waren von dort aufgebrochen und während ihres Gesprächs ins freie Feld zurückgekehrt. Jetzt schritten sie über die Wiesen. Der Sepp blieb, als er die letzten Worte sprach, stehen und ergriff den Lehrer am Arm. Er machte zwar ein erschrockenes Gesicht, aber der Blick, welchen er auf den Gefährten warf, sagte deutlich, daß er sich von dessen Worten eigentlich gar nicht überrascht fühle.
„Es ist doch gar kein Mord vorhanden?“ sagte er.
„Nein, aber vielleicht ein Mordversuch.“
„Was denkens eigentlich?“
„Nun, ich denke mir, daß man das geschmolzene Gold hätte finden müssen, wenn es beim Ausbruch des Feuers noch vorhanden gewesen wäre. Es ist aber nicht gefunden worden, folglich –“
Er hielt inne. Der Sepp setzte die Rede fort:
„Folglich war's wohl gar nimmer da, als das Feuern losgangen ist.“
„Ja. Aber wohin ist's gekommen?“
„Wer kann das wissen!“
„Wissen kann es nur der Betreffende. Aber vermuten kann man; Schlüsse ziehen kann man.“
„Dazu hab ich halt kein Talenten.“
„O doch! Ich halte Sie für einen Mann, dem man nicht leicht ein X für ein U hermachen darf.“
„Meinens? Na, vielleicht habens recht. Nachdenken kann ich halt schon, und vermuten auch; aber das Denken, so in denen richtigen Worten sagen, das bring ich halt nicht fertig; dazu reichen meine sieben Universitäteln noch nicht aus.“
„Gut! So wollen wir beide denken, und ich will die Gedanken in die richtigen Worte fassen. Nehmen wir also an, das Geld sei beim Ausbruch des Brandes nicht mehr dagewesen, so müssen wir uns fragen, wohin es gekommen ist.“
„Jawohl.“
„Nun, was denken Sie?“
Der Sepp legte den Finger an die Nase, machte ein pfiffiges Gesicht und antwortete:
„Ja, wer hat's gestohlen?“
„Ja. Denken wir aber ja daran, daß der Bauer in der Stube gelegen hat, in welcher das Geld aufbewahrt worden ist. Weshalb ist er dort gewesen?“
„Um das Geld zu retten.“
„Das ist falsch, denn wenn er das Geld hätte retten wollen, so hätte er wissen müssen, daß sein Gut brenne –“
„Freilich!“
„Dann hätte er um Hilfe gerufen, Lärm gemacht, geschrien, gebrüllt –“
„Himmelsakra! Daran habe ich gar nicht denkt!“
„Seine Leute hätten ihn unbedingt hören müssen.“
„Freilich, freilich.“
„Sie haben aber geglaubt, er sei gar nicht zu Hause. Sie haben gar nicht gewußt, daß er sich in der guten Stube befand. Sie haben ihn also nicht gehört, und folglich hat er gar nicht gerufen. Sehen Sie das ein?“
„Ja, das kann ich schon leicht begreifen, wann's mir in dieser Art und Weisen erklärt wird.“
„Ich schließe folgerichtig weiter, daß er sich also nicht in
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