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67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schwer!“
    „Warum?“
    „Weil wir die Zeit nicht wissen, in welcher er es verstecken wird.“
    „Nun, die werden wir halt schon derfahren.“
    „Aber wie?“
    „Sehr leicht. Ich paß halt auf ihn auf.“
    „Wollen Sie sich in seine Haustür legen?“
    „Nein, sondern gleich ins Haus hinein.“
    „Ach so! Sie wollen ihn um Herberge bitten?“
    „Ja.“
    „Wird er sie Ihnen nicht versagen?“
    „Der? Kein Mensch versagt sie dem Wurzelsepp. Das wär ja eine ewge Schand für einen jeden, wann er den armen Sepp von der Tür weisen tät. Nur wissen darf er freilich nicht, daß ich ein guter Freund von dem Herrn Schulmeistern bin.“
    „Nun, das können wir ja geheimhalten.“
    „Ja, das müssen wir freilich. Und schaun 'S, da hinten kommen zwei Leutln. Es ist nicht notwendig, daß die uns beisammen sehen. Darum wollen wir uns jetzt den Abschied sagen.“
    „Gut. Wann sehen wir uns wieder?“
    „Morgen am Abend, wann ich mit dem Silberbauern wiederkommen bin. Wo wohnen 'S halt?“
    „Beim Eschenbauern wo früher der Feuerbalzer sein Gut gehabt hat.“
    „Wohl in der guten Stuben?“
    „Ja.“
    „Schön! Wann ich komm, werd ich in die Hand klatschen. Nachher kommens herab zu mir.“
    „Und was mache ich, wann ich Sie einmal sehen will?“
    „Nun, da spazieren 'S halt hinaus auf die Waldblößen zum Finken-Heiner. Der wird Ihnen sagen, wann und wo ich zu finden bin.“
    „Darf er alles wissen?“
    „Nein jetzund noch nicht. Also jetzt behüt 'S Gott!“
    „Behüt Sie Gott auch!“
    Sie gaben einander die Hand und trennten sich.
    Der Wurzelsepp strich nach dem Wald hinüber und der Lehrer nach dem Dorf. Da er von dieser Seite kam, mußte er an dem Gut des Steinbauers vorüber. Eben als er sich demselben näherte, trat Martha aus dem Tor.
    Sie war heut nicht mehr die ‚Silbermartha‘. Sie ging höchst einfach gekleidet, fast wie die Tochter eines armen Mannes. Ihr Gesicht war sehr blaß. Als die beiden aneinander vorübergingen, zog der Lehrer den Hut, und sie nickte leicht mit dem Kopf. Keins sprach ein Wort. Für einen Augenblick war sein Gesicht ebenso blaß geworden wie das ihrige.
    Es hatte ihm einen Stich tief ins Herz gegeben, als er sie erblickte. Das war die Tochter des Mannes, den zu verderben er sich fest vorgenommen hatte. Er hatte sie geliebt mit der ganzen Glut seiner Seele, und jetzt sann er auf ihr Verderben. Denn das Verderben des Vaters zog unbedingt auch dasjenige der Tochter nach sich.
    Seine Schritte wurden unwillkürlich kleiner und langsamer, und sein Blick suchte nachdenklich den Erdboden. Bald aber hob er den Kopf wieder empor. Ein Schulmeister sei ihr viel zu niedrig, hatte sie gesagt. Gut, sie sollte erfahren, daß ein Schulmeister mit der Tochter eines Verbrechers nichts, gar nichts zu schaffen hat!
    Es war ihm nun in diesem Augenblick wirklich ganz so zumute, als ob er diesem Mädchen niemals auch nur einen einzigen seiner Gedanken geschenkt habe. Es war ihm, als ob er nie gefühlt habe, was Liebe und Enttäuschung sei.
    Er ging zum Pfarrer, um zu sehen, ob dieser zu Hause sei. Der geistliche Herr hatte heut nach der Kreisstadt gemußt, und Walther hatte ihn gebeten, Papier und Pastellstifte für den Elefanten-Hans, den Sohn des Finken-Heiner mitzubringen. Er war noch nicht da, und erst als es dunkel geworden war, kam er nach der Wohnung des Lehrers, um demselben das Bestellte zu bringen.
    Als der Pfarrer wieder gegangen war, begab Walther sich nach der Wohnung seines Zeichenschülers. Der Heiner war bereits daheim, und die Lisbeth stand im Begriff, das Abendessen zu bereiten. Der Bruder saß am Tisch und hatte ein Buch vor sich, welches der Lehrer ihm gestern geborgt hatte. Es waren die Reisen Vogels in Zentralafrika. Der junge Mann hatte den Band heut mit Heißbegierde verschlungen und sich ganz besonders von den Illustrationen begeistert gefühlt. Er schob dem Lehrer, als dieser sich gesetzt hatte, ein Blatt zu, auf welchem er eine Szene aus jenen Ländern entworfen hatte. Walther betrachtete sie mit kritischem Auge und sagte dann:
    „Ich überzeuge mich immer mehr, daß Sie eine seltene Begabung und eine außerordentliche Inklination für das Exotische besitzen. Wenn ich wüßte, daß es Ihnen recht wäre, würde ich mich mit Ihnen nach einem Sujet für eine umfänglichere Arbeit umsehen.“
    Die bleichen Wangen des Kranken röteten sich bei diesem Lob.
    „Bitte“, sagte er. „Suchen 'S halt, und geben 'S mir eine Aufgab, an der ich eine Freud haben

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