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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ERSTES KAPITEL
    Ein Brief wird abgefangen
    Der Sepp hatte recht gehabt. Der Fex hatte sich, als er die Depesche gelesen hatte, sofort nach dem Bahnhof begeben. Er konnte zwar nicht begreifen, was sein alter Freund von ihm wollte, sagte sich aber, daß die Veranlassung zu dem Telegramm jedenfalls eine genug wichtige sein werde.
    Er saß zunächst allein in seinem Coupé. Wer ihn früher gesehen hatte, hätte jetzt in ihm wohl kaum den einstigen, mit wahren Lumpen bekleideten Fährmann wieder erkannt. Er trug einen sehr eleganten Anzug. Der eigenartige Chic, welcher ihm angeboren war, hatte während seines Aufenthalts in der Residenz eine schnelle Ausbildung erhalten. Das langgelockte blonde Haar, welches er auch jetzt noch trug, stand gar gut zu dem schön geschnittenen, noch immer von der Sonne gebräunten Gesicht. Das Ebenmaß seiner Glieder wurde durch den modernen Anzug ganz besonders hervorgehoben und wurde in seiner Wirkung vergrößert durch die Gewandtheit und Sicherheit seiner Bewegungen, welche keineswegs verraten ließen, daß er seine bisherige Lebenszeit in einer Art von Sklaverei zugebracht habe.
    Nachdem einige Stationen zurückgelegt worden waren, öffnete der Schaffner das Coupé und fragte, ob es vielleicht unangenehm sei, wenn eine Dame hier Platz nehme.
    „Ich kann es nicht verwehren“, antwortete Fex in der halb vornehmen, halb leichten Art und Weise, welche er sich in letzter Zeit angeeignet hatte.
    Ein kleiner Handkoffer wurde hereingetan, und sodann stieg die betreffende Dame ein. Der Fex erkannte sie sofort, da sie mit ihrem Vater und ihrer Schwester in der dem Talmüller gehörigen Villa gewohnt hatte und vielleicht auch jetzt noch wohnte.
    Sie grüßte höflich, machte es sich bequem und erklärte, nachdem der Zug sich wieder in Bewegung gesetzt hatte:
    „Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie meine Bitte nicht abschlägig beschieden haben. Ich komme aus München und will nach Scheibenbad.“
    „Ich ebenso“, antwortete er, indem er sich leicht verneigte und dabei ein leises Lächeln nicht verbergen konnte.
    Seine Reisegefährtin war nämlich Franza von Stauffen, die dicke Dichterin, welche damals dem Krickel-Anton behilflich gewesen war, seinen Verfolgern zu entkommen. Sie trug ein weitbauschiges grasgrünes Kleid, einen grellroten Überwurf und einen hellblauen Amazonenhut mit schwefelgelber Feder. In ihrer Hand ruhte der bekannte, mit einem Knauftintenfaß versehene Schirm, und an einem rosafarbenen Riemen hing die teure Mappe an ihrer linken Seite. Es war ihr auf die weiteste Entfernung anzusehen, daß sie irgendeine Art von Bekanntschaft mit der edlen Dichtkunst geschlossen habe.
    „Leider verlangte ich ein Damencoupé“, fuhr sie fort.
    „Leider?“ fiel er in befremdetem Ton ein.
    „Ja, leider. Eine gebildete Dame sollte sich nie in ein Frauencoupé setzen. Entweder hocken die Insassinnen stolz und wortlos in ihren Ecken, gönnen einander kein freundliches Wort und mustern einander mit verstohlen sein sollenden und dennoch sehr gut an den Mann gebrachten verächtlichen Blicken, oder sie geben sich im graden Gegenteil einer überlebhaften Unterhaltung hin, welche eigentlich nur den Namen Schnatterei verdient und den einzigen Zweck verfolgt, dem lieben Nächsten das letzte Zipfelchen seiner Ehre vollends abzuzwicken. Geben Sie das zu?“
    „Ich kann es wenigstens nicht bestreiten, da ich noch niemals das Vergnügen gehabt habe, in einem Damencoupé zu reisen.“
    „Ach so! Ich vergaß. Das ist Ihnen doch verboten, da Sie ein Herr sind. Ich fahre infolgedessen viel lieber mit Herren. Man unterhält sich da viel besser. Es ist da alles solider und kräftiger. Es geht ein feiner Zigarettenduft durch das Coupé und wenn dann gar einer der Herren einen leichten Pferdegeruch an sich hat, so ist das der sicherste Beweis, daß er ein Kavalier ist. Diese Herren sind in allem bewandert und erfahren, in jeder Kunst und Wissenschaft au fait, und darum fühlt man sich bei ihnen tausendmal wohler als in einem Damencoupé. Leider ging ich heut einmal von meiner Gewohnheit ab, was ich aber sofort zu bereuen hatte.“
    „Sie fuhren also nicht angenehm?“
    „Ganz und gar nicht. In der einen Ecke saß eine dicke Dame mit einem Mops, welcher fast noch dicker war als sie. Sie hatte das liebe Vieh mit Eau de Cologne eingeschmiert, und zwar in einer Weise, daß das Fell naß glänzte und das ganze Coupé danach stank. Ich kann nämlich diese Parfüms nicht leiden. Nur wer einen schlecht riechenden

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