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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Reichste meilenrund, und da zieht sich halt ein jeder zurück.“
    „Ich habe aber gar nicht gewußt, daß die Jungburschen so feig sind.“
    „Feig? Das ist keine Feigheit nicht. Wann zehn Deutsche gegen tausend Franzosen kämpfen sollen, so müssen sie untergehen. Darum ist's ihre Pflicht, sich zurückzuziehen. Tätst du das feig nennen?“
    „Nein.“
    „So ist's auch mit dem Freien. Ein Bursch, der sich sagt, daß er von einem Dirndl abgewiesen wird, wann er ihr seine Liebeserklärung macht, der ist's halt seiner Ehr und seine Reputationen schuldig, daß er ihr lieber gar nix sagt. Er ist halt klug, doch nicht feig.“
    „Vielleicht aber würde sie ihn nicht abweisen. Er kann das vorher doch nicht so sehr genau wissen.“
    „Es gibt Verhältnisse, in welchen man das genau wissen kann.“
    „Das glaube ich nicht. Es hat schon manche, die sehr reich war, einen Blutarmen zum Mann genommen.“
    „Das kommt vor, ist aber selten.“
    „Wärst auch du so vorsichtig, wie du vorhin sagtest?“
    „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Das kommt eben auf die Verhältnissen an. Weißt, Gisela, es ist keine Schand, ein braves Dirndl lieb zu haben, die man wegen ihres Reichtums nicht bekommen kann. Es ist mir auch so gangen. Ich hab eine lieb habt, aber wie lieb, wie lieb! Sie war steinreich, und da bin ich halt still gewest. Aber sagen tu ich's ihr doch noch mal, wann's mir gradso aus dem Herzen herausfließt.“
    „Schau, das habe ich gar nicht gewußt. Du hast dein Herz nicht mehr frei?“
    „Nein. Das ist gefangen und kann nimmer wieder los. Ich kann das Dirndl nicht bekommen, aber dennoch tät ich alles, alles, um sie glücklich zu sehen. Mein Leben gäb ich hin, wann's ihr Nutzen bringen tät.“
    „Ja, das hast du ja schon vorhin gesagt. Nur schade, daß du mir ihren Namen nicht nennen willst.“
    „Jetzt, sollst ihn erfahren. Du bist in Sorg und Not. Du brauchst einen, auf den du dich verlassen kannst. Und das du weißt, daß du mir vertrauen darfst, will ich dir sagen, daß du das Dirndl bist, an der meine Seel und mein ganzes Leben hängt. Aber brauchst ja nicht zu erschrecken. Meine Liebe ist so eine, weißt, wie im Ritter Toggenburg, was Schiller dichtet hat.“
    Ihr Herz hüpfte vor Freude darüber, daß er endlich das ersehnte Wort gesprochen hatte, doch bezwang sie sich und fragte ihn in neckischem Ton:
    „Diesen Ritter kenne ich gar nicht. Wie ist's denn mit ihm gewesen.“
    „Nun, der hat auch ein Burgfräulein geliebt, und sie hat ihn nicht haben wollen. Da ist er ins Heilige Land zogen und hat denen Ungläubigen die Köpf herunterschlagen. Dann, als ihm auch das zu langweilig worden ist, ist er wiederum heim kommen. Vielleicht hat er denkt, daß er das Burgfräulein nun doch noch bekommen kann.“
    „Wollte sie auch jetzt nicht?“
    „Nein. Sie ist bereits im Klostern steckt und ist eine Nonne worden, grad wie du auch eine werden wollst. Und allemalen gegen den Abend, da hat sie ihr Fenstern aufmacht und ein wengerl hinausgeschaut. Weil das der Ritter merkt hat, so hat er sich gegenüber eine Stuben mietet und sich da ans Fenstern setzt. Wann sie dann rausgeschaut hat, so hat er auch das Fenstern aufmacht. Dann haben sie sich eine Weile ansehen, bis es dunkel worden ist.“
    „Das ist doch gar zu rührend.“
    Sie mußte sich Mühe geben, ein lustiges Kichern zu unterdrücken.
    „Ja, mich hat's auch immer rührt, wann ich das Gedichten lesen hab. Darinnen heißt's:
    Und so saß er viele Tage,
Saß viel Jahre lang
Harrend ohne Schmerz und Klage,
Bis das Fenster klang.
    Bis die Liebliche sich zeigte,
Bis ihr teures Bild
Sich ins Tal hernieder neigte,
Ruhig, engelsmild.“
    „Du kannst es ja gar auswendig!“
    „Ich hab's lernt, weil ich so ein Toggenburgern bin.“
    „Und was hat es dann mit ihm für ein Ende genommen?“
    „Ein sehr sanftes, denn in dem Gedicht vom Schiller heißt's ganz zuletzt:
    Und so saß er, eine Leiche,
Eines Morgens da.
Nach dem Fenster noch das bleiche,
Stille Antlitz sah.“
    „Das ist eine treue Liebe gewesen, eine ungeheure Anhänglichkeit. Und wie ist es nachher mit der geliebten Nonne geworden?“
    „Darüber hat Schiller nix sagt. Vermutlich hat er nix wußt. Ich denk, daß sie so lange zum Fenstern herausschaut haben wird, bis sie storben ist.“
    „Ja, länger jedenfalls nicht.“
    Jetzt lachte sie laut auf, hielt aber sogleich inne, um ihn nicht zu beleidigen. Aber sie hatte sich geirrt; anstatt einen Vorwurf über ihre Lustigkeit hören zu lassen,

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