69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
doch nicht vollendet sein!“
„Das Verbrechen freilich nicht, aber der Versuch ist vollendet.“
„Und das wird auch bestraft?“
„Natürlich!“
„Nein, das ist gar nicht so natürlich! Wann ich versuch, ins Wirtshaus zu gehen, um ein Bier zu trinken, und ich gehe aber gar nicht hinein, so hab ich auch nix zu zahlen.“
„Dieser Vergleich hinkt an verschiedenen Stellen. Aber ich habe Ihnen zu Ihrer Beruhigung ja bereits mitgeteilt, daß man in Anbetracht Ihres offenen Geständnisses zu dem möglichst niedrigen Strafmaß greifen werde.“
„Der Teuxel mag dies offene Geständnis holen! Wann ich nicht so offen und geständig gewest war, so hätt ich nun keine Straf zu zahlen!“
„Zahlen? Damit wird es wohl nicht abgemacht sein“, lächelte der Assessor.
„Nicht? Na, auspfänden laß ich mich nicht. Da zahl ich lieber gleich. Wann's nur nicht gar zuviel ist.“
„Die Kosten werden Sie wohl zahlen müssen. Das andere aber, nämlich die eigentliche Strafe, kann nicht mit Geld abgemacht werden.“
„Was, nicht mit Geld?“
„Nein.“
Da warf der Franz seinen Hut in die Stube, trat zornig darauf und rief: „Jetzt seh ich, was man davon hat! Ich glaub gar, daß ich nun brummen muß!“
„Was nennen Sie brummen?“
„Im Loch sitzen.“
„So! Das werden Sie freilich.“
„Tod und Teufel! Jetzund wird's mir fast zu arg. Wie lange denn? Doch nicht etwa länger als einen Tag oder zwei? Denn mehr hab ich keine Zeit übrig. Und da wollen wir auch gar keine großen Sachen machen, sondern ich geh gleich heut, um es abzusitzen. Je schneller man anfängt, desto rascher wird man fertig.“
„Das ist nicht möglich. Eine richtige, aktemäßige Untersuchung muß geführt werden, und ich muß Ihnen auch sagen, daß Sie mit zwei Tagen nicht wegkommen können.“
„Wie? Nicht? Wohl gar eine ganze Woche?“
„Mehr.“
„Noch mehr? Da bleibt mir gleich der ganze Verstand stillestehen! So was ist doch gar nimmer möglich!“
„Mordversuch ist eine schlimme Sache. Er wird natürlich sehr streng bestraft.“
„So sagens doch gleich, wie groß meine Bestrafung sein wird!“
„Das kann ich nicht sagen.“
„Nicht? Sie sind aber doch einer von dem Gericht. Sie müssen doch die Gesetze kennen!“
„Das freilich. Aber ich kann nicht vorher wissen, welches Strafmaß bei Ihnen in Anwendung kommen wird. Der Mord wird mit dem Tod bestraft.“
„Das geht mich nix an, denn ich hab keinen dermordet.“
„Wird ein Verbrechen, welches mit dem Tod bestraft wird, nur versucht, so wird dieser Versuch mindestens mit drei Jahren Zuchthaus bestraft, mindestens.“
Jetzt stand der Franz ganz steif, so bewegungslos wie eine Bildsäule. Die Worte des Assessors hatten ihn wie ein Keulenschlag getroffen. Erst nach einiger Zeit begann er sich zu regen. Er fuhr wie aus einem Traum empor, strich sich mit der Hand über die Stirn, als ob er seine Gedanken sammeln müsse, und sagte in beinahe leisem Ton:
„Was Sie da sagt haben, das ist doch nicht wahr!“
„Es ist wahr.“
„Drei Jahre Zuchthaus?“
„Mindestens.“
„Herrgott! Weniger kann ich also gar nicht bekommen?“
„Keinen Tag, keine Stunde, ja sogar keine Minute weniger.“
„Aber wohl gar mehr?“
„Möglicherweise!“
„Das – das – das kann ich mir aber doch gar nicht denken! Ich hab ja gar nix tan!“
„Sie haben es tun wollen. Übrigens habe ich nicht sagen wollen, daß Sie die Ihnen zufallende Strafe auch völlig abbüßen müssen. Die Gnade des Königs kann Ihnen einen Teil derselben schenken.“
„So! So! Und wann 'S mir das sagen, so meinen 'S wohl, mir einen Trost sagt zu haben? Wann ich einmal so lang im Zuchthaus sein muß, ein Jahr oder zwei Jahren, so kann ich das dritte Jahr auch noch dort bleiben. Du mein Himmel! Ich weiß halt gar nicht, ob ich leb, ob ich tot bin! Wer hätt so was dacht! Und die Schand! Der Fingerl-Franz drei Jahren oder gar noch länger in das Zuchthaus! Das mir so was passieren könnt, das hab ich all mein Lebtag nicht für möglich halten. Und wer ist –“
Er hielt inne. Er hatte seine Worte wie nur im Traum, wie abwesend gesagt. Jetzt aber, als er die unterbrochene Frage aussprechen wollte, kam Leben und Bewegung in ihn. Er reckte sich plötzlich empor; seine Augen erhielten das frühere Feuer, und in sein erbleichtes Gesicht kehrte die entschwundene Röte zurück. Und als er jetzt fortfuhr, wurde seine Stimme immer stärker und sein Ton immer drohender:
„Und wer ist schuld daran? Wer
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