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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kurzer Zeit mußte der Zug aus München eintreffen. Aus diesem Grund begab der Fex sich nach der Stadt und da nach dem Bahnhof, um zu sehen, ob ein Bote mit der Violine aussteigen werde.
    Die Depesche hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Als der Zug anhielt, stieg ein Dienstmann aus einem Coupé dritter Klasse. Er hatte einen Geigenkasten in der Hand und blickte suchend nach allen Seiten um. Der Fex ging auf ihn zu und fragte:
    „Sie kommen aus München?“
    „Ja. Ich habe diese Violine hier an einen Herrn abzugeben.“
    „Er wird Fex genannt und hat nach dem Instrument telegrafiert?“
    „Ja.“
    „Der bin ich selbst.“
    „So! Nun ich kann Ihnen die Geige nicht eher geben, als bis Sie sich legitimiert haben.“
    „Ganz recht. Aber welche Art von Legitimation verlangen Sie?“
    „Ich habe das Telegramm mit erhalten. Wenn Sie mir den Wortlaut desselben sagen können, sind Sie natürlich der Herr, dem ich diese Violine bringen soll.“
    „So will ich ihn Ihnen sagen.“
    Da der Fex noch ganz genau wußte, wie telegrafiert worden war, so fiel es ihm nicht schwer, sich zu legitimieren, und er erhielt das Instrument. Der Dienstmann wollte mit dem nächsten Zug, welcher in kurzer Zeit hier durchkam, wieder zurückkehren, und blieb also gleich auf dem Bahnhof. Der Fex aber machte sich schnell auf den Weg nach der Mühle. Er war natürlich außerordentlich begierig, zu erfahren, worin das Geheimnis der Geige bestehen werde.
    Als er dort ankam, saß der Assessor, seiner wartend, mit dem Wurzelsepp in dem Gärtchen, und er gesellte sich zu ihnen.
    „Also Esrar kemande – das Geheimnis in der Geige“, sagte der Assessor. „Jetzt wollen wir schnell dazu tun, den Schleier dieses Geheimnisses zu lösen.“
    Die Violine wurde aus dem Kasten genommen und von allen Seiten befühlt, beklopft und betrachtet. Es zeigte sich gar nichts Auffälliges. Nun versuchten die drei, durch die Schallöcher in das Innere zu blicken; aber da, wohin ihre Blicke zu reichen vermochten, war nichts zu bemerken.
    „Wir müssen sie aufsprengen“, meinte der Assessor. „Oder ist sie etwa so wertvoll, daß Sie das lieber unterlassen wollen?“
    „Die Violine ist nicht schlecht“, antwortete der Fex. „Sie würde noch besser, vielleicht sogar ausgezeichnet sein, eine prächtige Zigeunergeige, wenn ihr Ton nicht etwas Störendes an sich hätte, was sich durch Worte nicht genau beschreiben läßt.“
    „Vielleicht ist grad daran das betreffende Geheimnis schuld.“
    „Möglich. Ich habe oft darüber nachgedacht, woran der Fehler liegen mag, mir diese Frage aber nicht beantworten können. Doch, ob wertvoll oder nicht, die Ergründung des Geheimnisses ist uns jedenfalls noch wertvoller. Ich mache sie auf.“
    Er zog ein Messer hervor und versuchte, den Boden von der Umwand zu lösen, ohne aber das Holz, des ersteren zu zersprengen. Natürlich mußten vorher Steg, Saiten und Saitenhalter entfernt werden.
    Es gelang, und nun zeigte sich ein schmal zusammengeschlagenes Papier, welches mit Leim an den hintern Teil der Umwand, da wo der Saitenhalter am Knopf hängt, befestigt war.
    „Hier haben wir es, das Geheimnis!“ rief der Fex. „Jetzt werden wir es lösen können.“
    Dieses Papier war unbeschrieben und bildete einen Umschlag, in welchem mehrere zarte, dünne, eng beschriebene Bogen steckten. Der Fex faltete die letzteren auseinander. Die Schrift war so deutlich, als sei sie erst gestern aus der Feder geflossen, aber sie bestand aus fremden Buchstaben, welche er nicht verstand. Darum reichte er die Bogen dem Assessor hinüber.
    „Rumänisch“, sagte dieser, als er den ersten Blick darauf geworfen hatte.
    „Und das verstehen Sie?“
    „Wenigstens so, daß ich es leidlich zu lesen vermag.“
    „Dann bitte, übersetzen Sie es schnell!“
    „Nur gemach, gemach, mein lieber Freund! Zunächst will ich es einmal überblicken.“
    Er überflog die Seiten und begann dann, leise zu lesen, anstatt zu übersetzen. Der Fex brannte vor Begierde, den Inhalt kennenzulernen, ebenso der alte Wurzelsepp; beide aber hielten es für nicht höflich, den bereits einmal ausgesprochenen Wunsch nochmals zu wiederholen. Sie taten das einzige, was sie tun konnten: Sie beobachteten den Gesichtsausdruck des Assessors.
    Demselben sah man es an, daß der Inhalt ein außerordentlich interessanter sein müsse. Die Spannung, welche sich in seinen Zügen ausdrückte, wuchs von Seite zu Seite, ja fast von Zeile zu Zeile. Endlich faltete er die Papiere

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