69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
hat mich dazu verführt? Wer hat mir die Paula als Lohn dafür versprochen? Der Talmüller, der Schuft. Soll ihm das so gelungen ausgehen? Nein, nein, nein! Wann ich einmal drei Jahren sitzen muß, so mögen's auch gleich viere werden, und für das vierte werd ich jetzt den Müllern durchhauen, daß ihm die Seel im Leibe schreien soll!“
Er stürzte sich auf den Genannten, um seine ausgesprochene Drohung wahr zu machen. Aber schnell stand der Fex hinter ihm, ergriff ihn und riß ihn zurück.
„Laß mich!“ schrie der Franz. „Was geht's dich an, wann ich noch ein Jahr länger brummen will! Dir kann's nur lieb sein, wann ich dem Müllern ein Andenken geb, das er niemals wieder verlieren kann.“
„Machen Sie keine Dummheiten!“ warnte der Assessor.
„Dummheiten hab ich macht; aber was ich jetzt tun will, das ist keine Dummheiten, sondern so was Kluges, daß alle Leuteln mich dafür loben werden!“
Er wollte sich von dem Fex losringen – da aber nun auch die beiden Gendarmen mit Zugriffen, gelang es ihm nicht. Aber er schäumte vor Wut. Die Erkenntnis, welcher Bestrafung er entgegengehe, war wie etwas ganz Unglaubhaftes über ihn gekommen, und anstatt offen einzugestehen, daß die Schuld nur an ihm selbst liege, warf er dieselbe auf seinen Verbündeten.
Dieser nämlich, der Talmüller, hatte, seit der Assessor das eigentümliche Verhör mit dem Fingerl-Franz begonnen hatte, sich ganz schweigsam verhalten. Er hätte es von Herzen gern gesehen, wenn der Franz bestraft würde. Und bei diesen Gedanken vergaß er ganz, sich zu überlegen, daß diese Strafe ihn selbst auch mit treffen müsse.
Jetzt nun, als er sich außer Gefahr sah, von dem Franz malträtiert zu werden, rief er diesem höhnisch zu:
„Nun kannst zufrieden sein! Mich hast einen Zuchthäusler nannt, und du kommst selbst hinein. Das ist dir zu gönnen. Warum hast vorhin auf mich schimpft!“
„Schweig!“ brüllte der zornige Franz. „Wann ich drei Jahre drinnen bin, so wirst du so lang gefangen sein, wie du lebst. Vielleicht kommst gar auf das Schafotten, denn verdient hast's wohl mehr als einmal!“
„Kennen Sie vielleicht eine Tat, durch welche er diese Strafe verdient hat?“ fragte ihn da der Assessor schnell.
„Nein.“
„So schweigen Sie!“
„Oho! Wann ich auch nix weiß, so ist's doch sicher und gewiß, daß er gar vieles auf dem Gewissen hat, womit er den Tod verdienen tat!“
„Das geht Sie nichts an! Es wird sehr vorteilhaft für Sie sein, wenn Sie sich nur mit dem beschäftigen, was Sie auf Ihrem eigenen Gewissen haben!“
Dieser strenge Ton war so verschieden von seiner vorhin gezeigten Freundlichkeit, daß der Franz ihn ganz betroffen anblickte und sodann weiter räsonierte:
„An dem, was ich tan hab, ist nur er allein schuld. Aber die Vergeltung wird auch ihn noch treffen. Jetzt nun will ich wissen, wann ich aufs Gericht zum Verhör zu kommen hab!“
„Das sollen Sie sogleich erfahren, denn ich muß Sie ersuchen, sich vorläufig sogleich einmal hin zu verfügen.“
„Ja, das werd ich tun. Ich mag gar nicht eher nach Haus gehen und meinem Vatern vor die Augen treten, als bis ich genau weiß, woran ich bin. Also geh ich jetzt sogleich.“
Er machte in gemütlichster Unbefangenheit einige Schritte nach der Tür zu, um sich zu entfernen.
„Warten Sie noch einen Augenblick“, gebot der Assessor.
„Warum? Habens mich vielleicht noch um was zu fragen?“
„Nein. Aber Sie wissen doch gar nicht, zu wem Sie sich beim Gericht zu verfügen haben.“
„Ja, das ist freilich wahr. Sein 'S also mal so gut, es mir zu sagen!“
„Das reicht nicht aus. Ich werde Ihnen einen der Herren Gendarmen mitgeben, welcher den betreffenden Herrn zu benachrichtigen hat. Wenn ich das nicht tue, werden Sie einfach abgewiesen, und das werden Sie in Ihrem eigenen Interesse doch nicht wollen.“
„Nein. Je schneller, desto besser. Der Gendarm mag also mitgehen.“
Der Assessor riß ein Blatt aus seinem Notizbuch, schrieb einige Zeilen darauf und übergab es dann dem Gendarm, diesem zugleich leise zuflüsternd:
„Er ist natürlich arretiert und wird sofort in eine Zelle für Untersuchungsgefangene isoliert. Aber behandeln Sie ihn unterwegs sehr vorsichtig, denn er ist gewalttätig. Besser ist's, er ahnt nicht eher etwas, als bis er sich hinter Schloß und Riegel befindet.“
Sodann entfernte sich der Gendarm mit dem Franz, welcher nicht ahnte, daß er sein väterliches Gut nicht so bald wiedersehen werde.
Der alte Müller
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