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69

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Titel: 69 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ryu Murakami
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anschauen kann, wie soll er sich dann ein Bild von ihr machen?«
    Shirokushi nickte einige Male, während Adama redete, nahm dann meine Hand, schüttelte sie und sagte: »Ja, das klingt logisch. Aber hör zu, Mann, sieh zu, dass sie gut aussieht. Noch besser als Brigitte Bardot.« Er rückte in die ersten Reihen der Menge vor und trat Leute in den Hintern, um Platz für uns zu schaffen. Der Gedanke, aus Kazuko Matsui den Star unseres Films zu machen, erregte ihn, und nun quasselte er davon, dass wir etwas von Yujiro Ishihara als Titelsong nehmen sollten, und wenn Kazuko eine Busschaffnerin spielte, die in einem Waisenhaus aufgewachsen war, dann könnte er ein professioneller Killer sein, klar, und ...
    »Ken«, flüsterte Adama mir zu, »das ist gar nicht cool. Wenn Kazuko Matsui davon erfährt, wird sie nicht in dem Film mitspielen wollen.« Er hatte Recht. Wenn Lady Jane uns hier mit Shirokushi sah, der »Film Film Film Film« quakte, würde sie uns die kalte Schulter zeigen. Sie hasste den Kerl. Adama entging aber auch gar nichts.
    »Ken, warum gehst du nicht hin und redest mit ihr. Sie ist wahrscheinlich jetzt hinter der Bühne.«
    »Wovon redest du, die ganzen Hühner sind hinter der Bühne.«
    »Du bist im Zeitungs-Club, richtig?«
    »Und?«
    »Also, du musst nur sagen, dass du Material für einen Artikel sammelst.«
    So kam es also, dass ich schließlich allein in jenes Heiligtum ging, den Raum, der den English Drama Club beherbergte. Als ich einen Blick über meine Schulter zurückwarf, feuerten mich alle im Zuschauerraum an. Einige winkten sogar mit ihren Kappen und riefen: »Hol sie dir, Ken!« Adama versuchte in der Zwischenzeit Shirokushi zu beruhigen, der mit mir gehen wollte.

    Der Raum duftete wie eine Blumenwiese. Man hatte direkt Lust, Daisy Chain zu singen. Mein einziges Problem war, dass ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Mit »Äh« oder »Guten Tag« oder »Entschuldigung« anzufangen war zu gewöhnlich, aber mir fiel nichts anderes ein. Ich spielte gerade mit dem Gedanken, es mit ein bisschen Englisch zu versuchen, als der Fachlehrer des Clubs, Yoshioka, aus dem Raum kam und auf mich zuging. Er war eine Nervensäge mittleren Alters, klebte sich seine Haare mit Pomade an den Kopf und hielt sich für eine scharfe Nummer, weil er immer englische Anzüge trug.
    »Was ist?«, sagte er in einem Ton, der ganz deutlich machte, dass er eigentlich meinte: Wie kannst du es nur wagen, deinen Fuß an diesen heiligen Ort zu setzen?
    »Ich bin, äh, im Zeitungs-Club, mein Name ist - «
    »Yazaki. Ich kenne deinen Namen. Ich unterrichte in deiner Klasse Grammatik, um Himmels willen.«
    »Ja, Sir.«
    »Was soll das heißen, ›Ja, Sir‹? Wie kannst du das wissen? Du bist so gut wie nie da.«
    Ich hatte aber auch immer ein Glück. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass jemand wie er auftauchte und mir die Ohren voll laberte. Gerade bei ihm hatte ich schlechte Karten. Yoshioka war ein Arschloch, aber da er zu sehr Gentleman war, um einen zu verprügeln, hatte ich mir angewöhnt, seine Stunden zu schwänzen. Ich war auch durch seine erste Prüfung gerasselt. Er starrte mich durch seine dunkelgerahmte Brille hindurch an.
    »So? Was willst du? Sag nicht, du willst in den Drama Club eintreten. Du hast keine Chance.«
    Aus dem Inneren des Raums drang fröhliches Gelächter. Die Bräute lauschten unserer kleinen Unterhaltung. Ich konnte mir jetzt keinen Rückzieher leisten. »Ich bin hier, um für einen Artikel zu recherchieren.«
    »Über was?«
    »Den Krieg in Vietnam.«
    »Das ist mir neu. Du weißt, wie das läuft: Zuerst fragst du den Lehrer um Erlaubnis, der den Zeitungs-Club betreut, dann redet der Lehrer mit mir, und ich gebe das Okay. Du kannst so etwas nicht einfach selbst entscheiden.«
    In Kyushu, wie überall sonst auch, neigten die Zeitungs-Clubs an den Oberschulen dazu, Brutstätten des Widerstandes zu sein, und an unserer Schule war es keinem Club erlaubt, sich mit einem anderen zu verbünden. Die Lehrer fürchteten nichts mehr, als dass sich die Schüler organisieren könnten. Auch wenn wir Mitglieder des Zeitungs-Clubs etwas so Harmloses machen wollten wie etwas zu recherchieren oder Informationen zu sammeln, mussten wir das zuerst mit dem Fachlehrer absprechen. Inoffizielle Versammlungen waren absolut verboten. Dieses System wurde vom Schülerrat unterstützt. Die Schule legte das Gesetz fest, und die Ja-Sager im Schülerrat ließen es so aussehen, als hätten wir die Regeln selbst aufgestellt.

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