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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sorgfältig eingewickelt war. Mit diesem putzte er die Rüben und schnitt sie klein. Das Karlinchen stand vor ihm, ohne sich zu scheuen, und fraß aus seiner Hand. Zuweilen hielt es im Kauen inne und sah ihm verwundert in das Gesicht. Wohl weil er weinte, so ganz still, doch immer in einem fort! Wenn doch das Herzle da wäre! Die würde ihm wohl sagen, daß kein Mensch zu weinen brauche, wenn er etwas Gutes tut, an wem, das bleibt sich gleich, sogar an einer Ziege.
    Als es soweit war, daß sich das Karlinchen genau so kugelrund fühlte wie gestern und ihr auch ebenso die Beine zu wackeln begannen, stand er auf, steckte das Messer ein und sagte:
    „Jetzt ist's genug! Das reicht zur Morgenmilch fürs kleine Häusle. Ich werde dich nun heimbringen. Komm!“
    Sie folgte ihm sogleich und willig die Böschung hinab, obwohl das bei ihrem gegenwärtigen Embonpoint eine ganz bedeutende Leistung war, die Straße hinüber und um den Gasthof nach der Wiese. Sie dachte dabei gar nicht an die gestrigen Aurikeln, mit deren Vernichtung sie ihn hatte erbosen wollen. Er sprach so lieb und so vernünftig mit ihr, daß sie bei sich dachte:
    „Nein, aber hat sich der verändert! Wenn er mit der Anna auch so gewesen ist, wie jetzt mit mir, da ist es gar kein Wunder, daß er seinen Schnurrbart hat auf ihr Haar drücken dürfen! Ich meinte damals, daß ich an ihrer Stelle ihm die Hörner zeigen würde, aber – hm!“
    Während dieser ihrer Gedanken war man bei dem Brückle angekommen. Da blieb er stehen und sagte:
    „Hier ist die Grenze. Das weißt du wohl am besten. Nun geh hinauf und schlaf dich recht aus! Der Schlaf – der Schlaf – der Schlaf!“
    Er griff sich mit beiden Händen nach dem Kopf, was er in der letzten Zeit so oft getan hatte. Dann bog er sich nieder und schaute ihr in das Gesicht.
    „Was du für gute, gute Augen hast, Karlinchen!“ sagte er.
    Und was geschah jetzt? War es die Möglichkeit! Sie fühlte plötzlich zwischen diesen ihren Augen seine Lippen. Dann richtete er sich schnell wieder auf, drehte sich um und ging fort. Sie sah ihm so lange nach, bis er verschwand.
    „Bin ich denn die Anna?“ dachte sie. „Oder irre ich mich in ihm? Ist er ein anderer?“
    Diesen Gedankengang verfolgte sie über das Brückle hinüber, das Bergle hinauf bis in den Stall. Dort legte sie sich auf ihr heute sehr gutes Gewissen und schlief darum wohlbefriedigt ein.
    Eben, als sie am Morgen aufwachte, kam die Mutter mit dem Herzle, um nach ihr zu schauen. Sie war nicht eine Spur so verschlafen, wie gestern früh und gab doch ganz dasselbe Quantum der schönsten, gelblich weißen Milch. War das ein Verwundern! Wahrscheinlich hat die Luft viel mehr Nährbestandteile als man meint. Vielleicht grad so viel wie die Leguminosen, wenn auch nicht ganz so viel wie Rind- oder Schweinefleisch. Da versteht es sich ganz von selbst, daß man den Stall nie wieder zuriegeln wird, wenigstens im Sommer. Im Winter aber zehrt die Luft. Das sieht man am deutlichsten, wenn der Schnee immer mehr alle und aller wird.
    Nach einiger Zeit kam der Herr Lehrer. Natürlich brachte er heut nicht eine einzelne Pfennigsemmel, sondern gleich zwei ganze Dreierbrötchen, die aber das Paar bloß fünf Pfennige kosten. Dafür nahm er die wohlbewußten Taler für den Musterwirt mit.
    Von jetzt an ereignete sich nichts mehr, was für das Karlinchen von größerem Interesse war. Aber drüben im Dorf geschah so manches, was andere interessierte. Da hörte man zunächst mit größtem Staunen, daß Fräulein Rosalia ganz ohne Sang und Klang in die hinterste Ecke des Kirchhofs begraben werde, und zwar in ein Doppelgrab, dessen andere Hälfte einstweilen offen bleibe. Das hatte der Musterwirt partout so verlangt, wogegen aller Einspruch des Pfarrers vergeblich gewesen war.
    Sodann erregte es großes Aufsehen in der ganzen Umgegend, daß alle Schuldner des Musterwirtes ihre Borgbücher sofort einzuliefern hatten. Sehr viele von ihnen taten dies in der Überzeugung, daß sie ausgepfändet werden sollten. Diese Angst vergällte fast die ganze Freude, mit welcher man der Ausstellung entgegengesehen hatte.
    Auch entstand, man wußte nicht wie, das Gerücht, daß Herr Frömmelt eine ganz besondere Ausstellung eröffnen werde. Was für eine, das konnte man nicht erfahren. Man hörte, daß die Gaststube dazu bestimmt sei. Der Schankbetrieb war also eingestellt. Wenn man bedachte, was die Ausstellung grad diesem Betrieb eingebracht hätte, so gab es gar keine Zweifel mehr, daß

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