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80 Tage - Neun Faden - Mary Celeste

80 Tage - Neun Faden - Mary Celeste

Titel: 80 Tage - Neun Faden - Mary Celeste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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aus der Mode kommen konnten, dann war mit den ihren genau das geschehen. Vielleicht lag es nur an ihren Frisuren, an diesen harten, wie mit dem Lineal gezogenen Scheiteln, aber ihm war, als begegne man heutzutage solchen Gesichtern nicht mehr.
    „Was wollen Sie von mir?“, fragte er. „Was immer Sie auch aus mir gemacht haben – Sie verfolgen ein bestimmtes Ziel damit, nicht wahr? Ich habe gelernt, dass es für alles einen Grund gibt, im Jenseits wie im Diesseits. Dieses Haus ist eine Falle. Wollen Sie meine Seele?“
    Der Mann, der die Karten gemischt hatte, grinste schief. „Wir wollen Ihre Gesellschaft, Sir Darren, das ist alles.“
    „Das bezweifle ich.“
    „Tsts. Dann wissen Sie nicht, wie einsam unsereins sein kann. Ein Club für Briten auf dem Kontinent. Wir haben nicht viele Neuzugänge, glauben Sie mir das!“
    „Aber er ist wirklich nicht sehr unterhaltsam“, warf der junge Mann von der Seite ein. „An Ratespielen will er sich nicht beteiligen, und statt Whist möchte er lieber Bridge spielen. Wer spielt schon Bridge! Vermutlich würde er nicht einmal mit uns wetten wollen.“
    „Jetzt übertreibst du aber! Kein Brite würde eine Wette ausschlagen“, behauptete der dritte Mann, der die meiste Zeit über geschwiegen hatte.
    „Ich halte nicht viel vom Wetten“, sagte der Dozent vorsichtig. Das Gespräch sprang von einem Thema zum anderen, und er fühlte sich nicht wohl dabei, konnte nur reagieren. Die ganze Zeit über hatte er das Gefühl, dass man ihn in eine Falle zu locken versuchte. Aber hatte man das nicht bereits getan? Was war der nächste Schritt des undurchsichtigen Theaterstücks, das man ihm auftischte? Was für eine Absicht verfolgten diese Personen wirklich? Der Schock, Geistern gegenüberzustehen, war noch zu verkraften gewesen, da er längst wusste, dass er von jenseitigen Mächten verfolgt wurde. Er konnte ihre Anwesenheit ertragen, solange er wenige Zentimeter an ihnen vorbeiblickte. So, dass er lediglich ihre Konturen erkannte. Trotzdem stellten sich alle Härchen an seinem Körper auf, wenn er in ihre Augen sah. Sie wirkten lebendig, doch sie waren es nicht.
    Falls diese Phantome ihn töten wollten, konnten sie dies vermutlich tun, ohne dass er ihnen etwas entgegenzusetzen hatte. Er besaß keine Waffe gegen sie. Er konnte einige Bannzeichen auf den Boden und die Wände malen, aber es war fraglich, ob sie ihm untätig dabei zusehen würden. Sie gehörten einer höheren Existenzstufe an, und sie allein entschieden, ob er den blauen Salon lebend verließ. Dies zu akzeptieren war schwierig, insbesondere, solange er keinen Schimmer hatte, was ihre echten Absichten waren.
    „Die Attraktivität von Wetten“, ließ sich der Butler vernehmen, „hängt unmittelbar mit der Höhe des Einsatzes zusammen, wenn mir eine solche Anmerkung an dieser Stelle gestattet ist.“
    „Das ist richtig“, sagte der Mann, der die Karten gemischt hatte. „Und Gentlemen spielen nicht um Knöpfe oder Pennys, nicht wahr?“
    „Spielen wir um Ihr Leben, Sir Darren!“, platzte der junge Bursche heraus und rieb sich die Hände.
    Der Mann, der am Tisch saß, brach in Lachen aus. „Würde das deine Abenteuerlust befriedigen?“
    „Und ob!“, rief der Junge.
    „Wenn ich ohnehin schon ein Geist bin“, meinte der Dozent scharfsinnig, „wie kann ich dann mein Leben einsetzen? Wäre es nicht unehrenhaft von mir, einen Einsatz zu bringen, der mir nicht mehr gehört?“
    „Das wäre es gewiss, aber vielleicht sind Sie nicht wirklich tot. Sie haben ganz zu Recht darauf hingewiesen, dass Sie nichts unterschrieben haben. Vielleicht haben wir Sie nur zur Probe in unseren Club aufgenommen. Vielleicht gibt es noch einen Weg zurück.“
    „Schön, aber weshalb sagen Sie immer ‚vielleicht’?“
    „Vielleicht, weil es die Sache spannender macht. Vielleicht, weil Sie mir ohnehin nicht glauben würden, auch wenn ich schwören würde, die Wahrheit zu sprechen. Weil jede meiner Beteuerungen in Ihrem Kopf nur für ein ‚Vielleicht’ reichen würde. Macht das Sinn für Sie?“
    Der Dozent antwortete nichts.
    „Wollen sich die Herrschaften nicht setzen?“, schlug der Butler sachlich vor. Die beiden reiferen Herren saßen bereits, der junge Bursche kam der Aufforderung sofort nach, und schließlich ließ sich auch Sir Darren nachdenklich in seinen Sessel sinken.
    „Um welche Art von Wette handelt es sich?“
    Der Mann, der die Karten gemischt hatte, legte die Hände auf den Tisch. „Unser kleines Gespräch

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