A Strong Hand (German Edition)
erstens bedeutet das, dass danach nichts mehr kommt, und zweitens ist er ziemlich gelungen. Die weiße Schokoladenmousse ist nämlich, anders als das Tomatenzeugs, der Konsistenz nach so, wie ich mir eine Mousse vorstelle und außerdem schmeckt sie ungefähr hundert Mal besser als die aus der Packung, die man in einen halben Liter kalter Milch einrühren muss. Auch wenn ich die eigentlich ganz lecker finde.
»Ich schätze, die Käseauswahl schenken wir uns, oder?«
»Mir egal«, sage ich, bevor ich den Löffel ein weiteres Mal zum Mund führe.
Ich kann gut auf den Käse verzichten. Ich bin ziemlich voll, aber ich bin einfach zu höflich, den Teller nicht aufzuessen, wenn ich eingeladen werde. Und die Portionen waren am Ende ja bewältigbar. Auch wenn ich ganz froh bin, dass es keinen Nachschlag gibt.
Dirk war da nicht so formvollendet. Aber er muss ja auch die Rechnung bezahlen.
Er hat mit jedem Teller was zurückgehen lassen. Und ich wette, wenn die Kellnerin, die an diesem Abend für uns zuständig ist, gefragt hätte, ob's ihm geschmeckt hat, dann hätte er vermutlich die Wahrheit gesagt. Aber Nachfragen scheint in solch einem Etablissement offenbar nicht üblich zu sein. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur ein Parvenu, der diese Art Essen nicht zu schätzen weiß. Ich glaube, unseren nächsten Jahrestag feiern wir besser wieder beim Italiener.
»Der traut sich was.« Es klingt ein bisschen zynisch.
»Wer?« Ich kratze die Reste meiner Mousse zusammen.
»Der Maître höchstpersönlich.« Dirk deutet mit den Augen vage nach links.
»Oh… vielleicht will er sich entschuldigen…« Demonstrativ und ein bisschen anzüglich lecke ich ein letztes Mal den Löffel ab, bevor ich ihn in die Schlieren auf dem Teller lege. Dirk grinst. Auf den Käse zu verzichten ist eine gute Idee.
»Ist er das wirklich?«, frage ich, nachdem ich den Typen, der, von einem der Kellner eskortiert, in Kochkleidung von Tisch zu Tisch spaziert, gemustert habe.
»Wer?«
»Na, Klein.«
»Klar, wieso?«
»Hatte ihn mir irgendwie anders vorgestellt.«
»Ich hatte mir sein Essen irgendwie anders vorgestellt…«
Das hatte ich ehrlich gesagt auch.
Aus dem Augenwinkel beobachte ich ihn, während ich den letzten Schluck aus meinem Wasserglas nehme. Live sieht er viel jünger aus als auf der Homepage. Und völlig anders, als ich mir einen Koch so vorstelle. Sehr schmal, sehr blond und… ziemlich attraktiv. Jedenfalls aus der Entfernung, denn er ist grade am ersten Tisch neben der Schwingtür, die den Blick in die Küche versperrt.
Wie es scheint, unterhält er sich mit den Gästen. Es ist ein älteres Pärchen, Stammgäste vermutlich. Er lächelt artig, vermutlich über einen Witz, wischt sich die Hände an der weißen Schürze, die er vorgebunden hat, ab, streicht sich das etwas strubbelige Haar aus der Stirn und nickt. Die Frau tätschelt ihm, beinahe mütterlich, den Arm. Sie reden noch einen Moment, er sagt irgendwas, dann deutet er eine Verbeugung an und geht weiter. Der Kellner folgt ihm zum nächsten Tisch.
»Macht er das etwa bei allen?«
»Denke schon.« Dirk nickt und macht sich diskret bei der Kellnerin bemerkbar, die sofort herbeieilt. Wenigstens über den Service kann man nicht meckern.
»Haben Sie noch einen Wunsch?«, fragt sie höflich.
»Ich würde dann gerne zahlen.«
»Darf ich Ihnen zum Abschluss noch eine Käseauswahl vom Wagen anbieten?«
»Nein, danke, ich glaube, wir verzichten auf den Käse.«
»Wie Sie wünschen. Einen Espresso vielleicht?«
»Espresso, Flo?«
»Du?« Eigentlich finde ich die Idee nicht so schlecht.
»Dann bitte zwei Espressi. Und die Rechnung.«
»Sofort.« Geschäftig dreht sie sich auf dem Absatz um und eilt in Richtung des Pults links der Schwingtür. Mein Blick folgt ihr kurz, bevor er sich wieder auf den Koch heftet, der mittlerweile bereits den Nebentisch ansteuert. Dort sitzen zwei Frauen mittleren Alters, die während ihres Essens vor jedem Gang ihre Teller fotografiert haben.
»Herr Klein, dürften meine Freundin und ich Sie vielleicht um ein Foto bitten?«, höre ich es einen Moment später ziemlich laut vom Nebentisch. Gott, wie peinlich…geht's noch?
»Natürlich«, antwortet er höflich.
»Oh das ist wirklich nett! Würden Sie vielleicht?« Sie steht auf und drückt dem Kellner ihre Digitalkamera in die Hand. »Einfach nur aufs Knöpfchen drücken.«
Ich wusste gar nicht, dass Köche Groupies haben. Ein bisschen irritiert betrachte ich das Spektakel. Er sieht
Weitere Kostenlose Bücher